ziehen würde; so ähnelt diese Befestigung der der
Mitte unseres Jahrhunderts, als die sich immer
steigernde Wirkung der Geschütze noch nicht zwang,
jegliches Mauerwerk unter die Erde zu versenken.
Der Hauptgrund dafür ist, daß die Wahehe noch
nicht verstehen Stockwerk auf Stockwerk zu setzen
und somit die Höhe ihrer Bauten in der Länge der
hierfür verwendbaren Hölzer ihre Grenze findet, die
Höhe der ersteren also im Allgemeinen 6 m nicht
übersteigt. Die Flankirungsanlagen der Stadtmaner
sind im Allgemeinen nach dem Grundsatz vertheilt,
daß jedes Mauerstück ausgiebig der Länge nach be-
strichen werden kann, manchmal ist indessen dabei,
auch wenn die geringe Tragweite der glatten Vorder-
lader in Betracht gezogen wird, des Guten zu viel
gethan und Bastion an Bastion gereiht worden.
Das Profil der Vertheidigungsanlagen der
Festung nimmt an Stärke von außen nach innen zu:
während beispielsweise die Mauer der Südwest-
(Angriffs-) Front nur 3,5 bis 4 m hoch ist und eine
Stärke von 0,75 bis 0,00 m besitzt, sind die Um-
fassungsmauern der Kriegsboma des Sultans 5 m
hoch und 1,25 m stark; auch ist die Ausführung des
Baues hier eine sorgfältigerc, ja es ist hier der Ver-
such malerischer und architektonischer Ausschmückung
gemacht worden. Ebenso sind die verschiedenen
Fronten im Profil nicht gleich stark. Die Südwest-
front, wohl der älteste Theil der Umfassung, ist im
Profil am schwächsten; sie bot für den Leiterangriff
die wenigsten Schwierigkeiten, weil auch das Ge-
lände vor ihr eben und wenig bewachsen ist. ferner
die schwer zu überwindende Pallisadirung, deren
Werth als Hinderniß die Wahehe augenscheinlich
sehr gering angeschlagen haben, nicht mehr vor-
handen war. Das stärlste Profil weist die Nord-
front auf; die Mauer ist hier 5 m hoch und 1,25 m
breit; ehe er sie erreicht, muß sich der Angreifer
durch das dichte Dorngebüsch des Vorfeldes durch-
arbeiten und die 3,5 m hohe, mit Dornen durch-
flochtene Pallisadirung überwinden; dies Alles im
feindlichen Krenzfeuer, denn auch die Pallisadirung
wird durch vorgeschobene Bastione oder Blockhäuser
flankirt.
Auf der Westfront der Stadt befindet sich dicht
hinter der Umfassungsmauer ein dieselbe überragender
hölzerner Thurm, der zur Vertheidigung eingerichtet
ist, indessen wohl für Beobachtungszwecke erbaut ist.
Den gleichen Zwecken dienen zwei künstlich ausge-
schüttete etwa 8 m hohe Hügel, je einer in der
Kriegsboma und der Weiberboma.
In der Kriegsboma des Sultans war serner
das Arsenal; in einem großen festen Hause waren
die der Expedition von Zelewsky seiner Zeit ab-
genommenen Waffen aufsgestapelt; nur einer der Ge-
treuen des Sultans hatte Zutritt zu dem Heiligthum,
über dessen Schätze er die Aussicht hatte.
Kuirenga war, wie schon erwähnt, zur Zeit
unseres Angriffs noch im VBau begriffen; der mit
Dornen gefüllte Graben sollte rings um die Festung
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gezogen werden, weit vorspringende Bastione sollten
eine kräftigere Flankirung der Mauer ermöglichen,
die Herstellung einer weiteren Vertheidigungslinie zu-
nächst auf der Nordfront scheint beabsichtigt gewesen
zu sein: Ein Jahr später, und der Angriff der
Schutztruppe wäre größeren Schwierigkeiten be-
gegnet, der Sieg mit noch schwereren Opfern erkauft
worden.
Ueber seinen öug nach dem Mfumbiro in der Seit
vom 14. bis 21. August v. Js.v)
berichtet Lieutenant Richter Folgendes:
Die Bevölkerung der durchwanderten Gebiete
besteht, wie es scheint, fast ausschließlich aus wirklich
einheimischen Elementen. Wahimas habe ich nirgends
gesehen und erhielt auch auf Befragen die Antwort,
es gäbe hier keine. Mit Nuhanda scheinen die Leute,
wohl eben weil das Wahimaelement nicht vertreten
ist, wenn überhaupt, in sehr losem Zusammenhange
zu stehen. Wenigstens scheint man den Namen Kin-
geles, des Obersultans von Ruhanda, nicht zu kennen.
Die Leute leben in kleinen Staatswesen, deren Ober-
häupter, wie ich aus verschiedenen Beobachtungen
schließe, nur mäsige Autorität genießen. Der Volks-
charakter ist derselbe wie im übrigen Ruhanda: Ge-
schwätzigkeit, Harmlosigkeit, Furchtsamkeit und eine
gewisse Anlage zum Handeln und Feilschen, wobei
auch dem den Leuten heillosen Nespekt einflößenden
Europäer gegenüber der eigene Vortheil niemals
vergessen wird. Auch das von Berg zu Berg hallende
Gebrüll der sich gegenseitig Anrufenden wird überall
vernommen. Die Unlenntniß der Leute über Alles
dasjenige, was außerhalb der nächsten Umgebung
ihrer Dörfer liegt, sällt hier noch mehr auf. Die
Sprache ändert sich mit dem Fortschreiten nach Süden.
Bei Kadoto behaupteten meine allerdings recht man-
gelhaften Dolmetscher, die sich am ersten und zweiren
Marschtage noch leidlich verständlich machen konnten,
die Leute sprächen hier einc andere, ihnen unbckannte
Sprache. Ueber die Natur dieser letzteren konnte ich
mir keinerlei Aufschluß verschassen. Bei den Kadoto-
leuten siel mir das Fehlen der sonst von den Leuten
um den Hals getragenen sogenaunten „Daua“, ferner
der Umstand auf, daß der größere Theil der Leute,
welche unser Lager besuchten, nur mit Stöcken, nicht
mit Speeren versehen waren. Die Bewassuung ist
im Uebrigen dieselbe wie anderwärts in Nuhanda.
Der Hüttenbau ist bei Kadoto besser als in den
nördlicheren Gegenden. Die Bevölkerung muß, nach
den zahlreichen verwilderten und verlassenen Bananen=
pflanzungen zu schließen, ehedem eine sehr dichte ge-
wesen sein, ist es aber jetzt nur noch stellenweise.
Hungersnoth hat einen Theil der Einwohner zur
Auswanderung gezwungen. Die schwach bevölkerten,
von Hunger heimgesuchten Gebiete: Muiensi und
*) Vergl. „Deutsches Kolonialblalt“ 1895, S. 72.