berufung zu Kriegszwecken droht. Auf diese Frage
glaube ich mit einem entschiedenen „Nein“ antworten
zu dürfen. Die Kolonialkriege sind meistens Rassen-
kriege, bei welchen es sich für die Betheiligten um
einen Kampf fürs Dasein handelt. Die weißen An-
siedler wissen genau, daß der eingeborene Gegner
wenig Unterschied zwischen weißen Soldaten und
weißen Bürgern machen wird, und daß sie daher am
heimathlichen Herde weniger sicher sind als bei der
Truppe. Wenn dies in den Witbooikriegen nicht so
sehr zu Tage getreien ist, so lag dies an dem ver-
hältnißmäßig anständigen Gegner. Ein Hererokrieg
dagegen würde z. B. ganz andere Erscheinungen zu
Tage fördern. Es werden daher, sobald einmal ein
gesetzlicher Zwang zum Eintritt in die Truppe im
Kriegsfall vorhanden ist — dessen bin ich gewiß —,
Alle mit Freuden kommen. Ohne solchen Zwang
dagegen sieht Einer auf den Andern und will Keiner
den Vortrilt nehmen. «
Zum Schlusse sei mir gestattet, nochmals zu be-
tonen, daß die baldige gesetzliche Regelung dieser
Angelegenheit eine unbedingte Nothwendigkeit ist,
daß sic aber weniger zur Erleichterung der Ansicde-
lung hier dienen soll, als vielmehr zur Nutzbarmachung
der hier vorhandenen wehrfähigen Kräfte, mithin zur
Erleichterung des alten Vaterlandes.
von den Derevos.
Im Anschluß an seine letzten Meldungen über
die Grenzübertretungen durch die Hereros (siehe Kol.
Bl. S. 489) berichtet der Kaiserliche Landeshaupt-
mann unter dem 30. Juli d. Is. Folgendes:
Vor einigen Tagen war der Oberhäuptling
Samuel Maharero hier und hat mir sieben seiner
Leute für die Grenzüberwachung zur Verfügung ge-
stellt. Ich habe dieselben bewaffnet und, dem ge-
trossenen Abkommen entsprechend, als eingeborene
Polizei den verschiedenen Grenzstationen zugetheilt.
Es ist damit ein weiterer wesentlicher Schritt zur
friedlichen Lösung dieser Frage gethan und hoffe ich
nun wieder, daß mit Geduld und Ruhe jeder krie-
gerische Zusammenstoß zu vermeiden sein wird.
Auch vom Osten kommen zur Zeit nur beruhi-
gende Nachrichten; der Häuptling Nicodemus giebt
sich alle Mühe, im Verein mit dem Distriktschef von
Gobabis seine Unterthanen allmählich über die ver-
einbarte Grenze zurückzuschieben.
Ferner habe ich die Ehre, zu melden, daß vor
elwa acht Tagen auch der Häuptling Manasse von
Qnmarurn hier eingetrofsen ist, um sich durch den
Assistenzarzt Dr. Richter an einer langwierigen
chronischen Krankheit behandeln zu lassen. Ich habe
denselben gastfreundlich ausgenommen und darf auch
von dieser Sache günstige politische Folgen erhoffen.
Einstweilen hat Manasse seinen guten Willen dadurch
gezeigt, daß er zum Zweck von öffentlichen Arbeiten
14 seiner Bergdamara hierher beordert und der
Handeshauptmannschaft zur Verfügung gestellt hat.
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Die deutsche Nolonialgesellschaft für Südwestafita
schickt ihrem diesjährigen Berichte für das verflossene
zehnte Geschäftsjahr 1894/95 einen Ueberblick über
ihre Thätigkeit während der ersten neun Jahre ihres
Bestehens voraus, welcher die aus den früheren")
Geschäftsberichten bereits bekannten Thatsachen kurz
zusammenfaßt.
Der Bericht geht dann zur Betrachtung des
zehnten Geschäftsjahres über, dem wir Folgendes
entnehmen:
Der Krieg mit Witbooi ist beendet. Auch gegen-
über den anderen Hottentotten= und sonstigen Ein-
geborenenstämmen sind unter der Leitung des jetzigen
Landeshauptmanns, Majors Leutwein, friedliche
Verhällnisse hergestellt, und es darf erwartet werden,
daß dieser für die wirthschaftliche Entwickelung des
Landes günstige Zustand so lange dauern wird, als
die Schutztruppe in ihrem gegenwärtigen Bestande
erhalten bleibt.
Die in unserem letzten Jahresberichte erwähnten
Arbeiten zur Verbesserung der Einrichtungen in Lüde-
ritbucht sind inzwischen vorgenommen worden. Durch
Beschaffung einer Anzahl neuer Kondenser ist für
Vermehrung der Trinkwasserbereitung gesorgt; die
Verlegung der Gebäude an einen für die Landung
günstigeren Platz hat stattgefunden, eine neue Lan-
dungsbrücke ist erbaut worden. Der Verkehr in
Lüderitzbucht hat sich nicht unbedentend verstärkt und
durch die Erhebung von Gebühren für Entladung
und Aufbewahrung der ankommenden Güter wird eine
— fur jetzt allerdings nur sehr mäßige — Verzin-
sung des Anlagekapitals erzielt. Die Geschäfte in
Lüderitbucht besorgt Herr A. Schad, welcher schon
früher in Südwestafrika als Unterosfizier und
Rechnungsführer bei der von uns errichteten, ersten
Schutztruppe gedient hatie und welchen wir als Ge-
hülfen und Vertreter des Herrn E. Hermann in
Lüderihbucht angestellt haben.
Neben Lüderitzbucht hat auch die Landungsstelle
an der Swakopmündung durch die regelmäßigen
Fahrten direlter Dampfer von Hamburg dahin an
Bedentung für den Verkehr des Mutterlandes mit
der südwestafrikanischen Kolonie erheblich gewonnen.
Behufs Verbesserung der Landungseinrichtungen am
Swakopmund ist ein Wasserbautechniker mit dem
erforderlichen Hülfspersonal nach der Swakopmündung
entsandt worden, um nach näherer Untersuchung
der Landungsstelle, ein Gutachten über die dort zu
errichtenden Anlagen zu erstlatten und die erforder-
lichen Pläne und Kostenanschläge aufzustellen. Wir
haben uns verpflichtet, zu den Kosten dieser Maß-
regel, welche theils von der Regierung, theils von
den betheiligten Gesellschaften bestritten werden sollen,
in demselben Maße wie die letzteren beizutragen.
Wie bereits in unserem vorigen Berichte bemerlt,
waren verschiedene Anfragen wegen des Erwerbs von
*) Vergl. Deutsches Kolonialblalt 1894, S. 556.