Verfügung des Reichskanzlers
betressend
die Ausführung der Allerhöchsten Derordnung vom 26. November 1895.
Für das deutsch-ostafrikanische Schutzgebiet wird auf Grund des § 13 der Allerhöchsten Ver-
ordnung vom 26. d. Mts. über die Schaffung, Besitzergreisung und Veräußerung von Kronland
und über den Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken in Deutsch-Ostafrika im Allgemeinen
Folgendes bestimmt:
I. Schaffung von Kronland.
81.
Behufs Sicherung wohlerworbener Rechte von Privatpersonen, insbesondere auch von Eingeborenen,
gegen Beeinträchtigung ist, bevor Land als herrenlos in Besitz genommen wird (vergl. § 2 der Aller-
höchsten Verordumg vom 26. d. Mts.), durch vorgängige Untersuchung festzustellen, daß Ansprüche der
im § 1 der Allerhöchsten Verordnung vom 26. d. Mts. bezeichneten Art daran nicht bestehen.
Diese Untersuchung ist erforderlichen Falls durch örtliche Besichtigung und, soweit angängig, durch
Vernehmung in der Umgebung angesiedelter oder sich aufhaltender Personen zu führen. Ueber das Er-
gebniß der Untersuchung ist ein Protokoll aufzunehmen.
8 2.
Werden auf bestimmte Landflächen Ansprüche von Häuptlingen, von Dorfgemeinden oder anderen
Gemeinschaften der Eingeborenen gellend gemacht, welche auf angeblichen Hoheitsrechten beruhen, oder dem
Häuptlinge oder der Dorsgemeinschaft als solchen zustehen sollen, so ist den Rechten der Eingeborenen nach
Möglichkeit Nechnung zu tragen und zunächst auf eine Vereinbarung im gütlichen Wege Bedacht zu nehmen,
durch welche das für das Fortbestehen der Gemeinschaft erforderliche Land ausgeschieden, der Rest aber
zur Verfügung der Regierung gestellt wird.
Soweit eine solche Vereinbarung nicht erreicht wird, entscheidet der Gonverneur.
* 3.
Eigenthums= oder Nutzungsansprüche auf Grund und Boden seitens Einzelner auf Grund privater
Rechtstikel sind besonders zu prüsen und zu behandeln. Solche Ansprüche sind namentlich dann an-
zuerkennen, wenn entweder Urkunden vorgelegt werden, welche nach den zur Zeit ihrer Abfassung geltenden
Rechtsnormen und Rechtsanschauungen verbindlich waren, oder wenn das Grundstück bebaut, bepflanzt oder
eingefriedigt ist und der Besiher sich seit wenigstens zwei Jahren vor Beginn des Ermittelungsverfahrens
in ungestörtem Besitze befindet.
II. Besitzuahme von Kronland.
§ 4.
Die Besitznahme hat allmählich nach Maßgabe des Fortschreitens der Ersorschung und Feststellung
der Landverhältnisse zu ersolgen. In gleicher Weise ist die Ermittelung der widerstreitenden Rechte vor-
zunehmen. Ueber Ausdehnung und Folgeordnung des Vorgehens trifft der Gouverneur Bestimmung.
8 5.
Umfang und Lage des in Besitz genommenen Kronlandes ist thunlichst sichtbar festzustellen, auch
darüber ein Protololl aufzunehmen. Dieses Protokoll ist von einem Beamten der Landkommission (§ 4
der Allerhöchsten Verordnung vom 26. d. Mts.) durch Unterschrift zu vollziehen. In die, womöglich bei-
zufügende Kartenskizze ist die Lage des Grundslücks thunlichst im Anschluß an feste Punkte sowie die etwa
angebrachte Begrenzung mit möglichster Genauigkeit einzutragen.
III. Veränßerung von Krouland.
* 6.
In den Bezirken, in welchen zur Ueberlassung bestimmte Grundstücke (Kronland) sich befinden,
wird ein Verzeichniß dieser Grundstücke mit Angaben über Lage, Beschaffenheit und Ausdehnung und mit
elwa vorhandenen Karten oder Kartenskizzen zur Einsicht offengelegt.