Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

Der Sultan Massandja von Magalla begleitete die 
Expedition bis an die Grenze seines Landes. 
In Sengerema traf infolge des Zickzackmarsches 
die Expedition überraschend für die Bevölkerung ein, 
die in aller Eile in die benachbarten Pori entfloh. 
Wahrscheinlich wurde Bestrafung befürchtet wegen 
eines Einfalles, den ein widerspenstiger vertriebener 
Manangwa von Usmao kürzlich im Verein mit den 
Sengeremaleuten dorthin unternommen hatte. Erst 
nach längeren Bemühungen gelang es, mit einigen 
Manangwa und etwa 100 Sengeremaleuten ein 
Schauri anzuknüpfen. Den Leuten wiurde eröffnet, 
daß der Sultan zur Strafe für den Einfall in 
Usmao nach Muanza gebracht und dort so lange 
gefangen gehalten werde, bis seine Unterthanen zur 
Tributarbeit dorthin kommen würden. 
An dem diesem Schauri folgenden Tage wurde 
Unteroffizier Sabadke mit dem gefangenen Sultan 
nach Muanza gesandt, um dort als Ersatz für 
Unteroffizier Begoihn zu verbleiben, welcher mittler- 
weile mit der Expedition des Leutnants Sand 
die Station verlassen hatte. 
Die Durchschreitung der zwischen Sengerema 
und Ntussu liegenden breiten Pori erforderte drei 
starke Märsche, und wurden die Porilandschaften 
Sagayn und Sowo passirt, die beide nur einige 
kleine Hüttenkomplexe aufweisen. In Sagayu zeigte 
man einen Lagerplatz der Baumannschen Expedition. 
Der Expedition des Dr. Fischer konnte sich Nicmand 
mehr erinnern. 
Zwischen Sengerema und Sagayu wurde der 
Simiyufluß überschritten, dessen Bett 40 m bereit, 
6m tief, nur Wassertümpel und erheblichen Galerie- 
wald zeigte. Flußpferde und Krokodile sollen sich 
in diesen Wassertümpeln beständig aufhalten. Am 
3. Juli lagerte die Erpedition in dem Ndolercési 
genannten Hüttenkomplexe der Porilandschaft Sowo. 
Auf dem Marsche durch die Landschaft Sowo war 
häufig der Sansui zu sehen, ein runder Hügel von 
etwa 100 m rel. Höhe. Die im nautischen Jahr- 
buch angegebene Mondfinsterniß sagte ich am Nach- 
mittage an, und da dieselbe zum Erstaunen des 
afrikanischen Publikums eintraf, so spielte dieses Er- 
eigniß während des weiteren Verlaufes der Expedition 
bei den Schauri eine große Rolle, indem die Nyam- 
para nicht verfehlten, den Eingeborenen durch Schil- 
derung dieses Ereignisses die Macht der Europäer 
vor Augen zu halten, und abergläubische Spannung 
malte sich sitets in den Mienen der schwarzen Zu- 
schauer, wenn ich durch das Instrument den Himmel 
beobachtete, denn das stand bei den Leuten fest, daß 
der Europäer die Mondfinsterniß durch seine Daua 
(Zauberei) veranlaßt habe, und alle Versuche, dies 
auszureden, begegneten nur einem ungläubigen 
Lächeln. Es ist eine merkwürdige Thatsache, daß 
gerade unter den Wasukuma, die am meisten mit 
den Curopäern arbeiten, indem sie als Träger und 
Arbeiter vorzügliche Dienste leisten, noch ein geradezu 
unheimlicher Aberglaube herrscht. Sie glauben, daß 
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ein Mensch, der eine gute Daua besitzt, sich z. B. in 
einen Löwen verwandeln kann. Ein großer Theil 
der Wasukuma verlangt von den Sultanen die 
Fähigkeit, Regen zu machen. Mißlingt einem Sultan 
dies mehrere Male, so wird er abgesetzt, wenn nicht 
die Furcht vor der Station dies verbietet, u. s. w. 
An anderer Stelle soll über die Anschauungen der 
Wasukuma ausführlicher berichtet werden. 
Nach Ueberschreitung mehrerer, dem Simigu tri- 
butärer Wasserläufe, von denen der größte der 
Waliati zu sein scheint, wurde in Somanda, dem 
Sitze des Sultans Kitschimansale von Ntussu, ge- 
lagert. Trotzdem der Sultan kürzlich der Station 
einen Besuch abgestattet hatte, was vorher noch nie 
der Fall gewesen war, wurde er in Somanda nur 
mit geringem Gefolge getroffen. Der größte Theil 
der Bevölkerung war geflohen. Auch hier half 
wieder das einzige Mittel gegen die Scheu der 
Eingeborenen, nämlich „Warten“. Am nächsten 
Tage trafen fast sämmtliche Manangwa ein, nach- 
dem sie sich von den friedlichen Absichten der Ex- 
pedition überzeugt hatten, und versprachen Gehorsam 
gegen die Station. Ihr Versprechen haben die 
Ntussuleute erfüllt, indem noch im Monat Juli etwa 
200 Leute zur Tributarbeit in Muanza erschienen. 
Ein friedlicher Erfolg! 
Nördlich von Niussu beginnen neue Formationen. 
Bisher wurde ein Plateau überschritten, welches in 
Nera sich als eine Ebene darstellt, aus der hin und 
wieder niedere Höhenrücken und Kuppen emporragen, 
welches in Abadi, Nunghu und Ntussu ein stark ge- 
welltes Hügelland darstellt, durchweg mit den den 
Granitsormationen eigenthümlichen, durch Erosion 
gebildeten Cigarrenformen. Nördlich von Ntussu 
verschwindet plötzlich der Granit, und zeigen die 
Geländeerhebungen sanfte, runde Formen, wic der 
Sanfui. Besonders auffällig sind zwei Berge, der 
Tutwa und der Ngasamo, die sich glockenförmig 
gegen den Horizont abheben, letzterer bis zu einer 
rel. Höhe von etwa 300 m. Hier wurden be- 
deutende, stark eisenhaltige Thonschiefer und OQuarz= 
lager gefunden, die nach den Funden in Nserugurura 
wohl werth sind, auf abbauwürdigen Goldgehalt 
untersucht zu werden, umsomehr, als Goldfunde 
durch die Expedition hier thatsächlich gemacht wurden. 
Nördlich beider Berge dehnt sich ein großes, wild- 
reiches Pori aus. Wic im Simiyupori, wurden auch 
hier Kifaro, Strauße, Hartebeester, Thomson-Gazellen 
und andere Antilopen, auch Zebra, getroffen. 
Südwestlich des Ngasamoberges war ein 25 1u 
breites, 6um tiefes Flußbett zu überschreiten, dessen 
Sohle mit Wassertümpeln bedeckt ist. Dieser Flußz. 
welcher auf der Karte nicht verzeichnet ist, heißt 
Duma und kommt von Osten, angeblich aus der 
Landschaft Jkoma. Zwischen den Landschaften Tutwa 
und Ntussu hindurchfließend, mündct er in den Simyn. 
Er ist jedenfalls identisch mit dem auf der Bau- 
mannschen Karte irrthümlich östlich Ntussu punktirt 
geführten Duma.
	        
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