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lassen sich durch das etwas größere Maß von Wissen,
das sie haben, leicht zum Hochmuth und zur Ueber-
hebung über ihre Volksgenossen verleiten, vollends,
wenn die Regierung einmal ihre Dienste benutzt hat.
Nach seiner Rückkehr von seiner Urlaubsreise ist
Missionar Fenchel auf Keetmanshoop darauf aus,
in das von ihm im Jahre 1888 erbaute Seminar
neue passende Zöglinge aufzunehmen. Es besteht
zugleich die Absicht, ihm für dasselbe, sobald sich ein
solcher findet, einen jungen Theologen an die Seite
zu geben, ob doch noch einmal aus dem Rest des
Volkes Männer zu gewinnen und heranzubilden sind,
um die sich fester zusammenschließt, was von ihm
noch zu retten ist.
Mit den Herero haben wir ein ganz anderes
Volk und ein in wesentlichen Zügen anderes Arbeits-
feld vor uns. — Die Herero sind ein Volk be-
stimmter, fester Formen und Sitten. Das hat seinen
Werth, indem so auch die Christen leichter ihrem
Leben das ihrem neuen Glauben entsprechende Ge-
präge geben, treu im Kommen zum Worte Gottes
und in der Uebung der Hausandacht und des Ge-
betes auch in reinheidnischer Umgebung sind. Aber
es hat das auch seine andere Seite. Der Herero-
älteste steht leicht in Gefahr, sein Amt zu äußerlich
zu fassen, mehr äußerlich zu zwingen als innerlich
zu überführen. Dem tritt aber wieder der an-
geborene Freiheitsstolz seiner Volksgenossen entgegen.
Keine Widerrede des natürlichen Herero ist gewöhn-
licher als die: „Was habe ich verbrochen? Ich bin
Dein Sklave nicht.“ Begegnet aber der Aelteste
solchen, so stößt hart auf hart, und er, der eine
andere Weise nicht zu finden weiß, zieht sich zurück,
ohne erreicht zu haben, was er erreichen sollte. Doch
ist die große Mehrzahl bemüht, ihren Missionaren
treue, willige Gehülfen zu sein. Den Aeltesten (34)
reihen sich die Evangelisten an, denen die Arbeit
unter Christen und Heiden auf den Außenpplätzen
befohlen ist. Im Jahre 1883 wurden zum ersten
Male solche bestellt. Der letzte Jahresbericht weist
acht auf. Nach dem Zahlenverhältniß der Christen
zu den Heiden, das wir oben gegeben haben, und
bei dem nomadenhaften Leben und Wohnen der
Herero liegt auf der Hand, wie gerade auch hier
die Dienste von Evangelisten in Verwendung zu
ziehen sind. Auch ihnen haften zum Theil noch die
Schwächen ihres Volkscharakters an. Sie bedürfen
noch durchgängig der steten Aufsicht der Missionare.
Verhindert eine längere Krankheit, dieser oder irgend
ein anderer Grund einmal solche, so erliegen sie
leicht der Gefahr, lässig zu werden oder sich in
Händel der Nahrung verstricken zu lassen. Das
Auskaufen der Zeit ist ja dem Herero, wie jedem
Afrikaner, von Natur das Fernliegendste; wo er aber
ein Stück Vieh in seinen Besitz bringen kann, ver-
gißt er leicht alles Andere darüber. Kann aber die
Aufsicht der Missionare dieser ihrer Schwäche zu
Hülfe kommen, so arbeiten sie in der Regel treu und
nicht ohne Segen. Denn auch an Redefertigkeit fehlt
es dem Herero ganz und gar nicht. Den trefflichsten
der Evangelisten, Elias von der Gemeinde Otjozond-
jupa, hat zum allgemeinen großen Leidwesen das
Fieber im Jahre 1898 dahingerafft. Bei den
Lehrern endlich sind auch hier die oben angedeuteten
trüben Erfahrungen am meisten hervorgetreten. Da-
neben wird doch auch anderen unter den zur Zeit
vorhandenen 19 das Zeugniß gegeben, daß sie
unter der Aufsicht ihrer Missionare willig und treu
ihres Amtes warten. Besondere Schwierigkeit macht
ihnen, die ungebändigt aufwachsende Jugend in
Disziplin zu halten; auch bedürfen ihre Leistungen
in der Schule noch der Steigerung. Die Aus-
bildungsstätte für Lehrer und Evangelisten ist das
Seminar in Okahandja, das sogenannte Augustineum.
In das Augustineum wurden im Jahre 1898 sieben
neue Zöglinge ausgenommen (vier Herero und drei
Bergdamara). Missionar Viehe bemerkt, daß er noch
nie zu einer Klasse so viel Zutrauen gehabt habe,
wie zu dieser neuen. Die Zöglinge seien älter und
auch besser vorgebildet, ein Beweis, daß sich die
Schulen gehoben hätten.
Bei unserer jungen, erst 1891 begonnenen
Ovambomission kann, wie von selbst zu ersehen ist,
über eingeborene Gehülfen noch nicht viel gesagt
werden. Doch haben unsere Missionare dort sich
schon für ihre beiden kleinen Gemeinden die Mit-
hülfe von je zwei Aeltesten gesichert, und an dem
einen von diesen, Abraham, auch einen Evangelisten,
wie sie sich ihn kaum eifriger wünschen könnten.
Aus fremden Kolonien.
Ueber eine Reise in Java
entnehmen wir einem Bericht vom Dezember v. Js.
Folgendes:
Der erste Eindruck, welchen man bei der Lan-
dung in Java empfängt, ist der der Ordnung und
Sauberkeit. Der Hafen Tandjong Priok ist ein
künstlich angelegtes Bassin, durch Molen gegen das
Meer abgeschlossen. Nicht weit vom Eingang liegt
im Hafen das weiß angestrichene Wachtschiff, von
welchem aus jedes einlaufende Fahrzeug genau über-
wacht werden kann. Die Straße am Ufer ist ebenso
wie die daran grenzenden Lagerhäuser ziemlich sauber
gehalten. Im Hintergrunde leuchtet aus dem Grün
der Palmen das weiße Stationsgebäude der Eisen-
bahn hervor, welche den Verkehr zwischen dem Hafen
und Batavia vermittelt.
Diesem ersten Eindruck entspricht im Großen und
Ganzen der allgemeine Eindruck, welchen Java macht.
In den Städten breite, saubere Straßen, ebenso
zierliche wie zweckmäßige Häuser, gute Kanalisation.
Auf dem Lande künstlich angelegte Reisfelder, ab-
wechselnd mit Kokosnuß= und Bambuswäldchen, mit
gut gehaltenen Thee-, Kaffee-, Tabak-, Indigo= und
Zuckerpftanzungen. Eisenbahnen, Dampfstraßenbahnen