Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

geborene mit Gewehren, sie zogen sich aber beim 
Anblick meiner Karawane zurück. Muyuka traf ich 
verlassen an. Erst nach und nach zeigten sich einige 
Männer, die Weiber kamen in der Nacht zurück. 
Am nächsten Morgen ging ich nach Nyasoso, über 
Ngab, Essoke und Nbule; man marschirt etwa 4 bis 
4½ Stunden. Vom Häuptling Nyebe und den 
Seinigen wurde ich mit Freudengeheul und Hände- 
schütteln empfangen. 
Gleich nach meiner Ankunft in Nyasoso begann 
ich mit dem Bau eines Mattenhauses für mich und 
meine Leute, auf einem Platze, etwa ¼ Stunde vom 
Dorf entfernt, wo die Mission später ein großes 
Haus zu bauen gedenkt. In vier Tagen war es 
aufgestellt. Die ersten Wochen meines Aufenthalts 
hier benutzte ich, so weit die Witterung es zuließ, 
zu Vorarbeiten einer Basismessung und zu kleineren 
Touren in das Gebirge. Nach langen Versuchen 
glückte es mir endlich, einen Platz freizulegen, auf 
dem sich durch Grabenziehen und Gerüstbauten eine 
gerade borizontale Linie von 170 m Länge herrichten 
ließ. Diese Linie wurde mit einem Stahlband aus- 
gemessen und von ihren Endpunkten aus durch Winkel- 
messung, unter Berücksichtigung der Länge der Linie, 
zwei hoch gelegene Aussichtspunkte, deren Verbindungs- 
linie als eigentliche Basis zur Vermessung des um- 
liegenden Landes dienen sollte, bestimmt. Der eine 
Punkt liegt auf dem Ekone ru Ngale, der andere 
auf dem zukünftigen Missionsbauplatz. Beide sind 
durch eingerammte Balken markirt. Von den beiden 
Endpunkten dieser Basis wurden die umliegenden 
Gebirge, auch der Kamerunberg, die Rumpiberge 
und das Manengubagebirge, theils mit einem ge- 
wöhnlichen Lamprodynast, theils mit einem Tele- 
objektiv photographirt und die hervorragenden Punkte 
in ihrer Winkellage zur Basis vermittelst Universal- 
instruments bestimmt. Der Punkt auf dem Ekone 
ru Ngale wurde durch eine Reihe von Polhöhen 
und Zeitbestimmungen seiner geographischen Breite 
nach festgelegt. Seine Länge ergiebt sich aus einigen 
angestellten Azimutbestimmungen (astronomischen) und 
dem Azimut des Kamerunberges, dessen Länge als 
bekannt angenommen ist. 
Direkte Längenbestimmungen konnten wegen der 
ungünstigen Witterung nicht mit genügender Genauig- 
keit gemacht werden. 
Anfang August bestieg ich den Kupe (besser würde 
er Kuppä, ä kurz, gesprochen), um mich vorläufig 
über dessen geologische Verhältnisse zu orientiren; 
dann reiste ich über Mbule, Errokä, Ngab, Lum, 
Mfun nach Nyanga am Dibombe; von hier aus nach 
Bonandam und über Mfun, Lum, Ngab nach Nyasoso 
zurück. 
In den ersten Tagen des Oktober bestieg ich den 
Kupe und schlug für zehn Tage auf dem Gipfel mein 
Lager auf. Als erster Europäer erreichte ich den 
höchsten Punkt des Berges. Die Annahme der 
Missionare Wittwer und Basedow, sie hätten den 
Gipfel erreicht, ist unrichtig. Ihr Dokument, in 
  
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einer Bierflasche, befindet sich 3 bis 4 km vom 
Gipfel entfernt. Der Kupe ist nicht, wie bisher an- 
genommen wurde und wie es auch mir bei ober- 
flächlicher Betrachtung seiner Formen zuerst erschien, 
vulkanischen Ursprungs wie der Kamerunberg, son- 
dern er stellt einen „Horst“ dar. Er verdankt sein 
Emporragen über das umgebende Gelände nicht einer 
Aufwärtsbewegung seiner ihn bildenden Gesteine, 
sondern dem Absinken seiner Umgebung. Das Haupt- 
gestein, welches ihn bildet, ist Granit. Dieser ist 
aber fast überall verdeckt durch mehr oder minder 
dicke Tuffschichten. Bei der Entstehung des Berges, 
also dem Zerbrechen und Absinken seiner Umgebung, 
bildeten sich zahllose Klüfte und Spalten, und diese 
leiteten die Bildung vieler kleinerer und größerer 
Vulkane ein, welche mit ihren Aschenauswürfen die 
ganze Gegend eindeckten und so Veranlassung gaben 
zur Bildung der Tufflager. Die südliche Grenze des 
Vorkommens dieser Tuffe (die marinen Tuffe kommen 
hier nicht in Betracht) liegt ungefähr parallel der 
Verbindungslinie folgender Plätze: Bonandam, Msfun, 
Fan Dikuma (mit einer Ausbuchtung nach Nyoke), 
Muyuka (Nkosidorf). Diese Tuffe treten natürlich 
nicht selbständig auf, sondern decken Basaltströme, 
aus gleichem Magma entstanden, ein oder wechsel- 
lagern mit diesen. Die Grenze im Norden und 
Osten habe ich nicht erreicht, jedenfalls liegt sie aber 
nördlich von Ninong (5° 1,2' nördl. Br.). Der Boden 
dieses Gebietes ist seinem geologischen Charakter 
entsprechend, Verwitterungsprodukt von basaltartigen 
Gesteinen und deren Tuffe, außerordentlich fruchtbar. 
Soweit ich ihn (allerdings dem bloßen Augenschein 
nach) beurtheilen kann, giebt er den Böden von 
Bibundi und Soppo nichts nach. Er ist tiefgründig 
locker und sehr humusreich; durchlässig für Wasser 
und doch auch wieder ein wenig bindend, seiner 
physikalischen Beschaffenheit nach etwa dem Lösboden 
der Magdeburger Börde vergleichbar. 
Einen prachtvollen Blick in dieses schöne und 
fruchtbare Land hat man von dem Gipfel des Kupe. 
Er ragt wie ein Strebepfeiler aus der Hauptmasse 
des Gebirgsstocks in die Ebene vor, nach Süden, 
Osten und Norden fällt derselbe 300 bis 400 m 
senkrecht ab. Nach Westen ist er mit dem Haupt- 
massiv durch einen breiten, langsam ansteigenden 
Rücken verbunden. Von diesem Punkt, welcher fast 
genau 2000 m über dem Meere liegt, übersieht man 
das ganze Tiefland von Südwesten über Osten bis 
Nordnordwesten; der Horizont wird begrenzt durch 
den Kamerunberg, den Fernando Po-Pik, die Ge- 
birge hinter Lolodorf, die Nlonako= und Manenguba- 
berge und im Norden durch bisher unbekannte mäch- 
tige Gebirgszüge. Das Kamerunbecken lag so klar 
vor mir, daß ich bei Sonnenuntergang deutlich Schiffe 
erkennen konnte durch meinen großen Tubus. Von 
dem Aussichtspunkt wurden mit verschiedenen Objek- 
tiven photographische Aufnahmen der umliegenden 
Gebirge gemacht und das astronomische Azimut der 
hervorragenden Gipfel bestimmt. Um die Formen
	        
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