geborene mit Gewehren, sie zogen sich aber beim
Anblick meiner Karawane zurück. Muyuka traf ich
verlassen an. Erst nach und nach zeigten sich einige
Männer, die Weiber kamen in der Nacht zurück.
Am nächsten Morgen ging ich nach Nyasoso, über
Ngab, Essoke und Nbule; man marschirt etwa 4 bis
4½ Stunden. Vom Häuptling Nyebe und den
Seinigen wurde ich mit Freudengeheul und Hände-
schütteln empfangen.
Gleich nach meiner Ankunft in Nyasoso begann
ich mit dem Bau eines Mattenhauses für mich und
meine Leute, auf einem Platze, etwa ¼ Stunde vom
Dorf entfernt, wo die Mission später ein großes
Haus zu bauen gedenkt. In vier Tagen war es
aufgestellt. Die ersten Wochen meines Aufenthalts
hier benutzte ich, so weit die Witterung es zuließ,
zu Vorarbeiten einer Basismessung und zu kleineren
Touren in das Gebirge. Nach langen Versuchen
glückte es mir endlich, einen Platz freizulegen, auf
dem sich durch Grabenziehen und Gerüstbauten eine
gerade borizontale Linie von 170 m Länge herrichten
ließ. Diese Linie wurde mit einem Stahlband aus-
gemessen und von ihren Endpunkten aus durch Winkel-
messung, unter Berücksichtigung der Länge der Linie,
zwei hoch gelegene Aussichtspunkte, deren Verbindungs-
linie als eigentliche Basis zur Vermessung des um-
liegenden Landes dienen sollte, bestimmt. Der eine
Punkt liegt auf dem Ekone ru Ngale, der andere
auf dem zukünftigen Missionsbauplatz. Beide sind
durch eingerammte Balken markirt. Von den beiden
Endpunkten dieser Basis wurden die umliegenden
Gebirge, auch der Kamerunberg, die Rumpiberge
und das Manengubagebirge, theils mit einem ge-
wöhnlichen Lamprodynast, theils mit einem Tele-
objektiv photographirt und die hervorragenden Punkte
in ihrer Winkellage zur Basis vermittelst Universal-
instruments bestimmt. Der Punkt auf dem Ekone
ru Ngale wurde durch eine Reihe von Polhöhen
und Zeitbestimmungen seiner geographischen Breite
nach festgelegt. Seine Länge ergiebt sich aus einigen
angestellten Azimutbestimmungen (astronomischen) und
dem Azimut des Kamerunberges, dessen Länge als
bekannt angenommen ist.
Direkte Längenbestimmungen konnten wegen der
ungünstigen Witterung nicht mit genügender Genauig-
keit gemacht werden.
Anfang August bestieg ich den Kupe (besser würde
er Kuppä, ä kurz, gesprochen), um mich vorläufig
über dessen geologische Verhältnisse zu orientiren;
dann reiste ich über Mbule, Errokä, Ngab, Lum,
Mfun nach Nyanga am Dibombe; von hier aus nach
Bonandam und über Mfun, Lum, Ngab nach Nyasoso
zurück.
In den ersten Tagen des Oktober bestieg ich den
Kupe und schlug für zehn Tage auf dem Gipfel mein
Lager auf. Als erster Europäer erreichte ich den
höchsten Punkt des Berges. Die Annahme der
Missionare Wittwer und Basedow, sie hätten den
Gipfel erreicht, ist unrichtig. Ihr Dokument, in
197 —
einer Bierflasche, befindet sich 3 bis 4 km vom
Gipfel entfernt. Der Kupe ist nicht, wie bisher an-
genommen wurde und wie es auch mir bei ober-
flächlicher Betrachtung seiner Formen zuerst erschien,
vulkanischen Ursprungs wie der Kamerunberg, son-
dern er stellt einen „Horst“ dar. Er verdankt sein
Emporragen über das umgebende Gelände nicht einer
Aufwärtsbewegung seiner ihn bildenden Gesteine,
sondern dem Absinken seiner Umgebung. Das Haupt-
gestein, welches ihn bildet, ist Granit. Dieser ist
aber fast überall verdeckt durch mehr oder minder
dicke Tuffschichten. Bei der Entstehung des Berges,
also dem Zerbrechen und Absinken seiner Umgebung,
bildeten sich zahllose Klüfte und Spalten, und diese
leiteten die Bildung vieler kleinerer und größerer
Vulkane ein, welche mit ihren Aschenauswürfen die
ganze Gegend eindeckten und so Veranlassung gaben
zur Bildung der Tufflager. Die südliche Grenze des
Vorkommens dieser Tuffe (die marinen Tuffe kommen
hier nicht in Betracht) liegt ungefähr parallel der
Verbindungslinie folgender Plätze: Bonandam, Msfun,
Fan Dikuma (mit einer Ausbuchtung nach Nyoke),
Muyuka (Nkosidorf). Diese Tuffe treten natürlich
nicht selbständig auf, sondern decken Basaltströme,
aus gleichem Magma entstanden, ein oder wechsel-
lagern mit diesen. Die Grenze im Norden und
Osten habe ich nicht erreicht, jedenfalls liegt sie aber
nördlich von Ninong (5° 1,2' nördl. Br.). Der Boden
dieses Gebietes ist seinem geologischen Charakter
entsprechend, Verwitterungsprodukt von basaltartigen
Gesteinen und deren Tuffe, außerordentlich fruchtbar.
Soweit ich ihn (allerdings dem bloßen Augenschein
nach) beurtheilen kann, giebt er den Böden von
Bibundi und Soppo nichts nach. Er ist tiefgründig
locker und sehr humusreich; durchlässig für Wasser
und doch auch wieder ein wenig bindend, seiner
physikalischen Beschaffenheit nach etwa dem Lösboden
der Magdeburger Börde vergleichbar.
Einen prachtvollen Blick in dieses schöne und
fruchtbare Land hat man von dem Gipfel des Kupe.
Er ragt wie ein Strebepfeiler aus der Hauptmasse
des Gebirgsstocks in die Ebene vor, nach Süden,
Osten und Norden fällt derselbe 300 bis 400 m
senkrecht ab. Nach Westen ist er mit dem Haupt-
massiv durch einen breiten, langsam ansteigenden
Rücken verbunden. Von diesem Punkt, welcher fast
genau 2000 m über dem Meere liegt, übersieht man
das ganze Tiefland von Südwesten über Osten bis
Nordnordwesten; der Horizont wird begrenzt durch
den Kamerunberg, den Fernando Po-Pik, die Ge-
birge hinter Lolodorf, die Nlonako= und Manenguba-
berge und im Norden durch bisher unbekannte mäch-
tige Gebirgszüge. Das Kamerunbecken lag so klar
vor mir, daß ich bei Sonnenuntergang deutlich Schiffe
erkennen konnte durch meinen großen Tubus. Von
dem Aussichtspunkt wurden mit verschiedenen Objek-
tiven photographische Aufnahmen der umliegenden
Gebirge gemacht und das astronomische Azimut der
hervorragenden Gipfel bestimmt. Um die Formen