des Kupe genauer festzulegen, schlug ich, immer dem
Steilabfall entlang, einen Weg vom höchsten Punkt
über Nordwesten, Südsüdwesten, Süden ꝛc., jedesmal
von einem Gipfel zum anderen bis wieder zum
höchsten Punkt zurück, einen Weg, der mit Meßkette
und Kompaß ausgenommen wurde. Es stellte sich
dabei heraus, daß der Kupe nur von Nyasoso aus
zu besteigen ist; nach allen anderen Richtungen fällt
der Gipfel des Berges 300 bis 600 m direkt oder
beinahe senkrecht ab. An fünf verschiedenen Stellen
versuchte ich mit Hülfe von langen starken Seilen
und Lianen einen Abstieg nach Norden und Osten,
um einer Gorillafamilie, die etwa 400 m direkt unter
meinem Lagerplatz den ganzen Tag über lärmte,
nachzustellen, mußte aber immer wieder an den direkt
senkrechten Abstiegen umkehren. Die Mitte des
kronenförmigen Kupegipfels bildet eine etwa 150 m
tiefe Einsenkung, die sich nach Nordwesten zu einem
schmalen Thal verengt. Hier entspringt in vielen
kleinen Quellen der Mbulebach. Kaum 500 m von
meinem Lagerplatz auf dem höchsten Punkt ist eine
der stärksten Quellen, die mich mit ihrem vorzüglichen
Wasser versorgte. Während meines zehntägigen Auf-
enthalts auf dem Kupe mit acht Leuten liesen 13
meiner Träger, die ich in Nyasoso zurückgelassen
hatte, weg. Mit dem Rest der Leute beschloß ich,
noch vor meiner Rückkehr zur Küste eine kleine Reise
in die nördlich und nordöstlich von Nyasoso gelegenen
unbekannten Gebirge zu unternehmen.
Kurz vor meinem Aufbruch trafen Boten der
Mamenaleute, des Stammes, welcher mir Anfang
dieses Jahres den Weg verlegt hatte, zu mir, um
sich als meine Freunde zu erklären und mit mir zu
unterhandeln.
Auf der Reise nach den nördlich gelegenen unbe-
kannten Gebirgen und dem Dorf Ninong führte mich
der Weg von Nyasoso zunächst zu dem etwa 250 m
niedriger als Nyasoso gelegenen Dorf Mguschi. Dieses
liegt in dem etwa 8 km breiten Kiddethal. Dieses
zieht sich von den nordwestlichen Ausläufern des
Manengubagebirges zwischen dem Kupe und den ihm
zugehörigen Bergen und den oben angeführten unbe-
kannten Gebirgen hin und wird von einem hinter
Nguschi etwa 15 m breiten Bach, dem Kidde oder
Gidde, durchströmt. In seiner ganzen Ausdehnung,
von etwa Meholle, vier Stunden unterhalb Nguschi,
bis Maambo, sechs Stunden oberhalb Nguschi, be-
deckt das Thal nur Elefantengras und lichter Busch-
wald. Viele in dem Thal zerstreut liegende kleine
Hügel bis zu 150 m Höhe würden sich vorzüglich
zur Anlage einer Station eignen. Der am meisten
zu empfehlende Platz zur Anlage einer Station ist
ein kaum 100 m hoher Hügel bei Ngombe, 4 bis
4½ Stunden oberhalb Nguschi. Er liegt etwa 900 m
über dem Meer mitten in einer außerordentlich frucht-
baren wasserreichen Ebene. Der Kiddebach fließt
dicht am Fuß des Hügels vorbei, er ist hier 12 bis
13 m breit; das Thal erreicht hier eine Breite von
15 bis 17 km. Von Ngombe aus, welches man
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von Nyasoso auf anderem Wege, über Mpaka, Elog
und Ngombambeng in 3 bis 3½ Stunden erreicht,
gelangte ich in 5⅛½ Stunden nach Ninong. Der
Weg führte durch das sich immer mehr verbreiternde
Thal über Moambo, ein Dorf mit weit zerstreut
liegenden Häusern, stets bergauf, aber an keiner
Stelle so steil, daß ich vom Pferde steigen mußte.
Hinter Moambo hörten die Oelpalmen auf, und an
Stelle des Elefantengrases trat ein etwa meterhohes
dünnhalmiges dichtes Gras. Das Dorf Ninong liegt
auf den letzten nordwestlichen Ausläufern des Manen-
gubagebirges in etwa 1400 m Meereshöhe. Die Zahl
der Häuser schätze ich auf 500, die Hauptmasse der-
selben drängt sich auf einem Areal von etwa 20 ha
zusammen. Die Eingänge zu dem Dorf fand ich
durch starke Fenzen geschützt. Das einzige Nahrungs-
mittel der Eingeborenen, welches ich in den unendlich
großen Farmen gesehen habe, ist die Kokoart, die
die Dualla „Mindi“ nennen. Holz ist hier oben sehr
werthvoll, wildwachsendes giebt es nicht mehr; an
den geschützten Stellen in den Farmen, in engen
Thälern und Schluchten wird ein großblätteriger
Baum mit weichem Holz angebaut, derselbe wird,
wenn er seine Blätter abgeworfen und neue Knospen
angesetzt hat, sehr vorsichtig beschnitten; ich hatte
mehrmals die Gelegenheit, das Ausputzen der Bäume
zu beobachten. Das Holz dient nur zu Heizzwecken;
auch werden selten ganze Bäume gefällt, meist haut
der Besitzer nur Aeste nach Bedürfniß aus. Holz-
diebstahl und Beschädigung von Bäumen gehört in
dieser Gegend zu den schwersten Vergehen. Zum
Hausbau wird vielsach der Stamm des Baumfarrn,
der ängstlich geschont wird, verwandt.
Die Zahl der Einwohner dieses Dorfes schätze
ich auf etwa 2000. Nach Aussage meiner Führer
sind im Dorfe 500 Gewehre, jeder erwachsene Mann
soll ein Gewehr haben, hat er keins, so verkauft er
seinen Bruder nach der Küste, um Gewehr und
Pulver zu erhalten. Die Männer gehen mit ver-
hältnißmäßig kleinen Hüftentüchern, die Weiber fast
ganz nackt, aber fast immer stark mit Rothholz ge-
färbt. Ich bin in dem Dorf sehr freundlich ausge-
nommen worden. Während meines dreitägigen Auf-
enthalts daselbst mußte ich täglich mindestens zwei
Stunden mich zur Schau mitten auf den Dorfplatz
setzen. Die Weiber weigerten sich, in die Farmen zu
gehen, bevor sie mich gesehen hatten.
Ein Berg dicht bei Ninong wurde astronomisch
festgelegt und von dort aus die umliegenden Gebirge
photographirt und deren hervorragende Kuppen mit
dem Universalinstrument in ihrer Lage gegen den
Südpunkt, der durch astronomisches Azimut bestimmt
war, festgelegt. Von Ninong aus unternahm ich eine
eintägige Tour in das Manengubagebirge. Mein
Ziel war ein großer See, der Ebogga (oder Eboa),
von dem mir mein Führer, der Häuptling von Nya-
soso, Nyebe, viel erzählt hatte. Ein für hiesige
Verhältnisse ganz vorzüglicher Weg von elwa 5 m
Breite, der meist nur im Verhältniß 1:10 anstieg,