Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

des Kupe genauer festzulegen, schlug ich, immer dem 
Steilabfall entlang, einen Weg vom höchsten Punkt 
über Nordwesten, Südsüdwesten, Süden ꝛc., jedesmal 
von einem Gipfel zum anderen bis wieder zum 
höchsten Punkt zurück, einen Weg, der mit Meßkette 
und Kompaß ausgenommen wurde. Es stellte sich 
dabei heraus, daß der Kupe nur von Nyasoso aus 
zu besteigen ist; nach allen anderen Richtungen fällt 
der Gipfel des Berges 300 bis 600 m direkt oder 
beinahe senkrecht ab. An fünf verschiedenen Stellen 
versuchte ich mit Hülfe von langen starken Seilen 
und Lianen einen Abstieg nach Norden und Osten, 
um einer Gorillafamilie, die etwa 400 m direkt unter 
meinem Lagerplatz den ganzen Tag über lärmte, 
nachzustellen, mußte aber immer wieder an den direkt 
senkrechten Abstiegen umkehren. Die Mitte des 
kronenförmigen Kupegipfels bildet eine etwa 150 m 
tiefe Einsenkung, die sich nach Nordwesten zu einem 
schmalen Thal verengt. Hier entspringt in vielen 
kleinen Quellen der Mbulebach. Kaum 500 m von 
meinem Lagerplatz auf dem höchsten Punkt ist eine 
der stärksten Quellen, die mich mit ihrem vorzüglichen 
Wasser versorgte. Während meines zehntägigen Auf- 
enthalts auf dem Kupe mit acht Leuten liesen 13 
meiner Träger, die ich in Nyasoso zurückgelassen 
hatte, weg. Mit dem Rest der Leute beschloß ich, 
noch vor meiner Rückkehr zur Küste eine kleine Reise 
in die nördlich und nordöstlich von Nyasoso gelegenen 
unbekannten Gebirge zu unternehmen. 
Kurz vor meinem Aufbruch trafen Boten der 
Mamenaleute, des Stammes, welcher mir Anfang 
dieses Jahres den Weg verlegt hatte, zu mir, um 
sich als meine Freunde zu erklären und mit mir zu 
unterhandeln. 
Auf der Reise nach den nördlich gelegenen unbe- 
kannten Gebirgen und dem Dorf Ninong führte mich 
der Weg von Nyasoso zunächst zu dem etwa 250 m 
niedriger als Nyasoso gelegenen Dorf Mguschi. Dieses 
liegt in dem etwa 8 km breiten Kiddethal. Dieses 
zieht sich von den nordwestlichen Ausläufern des 
Manengubagebirges zwischen dem Kupe und den ihm 
zugehörigen Bergen und den oben angeführten unbe- 
kannten Gebirgen hin und wird von einem hinter 
Nguschi etwa 15 m breiten Bach, dem Kidde oder 
Gidde, durchströmt. In seiner ganzen Ausdehnung, 
von etwa Meholle, vier Stunden unterhalb Nguschi, 
bis Maambo, sechs Stunden oberhalb Nguschi, be- 
deckt das Thal nur Elefantengras und lichter Busch- 
wald. Viele in dem Thal zerstreut liegende kleine 
Hügel bis zu 150 m Höhe würden sich vorzüglich 
zur Anlage einer Station eignen. Der am meisten 
zu empfehlende Platz zur Anlage einer Station ist 
ein kaum 100 m hoher Hügel bei Ngombe, 4 bis 
4½ Stunden oberhalb Nguschi. Er liegt etwa 900 m 
über dem Meer mitten in einer außerordentlich frucht- 
baren wasserreichen Ebene. Der Kiddebach fließt 
dicht am Fuß des Hügels vorbei, er ist hier 12 bis 
13 m breit; das Thal erreicht hier eine Breite von 
15 bis 17 km. Von Ngombe aus, welches man 
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von Nyasoso auf anderem Wege, über Mpaka, Elog 
und Ngombambeng in 3 bis 3½ Stunden erreicht, 
gelangte ich in 5⅛½ Stunden nach Ninong. Der 
Weg führte durch das sich immer mehr verbreiternde 
Thal über Moambo, ein Dorf mit weit zerstreut 
liegenden Häusern, stets bergauf, aber an keiner 
Stelle so steil, daß ich vom Pferde steigen mußte. 
Hinter Moambo hörten die Oelpalmen auf, und an 
Stelle des Elefantengrases trat ein etwa meterhohes 
dünnhalmiges dichtes Gras. Das Dorf Ninong liegt 
auf den letzten nordwestlichen Ausläufern des Manen- 
gubagebirges in etwa 1400 m Meereshöhe. Die Zahl 
der Häuser schätze ich auf 500, die Hauptmasse der- 
selben drängt sich auf einem Areal von etwa 20 ha 
zusammen. Die Eingänge zu dem Dorf fand ich 
durch starke Fenzen geschützt. Das einzige Nahrungs- 
mittel der Eingeborenen, welches ich in den unendlich 
großen Farmen gesehen habe, ist die Kokoart, die 
die Dualla „Mindi“ nennen. Holz ist hier oben sehr 
werthvoll, wildwachsendes giebt es nicht mehr; an 
den geschützten Stellen in den Farmen, in engen 
Thälern und Schluchten wird ein großblätteriger 
Baum mit weichem Holz angebaut, derselbe wird, 
wenn er seine Blätter abgeworfen und neue Knospen 
angesetzt hat, sehr vorsichtig beschnitten; ich hatte 
mehrmals die Gelegenheit, das Ausputzen der Bäume 
zu beobachten. Das Holz dient nur zu Heizzwecken; 
auch werden selten ganze Bäume gefällt, meist haut 
der Besitzer nur Aeste nach Bedürfniß aus. Holz- 
diebstahl und Beschädigung von Bäumen gehört in 
dieser Gegend zu den schwersten Vergehen. Zum 
Hausbau wird vielsach der Stamm des Baumfarrn, 
der ängstlich geschont wird, verwandt. 
Die Zahl der Einwohner dieses Dorfes schätze 
ich auf etwa 2000. Nach Aussage meiner Führer 
sind im Dorfe 500 Gewehre, jeder erwachsene Mann 
soll ein Gewehr haben, hat er keins, so verkauft er 
seinen Bruder nach der Küste, um Gewehr und 
Pulver zu erhalten. Die Männer gehen mit ver- 
hältnißmäßig kleinen Hüftentüchern, die Weiber fast 
ganz nackt, aber fast immer stark mit Rothholz ge- 
färbt. Ich bin in dem Dorf sehr freundlich ausge- 
nommen worden. Während meines dreitägigen Auf- 
enthalts daselbst mußte ich täglich mindestens zwei 
Stunden mich zur Schau mitten auf den Dorfplatz 
setzen. Die Weiber weigerten sich, in die Farmen zu 
gehen, bevor sie mich gesehen hatten. 
Ein Berg dicht bei Ninong wurde astronomisch 
festgelegt und von dort aus die umliegenden Gebirge 
photographirt und deren hervorragende Kuppen mit 
dem Universalinstrument in ihrer Lage gegen den 
Südpunkt, der durch astronomisches Azimut bestimmt 
war, festgelegt. Von Ninong aus unternahm ich eine 
eintägige Tour in das Manengubagebirge. Mein 
Ziel war ein großer See, der Ebogga (oder Eboa), 
von dem mir mein Führer, der Häuptling von Nya- 
soso, Nyebe, viel erzählt hatte. Ein für hiesige 
Verhältnisse ganz vorzüglicher Weg von elwa 5 m 
Breite, der meist nur im Verhältniß 1:10 anstieg,
	        
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