358 Italien.
7. Febr. II. Kammer: genehmigt gelegentlich des Budgets für 1873
die Summe von 1,994,000 L. behufs Ausbesserung der Schullehrer-
gehalte.
10. „ Der Cardinal Patrizi beschwert sich bei der Behörde, dem General-
procurator Ghiglieri, gegen das Journal la Capitale, das eine Reihe
von Artikeln gegen die katholische Kirche veröffentlicht, und verlangt
das Einschreiten des Staates, wird aber abschlägig beschieden. Die
freie Discussion des Glaubens scheint damit thatsächlich gestattet und
der Art. 1 der Verfassung, welcher die katholische Religion als Staats-
religion anerkennt, wenigstens in der Interpretation der Curie abge-
schafft zu sein.
14. „ II. Kammer: erklärt die Gesetze über den Zwangscurs des Papier-
geldes für ungenügend und verlangt von der Regierung die Vorlegung
eines besonderen Gesetzes über Papiergeld überhaupt. Der Finanz-
minister Sella erklärt sich damit einverstanden.
— „ Der Carneval wird in Rom wieder sehr lebhaft gefeiert und na-
mentlich haben sich dazu wieder zahlreiche Fremde eingefunden; doch
hat derselbe seinen früheren specifisch römischen Charakter größtentheils
eingebüßt.
8. März. Der Herzog von Aosta (König Amadeo von Spanien) trifft
wieder in Genua ein. Derselbe wählt Turin zu seinem künftigen Wohn-
sitte. Er wird sofort wieder in die Liste der Senatoren eingetragen
und bezieht auch wieder seine frühere Apanage von 400,000 Fr.
15. „ II. Kammer: genehmigt nach einer ernsten und gediegenen Dis-
cussion die ihr vom Kriegsminister vorgelegten Militärgesetze in allem
Wesentlichen nach den Anträgen der Regierung.
Die Kammer wie das Land zeigen offenbar den besten Willen, den Wün-
schen des Kriegsministers entgegenzukommen und der Nothwendigkeit der Lage
RNechnung zu tragen. Noch wird freilich gar vieles zu thun bleiben, selbst
wenn die jetzt vorgeschlagenen Verbesserungen alle eingeführt sind. Solange
die allgemeine Wehrpflicht, der einjährige Freiwilligendienst, die Rekrutirung
der Offiziere aus den Militärschulen nicht consequent durchgeführt sind, so-
lange eine zweite Categorie besteht, welche ohne alle solide militärische Dressur
ist, solange die Freiwilligen besondere Corps bilden, solange die Militär-
schulen so wenig besucht sind, wie es der Fall ist, bleibt eben die Vermeh-
rung der Mannschaften wie der Geschütze, ja auch der Cadres, doch nur ein
Anlauf zum Bessern. Indeß scheint der kriegerische Geist doch wieder ein
wenig zu erwachen in der Nation. Die Militärschulen, welche in den Jahren
1866—1870 nicht einmal die 350 jungen Leute auftreiben konnten, die sie
damals jährlich ausbilden sollten, haben sich seit zwei Jahren bedeutend ver-
mehrt und erreichen schon beinahe die Zahl von 450, welche bei dem jetzigen
Bestande der Armee erfordert wird. Etwas über 200 Offiziere werden da-
neben nach französischem Vorgange jährlich aus den Unteroffizieren genommen.
Die aubtase ist, daß das nationale Jere an der Armee wieder erwacht
ist. Gerade für Italiener gt das Heer durchaus nicht bloß eine Nothwen-
digkeit der nationalen Unabhängigkeit, es ist ihm vor allem als Volksbil-
dungsschule nothwendig: und in der That dürfte man schwerlich eine Armee