der Aufftieg von Ikombe auf das Kingagebirge, mit
dem die Reise ihren Anfang nahm, war ungemein
beschwerlich.
Auf der Station Bulongoa trafen die Missionare
die Vorbereitungen für die Weiterreise. Die liebe
Frau Missionar Hübner rührte ihre fleißigen Hände
mit Freuden für die Brüder. Brot und Reisezwieback
wurde gebacken, ein Schwein wurde geschlachtet und
fast ganz zu Wurst verarbeitet; denn gut geräucherte
Wurst hält sich auch in den höher gelegenen Gegen-
den Afrikas recht gut.
Am zzweiten Reisetage, der ein Sonntag war,
ruhte man auf der Station Tandala, wo der Gottes-
dienst auch von den Umwohnern gut besucht war.
Man feierte einen deutschen Gottesdienst. Am 11. Juli
aber ging es in nordöstlicher Richtung weiter. Die
Landschaft war öde, ohne Baumwuchs, der sich hier
nur in den tieferen Schluchten findet, aber in der
frischen Gebirgsluft marschirte es sich leicht, blieb
man doch beständig in einer Höhe über dem Meere
von 6000 Fuß und darüber. Am Abend war in
solcher Höhe die Kälte empfindlich, so daß selbst den
Europäern Ueberzieher willkommen waren und die
Kondeleute der Begleitung, welche nur die Hitze und
Wärme ihres heimathlichen Tieflandes kannten, leidend
wurden. Am dritten Marschtage wurde die Wasser-
scheide zwischen dem Nyassasee und den Flüssen über-
schritten, welche sich an der Ostküste in das Meer
ergießen. Hier überschritt man die Grenze der Land-
schaft Ubena, die ein Theil des Hehelandes ist. Das
Land war angebaut; über die reißenden Gebirgsbäche
führten Hängebrücken oder waren Baumstämme gelegt,
die als Stege dienten. Es zeigten sich auch bald
Temben, flache, einen Hof umgebende Gebäude. Ein
gutes Zeichen aber für die Freude, mit der die
Missionare von der Bevölkerung bewillkommnet
wurden, war ein Stück Weg, das man durch Ebnen
des Bodens für sie hergerichtet hatte. Bald kamen
ihnen auch Häuptlinge entgegen, sie zu begrüßen.
Am 13. Juli traf die Karawane bei dem Häuptling
Ngela ein, der die Brüder gerufen hatte. Seinem
Drängen und seinen Bitten mußte nachgegeben werden,
„die Bena halten uns fast mit Gewalt fest“, heißt
es in einem Tagebuch, und die Brüder entschieden
sich dafür, gleich hier die erste Station anzulegen.
Eine steinige Anhöhe, die Kidugala heißt, wurde zum
Bauplatz gewählt, und am 17. Juli der erste evan-
gelische Gottesdienst im Hehelande gehalten, welchem
der Häuptling mit einer großen Zahl seiner Leute
beiwohnte.
Wenn die Brüder hier hätten zusammen bleiben
können, wäre ihnen die Arbeit beim Aufbau der
Station leichter geworden. Aber sie wollten gleich
zwei Stationen besetzen, wozu sie auch die Erlaubniß
des Komitees in Berlin hatten. So zog Missionar
Bunk am 19. Juli mit Bruder Neuberg weiter
nach Osten, und die Brüder Gröschel und Prie-
busch blieben auf Kidugala allein. Von der Sprache
des Volkes verstanden sie nichts, und vom Aufbau
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afrikanischer Häuser verstanden sie auch nicht mehr.
Im Zelt begann es ungemüthlich zu werden. In
den Nächten wehte ein kalter scharfer Wind, der an
den Stricken riß und einmal eine Zeltstange brechen
ließ. Trotz dreier dicker wollener Decken und eines
wollenen Schlafanzuges konnten die Zeltbewohner
nachts oft nicht warm werden. Am dritten Tage
kamen die Eingeborenen, von denen sie gerufen waren,
und trugen drei Tage lang Stangen herbei zum Bau
eines Hauses, den sie auch selbst ausführten. Die
Missionare gaben nur den Grundriß an und zeigten,
wo Thür= und Fensteröffnungen sein sollten. So
wurde ihnen eine Tembe“ gebaut. die aber höher
war als die der Eingeborenen. Stange wurde an
Stange in die Erde eingelassen, und oben wurden
sie mit Bast und Rohr durchflochten und verbunden.
Schließlich wurden die Wände von innen und außen
dick mit Lehm beworfen. Das eiwas gewölbte, sonst
flache Dach ruhte auf Langbalken, die von Trägern
gestützt wurden. Das Dach selbst bestand aus Lagen
von Stangen und Rohr und endlich Erde. Nach
drei Wochen war das Haus fertig zum Einziehen.
Aber die Arbeit daran hörte noch nicht auf. Der
Fußboden wurde mit Luftziegeln belegt, und Bruder
Gröschel zimmerte sogar eine feste Hausthür, wäh-
rend man sich bei den übrigen Thüren und Fenstern
noch mit Vorsetzern aus Rohr begnügen mußte.
Nachdem in der Küche ein Schornstein, Herd und
Backofen gemauert waren, und Alles mit Schlemm-
kreide weiß getüncht war, sah es bald in dem Hause
und um das Haus ganz gemüthlich aus. Die Ein-
geborenen hatten sich bei allen Arbeiten ziemlich ge-
schickt angestellt, selbst das Sägen von Brettern hatten
sie dabei gelernt und geübt.
Gelegenheit, den Heiden nahe zu kommen, bot
den Missionaren die Behandlung der Kranken, deren
sich täglich eine immer größere Anzahl einstellte, be-
haftet mit großen und kleinen Gebrechen.
Eine Abwechselung in das Leben brachte der
Besuch eines deutschen Offiziers mit Mugandiloa,
dem Sohne des in den Missionsberichten schon oft
genannten verstorbenen Häuptlings Merere, der von
250 Mann begleitet war. Auch der Sohn eines
Benahäuptlings erschien, der sich gebildet vorkam,
andern aber mehr eingebildet als gebildet erschien.
Er war mit einem europäischen Tropenanzug bekleidet
und mit einem Tropenhut ausgerüstet, Schuhe hatte
er nicht, versuchte aber, solche von den Missionaren
zu erbetteln.
So arbeiteten die beiden jungen Missionare in
treuer Gemeinschaft, durch welche jeder von ihnen
die schwere Anfangsarbeit leichter ertrug, als plötzlich
am 16. September von dem weiter nach Osten vor-
gegangenen Missionar Bunk die Botschaft eintraf,
Bruder Priebusch möge sofort aufbrechen, um weiter
nach Norden hin eine neue Station zu beziehen.
Bruder Gröschel blieb allein zurück. Bruder Prie-
busch machte sich bald auf die Reise und traf den
Br. Bunk auf Mufindi, der zweiten Station, die