Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

Zeit vom 15. Januar bis 15. November verboten 
werden mußte; ausgenommen von dem Verbote ist 
nur solches Rindvieh, welches mit der Bahn oder 
auf dem Seewege zum sofortigen Schlachten in die 
Nordstaaten eingeführt wird. 
Das Fieber tritt hauptsächlich in den heißen 
Sommermonaten auf; es erscheint plötzlich, und wo# 
es eine Herde empfänglichen Viehes trifft, befällt 
es alle Thiere fast gleichzeitig. Das erste Krankheits- 
zeichen ist für den wachsamen Beobachter eine Er- 
höhung der Körperwärme, welche normal 38 bis 
39° C. beträgt, auf 40.6 bis 42,2° C. Der ganze 
Körper fühlt sich heiß an, Puls und Athmung 
werden beschleunigt. Im weiteren Verlauf der Krank- 
heit tritt Rothfärbung des Urins durch ausgeschie- 
denen Blutfarbstoff auf. Eine mikroskopische Unter- 
suchung des Blutes ergiebt eine Verminderung der 
Zahl rother Blutkörperchen von normal 6000000 
auf 2 bis 1,5 Millionen im Kubikmillimeter. Der 
ausgeschiedene Blutfarbstoff lagert sich auch in den 
inneren Organen ab und vergrößert sie. Diese Blut- 
zersetzung ist charakteristisch für das Texasfieber und 
das Werk eines der niedersten Thierwelt angehörigen 
mikroskopischen Lebewesens, des Pyrosoma bige- 
minum. 
Eine weitere Untersuchung des vom Texasfieber 
befallenen Rindviehes ergiebt stets das Vorhanden- 
sein einer Zecke Boophilus bovis, welche in 
Massen die Haut der Thiere bevölkert und offenbar 
der Träger oder Uebermittler der Krankheits- 
erreger ist. Dieser Parasit übt seine verderbliche 
Wirkung auf das eingeborene Vieh nicht aus, denn 
dieses ist, wie oben erwähnt wurde, immun. Da- 
gegen erzeugt eine Zecke, welche auf immunem Vieh 
lebte, unfehlbar Fieber auf den nicht eingeborenen 
Thieren. Nicht festgestellt ist bis jetzt, ob der Parasit, 
um die Seuche zu verbreiten, vorher auf einem 
immun geborenen (oder nach überstandener Krankheit 
immun gewordenen) Rind gelebt haben muß. Jeden- 
falls haben die von der Station zu Baton-Rouge 
angestellten Versuche ergeben, daß eine Fernhaltung 
oder Vernichtung der Zecke die im Uebrigen für das 
Fieber empfänglichen Thiere vor Erkrankung schützte 
und umgekehrt. Die Maßregeln zur Bekämpfung 
der verderblichen Krankheit sind daher in erster Linie 
auf die Vernichtung jener Zecke gerichtet; der Bericht 
enthält deshalb auch eine eingehende Beschreibung 
des Entwickelungs= und Lebensganges, der Lebens- 
weise und Lebensbedingungen des Parasiten. Das 
Weibchen legt hiernach 1500 bis 3000 Eier, welche 
im Sommer nach 15 bis 20 Tagen ausgehen. Die 
sechsbeinigen Jungen (seed tick) kleben massenweise 
an Grashalmen und Sträuchern und warten mit 
dem vorgestreckten vorderen Beinpaare auf das vor- 
überkommende Weidethier, an dessen Haut sie sich 
sestsangen. Nach weiteren 12 bis 15 Tagen findet 
die zweite Metamorphose in das achtbeinige, aber 
noch nicht geschlechtsreife Insekt statt; erst nach einer 
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. 
dritten Häutung, nach Verlauf von weiteren vier bis! 
sechs Tagen, ist die Entwickelung vollendet und die 
befruchteten Weibchen fallen zur Erde, um dort nach 
wenigen Tagen ihre Eier abzulegen. Außer zu 
diesem Zweck verläßt der Parasit seinen Wirth nicht. 
Die Witterung beeinflußt nur in geringem Maße 
die Vermehrung der Zecke: Im intensiven Sonnen- 
licht vertrocknen die Eier, heftige Regengüsse vernichten 
die befruchteten Weibchen, eine Kälte von minus 
9,5° C. zerstört die eben ausgeschlüpften Jungen. 
Wohl aber kann man einen infizirten Weideplatz 
dadurch gesund machen, daß man ihn mindestens ein 
Jahr lang von keinem Rindvieh betreten läst: 
sämmtliche Zecken müssen alsdann verhungert sein. 
Man kann diese Methode der Zerstörung noch da- 
durch verstärken, daß man entweder das betreffende 
Land beackert oder aber es mit Schafen beweidet: 
auf ihnen kann der Parasit wegen des hohen Oel- 
gehaltes der Wolle nicht leben (aus diesem Grunde 
sind auch Plätze, die von Rindvieh und Schafen zu- 
gleich beweidet werden, nie stark verseucht). Bevor 
man auf solche entseuchte Weiden heimisches Vieh 
zuläßt, ist dieses durch das unten zu beschreibende 
Oelbad von den anhaftenden Zecken zu befreien. Durch 
ein geeignetes Zusammenwirken der Herden= und 
Weidebesitzer ließe sich auf diese Art schlagweise das 
ganze Land entseuchen. Auch durch die bloße Stall- 
haltung der eingeführten und daher fieberempsäng- 
lichen Zuchtstiere ließen sich diese vor Ansteckung 
bewahren. 
Wie bereits erwähnt, ist Oel (und zwar sowohl 
Pflanzen= als Fisch= und Mineralöl) der Rinderzecke 
direkt tödlich. Man hat daher große Bassins her- 
gestellt, sie sechs Fuß hoch mit Wasser gefüllt, auf 
welchem eine zolldicke Oelschicht schwimmt, und in 
diese Bassins das mit Zecken behaftete Vieh getrieben. 
Ein solches dreimal wiederholtes Bad soll das süd- 
liche Vieh für die nördlichen Märkte völlig unge- 
fährlich machen. Die von der Anstalt gemachten 
Versuche mit Serum haben kein günstiges Ergebniß 
gehabt: von vier mit Serum behandelten Versuchs- 
kühen starben zwei, während der Verfasser von den 
beiden anderen zugiebt, daß man für ihre Heilung 
kaum das Serum verantwortlich machen könne. 
Dagegen bestätigen die Versuche auf infizirter 
und desinfizirter Weide das in Vorstehendem Gesagte 
und es ist zu hoffen, daß die Nutzanwendung dieser 
dankenswerthen Untersuchungen zu einer wirksamen 
Bekämpfung und schließlich zur Ausrottung der höchst 
gefährlichen Krankheit auch in unseren Schutzgebieten 
führen wird. 
  
Titteratur. 
Schwabe, Kurd (Oberleutnant im I. Seebataillon): 
Mit Schwert 
Vier Kriegs- 
Karten und 
und Pflug in Deutsch-Südwestafrika. 
und Wanderjahre. Mit zahlreichen 
Abbildungen nach photographischen
	        
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