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geld) auferlegt wurde. Die Strafe wurde mir inner-
halb der festgesetzten Zeit nach Kaboteron überbracht.
Weiterhin besuchte ich mit dem Boot einige bisher
herrenlose, von der Neu-Guinea-Kompagnie okkupirte
Inseln sowie die im Eigenthum des Händlers Ruge
stehende Insel Nusaum.
Am 5. März fuhr die „Alexandra“ auf mein
Ersuchen nach Kabien (Neu-Mecklenburg). Nach Aus-
sage der Eingeborenen im Nusafahrwasser sollten die
Kabienleute vor zwei Monaten die Insel Lelikon
überfallen und einige Leute getödtet haben. Die übrig-
gebliebenen Lelikonleute waren nach Kaboteron ge-
flüchtet. Ich nahm drei der Letzteren, von denen
einer noch eine frische, von einem Gewehrschuß her-
rührende Narbe aufwies, mit nach Kabien. An
letzterem Platz waren alle Eingeborenen mit Einschluß
der eingeborenen Arbeiter des dortigen weißen Händ-
lers bei meiner Ankunft geflüchtet. Von einem Vor-
gehen gegen dieselben oder ihr Eigenthum nahm ich
Abstand, da einmal Europäer nicht unmittelbar durch
den Ueberfall geschädigt sind, andererseits aber den
Kriegszügen der Eingeborenen meist alte Fehden zu
Grunde liegen, und ein einseitiges Vorgehen daher
möglicherweise ungerechtfertigt sein würde. Die
Kämpfe der Eingeborenen untereinander durch Be-
strafung eines jeden Friedensbruchs zum Aufhören
zu bringen, war bei den bisherigen Machtmitteln der
Verwaltung unmöglich.
Am 6. März kamen wir mit der „Alexandra“
in Lawangai (Neu-Hannover) an, wo die Neu-Guinea-
Kompagnie einen chinesischen Händler eingesetzt hat.
Die Eingeborenen machten hier einen zugänglichen
und liebenswürdigen Eindruck. Ich besuchte die
nächstgelegenen Plätze an der Küste.
Am 10. März lief die „Alexandra“ die kleine
Insel Kung an, die im Besitz des Händlers Gang-
loff steht. Von hier aus besuchte ich einige andere
kleine Inseln, wo ich überall eine freundliche Be-
völkerung vorfand.
Von Kung aus fuhr die „Alexandra“ nach der
Insel Zeni, einer mit zwei Chinesen besetzten Händler-
station der Neu-Guinea-Kompagnie.
Auf Neu-Mecklenburg Ostseite wurden die Händler-
stationen Lanan und Fissaua angelaufen. Die Ein-
geborenen zeigten überall ein zugängliches, friedliches
Wesen. Die fast beständig währenden Kämpfe der
Eingeborenenstämme untereinander in dieser Gegend
sind durch die Vermittelung des der Sprache kundigen
Händlers Wagenbrett in Fissaua vor einigen Mo-
naten zum Theil zu einem Abschluß gelangt. Es
ist zwischen mehreren feindlichen Stämmen ein förm-
licher Friede durch Uebersendung eines zerbrochenen
Speers und Austausch von Tapsoka geschlossen und
durch ein großes gemeinsames Festessen besiegelt
worden.
In dem unweit Fissaua gelegenen Leineru waren
1897 zwei weiße Händler angegriffen worden. Beide
waren verwundet entkommen. Eine spätere Unter-
suchung durch Herrn Dr. Hahl hatte ergeben, daß
die Händler durch unvorsichtiges Benehmen den An-
griff selbst verschuldet hatten, weshalb von einer
Bestrafung der Eingeborenen abgesehen war. Jetzt
befindet sich dort ein chinesischer Händler.
Der Menschenfraß gilt in diesen Gegenden noch
als etwas Selbstverständliches. In Leineru sah ich
unter Anderem auf einem Baum neben einem Schweins-
schädel einen Menschenschädel aufgestellt. Auf mein
Befragen wurde mir gesagt, daß es der Schädel
eines im letzten Kampfe getödteten Feindes wäre, der
beim darauf folgenden Festmahl verzehrt sei. Es
wurde mir sogar der Name des Verzehrten, eines
früher im Herbertshöher Laden beschäftigt gewesenen
Eingeborenen, genannt, den nach seiner Rückkehr in
die Heimath dies Schicksal ereilt hatte. Aus dem
Benehmen der Leute, welche sich gegen uns freundlich
und entgegenkommend zeigten, ging hervor, daß sie
das Verzehren des getödteten Gegners als ihr gutes
Recht betrachteten. Die Unsitte wird erst dann aus-
gerottet werden können, wenn die Verwaltung in der
Lage ist, häufiger in Neu-Mecklenburg Macht zu
zeigen.
Eine mir in Fissaua von Eingeborenen gemachte
Anzeige, wonach die Lauanleute mit Gewehren des
dortigen Händlers auf sie einen Ueberfall gemacht
haben sollten, konnte ich nicht mehr untersuchen, da
bei den herrschenden Winden an eine Umkehr des
Schiffes im Augenblick nicht zu denken war.
Am 17. März langte die „Alexandra“ in Teripax
auf den Gardener-Inseln an, wo sie ziemlich dicht
am Ufer ankerte. Die beiden auf der Karte ver-
zeichneten großen Inseln scheinen noch durch enge
Kanäle durchschnitten zu sein. Durch einen solchen
von Mangrove eingefaßten Kanal der nördlichen Insel,
der auf der Karte nicht angegeben ist, fuhren wir
mit dem Boot durch.
Aus Teripax sitzt ein chinesischer Händler. Ich drang
von dort aus ein Stück ins Innere vor, zum Theil
unter Benutzung des Bettes eines Gebirgsbaches, der
köstlich kühles Wasser enthielt. Der Boden war, so-
weit ich kam, fetter Lehmboden, auf dem eine üppige
Vegetation wucherte. Die Bodengestaltung und der
Pflanzenwuchs erinnerte mich in manchen Beziehungen
an die Molukkeninsel Amboina, auf der ich bei meiner
Ausreise einige Fußtouren zu machen Gelegenheit
gehabt hatte. Die Eingeborenen machten einen fried-
lichen Eindruck. Das Stammesoberhaupt übt hier
im Gegensatz zu Neu-Pommern und auch den be-
rührten Punkten Neu-Mecklenburgs anscheinend eine
große Gewalt aus, die sich sogar auf das Privat-
eigenthum seiner Stammesangehörigen zu erstrecken
scheint. «
ch In Lakurufanga auf Neu-Mecklenburg sollten
vor einiger Zeit zehn Bukas, welche von dem bedeu-
tend nördlicher in Kapsu sitzenden Händler zum Kopra-
handel die Küste hinabgesandt waren, erschlagen sein.
Da ich schon in Lanan die Nachricht erhalten hatte,
daß der Eingeborenenstamm, der die That vollbracht
hatte, auf die Kunde vom Nahen der Polizeitruppe