Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

unbewohnte Gegend am 13. April nach Ngambe. 
Das geräumte Sanserni fand ich abgebrannt. Eine 
breite Spur, von der wilden Flucht Zeugniß gebend, 
führte nach Norden. Den Aussagen Ngambes zufolge 
waren die Sansernileute vor drei Tagen geflohen. 
Der Lamido soll schwer an Dysenterie erkrankt sein. 
Weitere Nachrichten stehen noch aus, doch glaube 
ich bestimmt, daß, wenn Joko besetzt bleibt, der 
Lamido von Tibati bald um Frieden bitten und an- 
sehnliche Kriegsentschädigung zahlen wird. 
Der Häuptling Ngambe hat uns mit offenen 
Armen aufgenommen und erklärt sich zu Allem bereit. 
Leider ist er durch die elfjährige Belagerung sehr 
arm. Ich will ihn möglichst stark machen und die 
Tikarleute, die nun von Tibati abfallen, unter seine 
Hoheit stellen. Er wird dann in kurzer Zeit in der 
Lage sein, zu der Arbeiterfrage mehr beitragen zu 
können als der Balihäuptling Garega, da seine Freund- 
schaft auf anderer Grundlage bernht. 
Sodann beabsichtige ich, nach Joko zu marschiren, 
um dort unter Oberleutnant Nolte eine stärkere 
Station provisorisch anzulegen, welche auch die Ver- 
handlungen mit den Wutes beschleunigen und die 
Abmachungen mit obigen Stämmen festigen wird. 
Joko, in gesunder Lage, ist der Mittelpunkt 
sämmtlicher Straßen. 
Bei Anlage der Station Joko würde der Handel 
für das Wute= und Tikargebiet großen Absatz finden. 
Für Ngaundere und für Banjo müßten sich unsere 
Kaufleute mit besseren Waaren versehen, um die 
Konkurrenz zu schlagen. Da zur Zeit hier sehr 
theuer verkauft wird, wäre auch hier Vortheil zu 
erwarten. 
Soweit der Bericht des Hauptmanns v. Kamptz. 
Der Kaiserliche Gouverneur sügt hinzu, daß nunmehr 
Südadamaua und ein offener Handelsweg quer durch 
die ganze Kolonie bis Ngaundere und an die fran- 
zösische Grenze in der Hand der Regierung sei, ein 
Erfolg, der für die Weiterentwickelung des Kamerun- 
handels nicht hoch genug angeschlagen werden könne. 
Zu bemerken ist noch, daß Oberleutnant Nolte die 
Station Joko, Leutnant v. Arnim Yaunde über- 
nehmen wird, während Oberleutnant Dominik zur 
Küste zurückkehrt. Meldungen über den Zeitpunkt 
der Rückkehr der Truppe liegen noch nicht vor. 
  
Neue Station am Sanga-Ugoko. 
Der mit der Leitung der neu begründeten Station 
am Sanga-Rgoko betraute Forstassessor Dr. Plehn 
berichtet aus Ngoko unter dem 21. März d. Is. 
Folgendes: 
Am 13. d. Mts. bin ich in der Südostecke des 
Schutzgebietes Kamerun angelangt. 
Dem Befehl des Herrn Gouverneurs v. Putt- 
kamer entsprechend brach ich am 31. Januar d. Is. 
mit dem Dampfer „La France“ der Socicte Ano- 
477 
  
dortselbst verbliebenen Rest des Expeditionspersonals 
sowie 220 Lasten nach Bonga an der Sanga-Mündung, 
wo ich am 7. Februar anlangte. 258 Lasten mußte 
ich in Kinshassa zurücklassen. In Bonga traf ich den 
Sergeanten Gruschka mit dem vom Herrn Gouver- 
neur hinaufgeführten Theil der Expedition wohl- 
behalten an und trat die Fahrt von hier den Sanga 
hinauf an. Es standen mir zwei große Stahlboote 
der Société Anonyme Belge, ein großes, 25 m 
langes und ein kleineres, etwa 14 m langes Kanu zur 
Vetfügung. Zwei Tage mußte ich in Bonga bleiben, 
um die nöthige Anzahl Paddeln zu beschaffen. Am 9. 
hatte ich 85 Stück zusammengekauft und am 10. 
brach ich auf. Die Karawane bestand aus 4 Euro- 
päern, 90 Farbigen, 4 Weibern und 310 Lasten 
zu etwa 30 kg. 64 Mann konnten eine Paddel 
handhaben, doch waren sie sehr wenig geübt und 
konnten namentlich mit den schwerbeladenen Booten 
schlecht umgehen, so daß die Reise in den ersten 
Tagen nur langsam von Statten ging. Allmählich 
übten sie sich ein. Der Sanga ist bis Ouesso hinauf 
im Durchschnitt 600 bis 700 m breit, hat sehr viele 
Inseln und ist bei dem jetzigen niederen Wasserstand 
reich an Sandbänken; es mußte beständig gekreuzt 
werden, um eine Fahrrinne zu finden, oft mußten 
die Boote auf lange Strecken über den Sand ge- 
zogen werden. Die Strömung wechselt sehr, auf 
dem größten Theil der Fahrt war sie gering, auf 
einigen Strecken jedoch so stark, daß sie nur mit 
großer Anstrengung überwunden werden konnte. Die 
Ufer sowie die Inseln sind mit hohem, üppigem Ur- 
wald bedeckt, der nur an vereinzelten Stellen von 
Buschsavanne unterbrochen wird. Es befinden sich 
auf der ganzen Strecke nur sehr wenige Dörfer, und 
die Verpflegung der großen Karawane wäre schwierig 
und mit großen Zeitverlusten verbunden gewesen, 
wenn ich nicht von Kinshassa eine große Quantität 
Reis und Salzfleisch mitgenommen hätte. Die Thier- 
welt ist namentlich im unteren Theil des Sanga sehr 
reich, man sieht Schwärme von Reihern, Störchen, 
Marabus, Enten, Strandläufern, Kormoranen u. s. w. 
Von Flußpferden wimmelt es an einigen Stellen 
geradezu, ich habe einmal von einem Platze aus gegen 
50 Stück gleichzeitig gesehen. Elephanten, Büffel 
und Antilopen spürten sich überall am Ufer. 
Am 8. März erreichte ich Ouesso, das etwa 
10 km unterhalb des Zusammenflusses von Sanga 
und Ngoko liegt, und nahm in der dortigen Nieder- 
lassung der Societé Anonyme Belge Quartier. 
Ouesso ist ein Dorf von etwa 300 Hütten, am Fluß- 
ufer entlang gebaut. Es lag früher weiter flußauf- 
wärts auf einer großen Insel, unmittelbar vor der 
Mündung des Ngoko, und seine Bevölkerung war 
unter dem vor einiger Zeit verstorbenen Häuptling 
Minganga weithin angesehen und gefürchtet. Seit 
dessen Tode hat es an politischer Bedeutung erheblich 
verloren. Es befindet sich in Oucsso z. Zt. ein 
Agent der Socicte Anonyme Belge und einer des 
nyme Belge von Kinshassa auf und führte den Holländischen Hauses, außerdem war ein für Carnot
	        
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