Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

zwischen ihnen in den oberen Gebäuderaum ermög- 
licht. Die Vordächer werden entweder durch Pfeiler 
unterstützt, so daß die ungern vermißte und, soweit 
möglich, umlaufende Veranda entsteht, oder, wenn 
besondere Raumverhältnisse dies verbieten, durch 
Konsolen. Dieser Schutz gegen die Sonnenstrahlen 
muß so wirksam sein, daß dieselben nicht die Mauer- 
wände treffen, so daß verhindert wird, daß eine be- 
stimmte Wärmemenge aufgespeichert wird, die in der 
Nacht die Zimmerwände zu einem Heizkörper ge- 
stalten würde. Bei mehrstöckigen und höheren Ge- 
bäuden ist demgemäß die Anbringung dieser Schutz- 
dächer in mehreren Höhen erforderlich, nach der 
horizontalen Theilung, wie sie durch die Stockwerks- 
theilung in den meisten Fällen sich von selbst ergiebt. 
Nicht ausgeschlossen ist dabei die Anlage einiger Aus- 
und Durchsichtspunkte durch Unterbrechung dieser 
Dachlinien vermittelst vorgeschobener Giebelchen. Die 
unteren Schutzdächer werden sachgemäß als senkrechte 
Wände ausgebildet, die vom oberen Fußboden bis 
auf die Augenhöhe des unteren Stockwerks hinab- 
reichen und am besten als große, luftdurchlässige 
Jalousiewände ausgebildet werden. 
Die Lichtfrage ist unter der Tropensonne am 
einfachsten gelöst, da die Luftöffnungen selbst im 
Schatten überall soviel Lichtstrahlen durchlassen, daß 
den allgemeinen Anforderungen nach dieser Richtung 
Genüge geschieht. In sonst abgeschlossenen Räumen, 
und wo es auf erhöhte Lichtzuführung ankommt 
(wie z. B. in Operationsräumen), ist die Anlage der 
Fensteröffnungen in jeder Ausdehnung geboten. An 
der Küste wird der Glasverschluß nicht entbehrt 
werden können. Die Veränderbarkeit der Lichtquelle 
wird durch verstellbare Holzialousien gesichert, wie 
sie auch in der Kolonie bereits üblich sind. 
Die Abführung der Abwässer und Ab- 
fälle findet nicht überall am besten durch Wasser- 
spülung statt, jedenfalls nur do, wo eine kräftige 
andauernde Spülung den Austritt der Gase un- 
bedingt verhindern kann, die bei der erhöhten Tem- 
peratur in vermehrtem Maße verdunsten als im 
gemäßigten Klima und um so leichter Durchgang 
finden, je mehr die Wasserschlüsse der absorbirenden 
Hitze nachgeben müssen. In den Städten Indiens 
und Ceylons habe ich keine durchgeführte Kanali- 
sation angetroffen, was wohl seinen Grund in dem 
angeführten Umstand findet. Auch ist die Abführung 
der Exkremente und sonstiger Abfälle schon aus dem 
Grunde nicht so nöthig wie zu Hause, weil sie, 
einmal im Boden (in Senkgruben 2c.) abgesetzt, 
rasch von den vielen Würmern und anderen Thier- 
arten ausgezehrt werden, wie sie in dieser Menge 
nur in den Tropen vorkommen. Nöthig bleibt 
natürlich immer die Unschädlichmachung der Stoffe, 
so lange sie im Hause (oder besser in dem mit 
ersterem verbundenen Nebengebäude) verbleiben, bevor 
sie abgefahren werden. Das geschieht nach dem 
Muster der Einrichtung in Colombo am besten und 
geradezu geruchlos durch Vermengung der Abfall- 
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stosse mit Humusboden oder mit den Rückständen 
der Kokosfaserausbeutung. Die vollständige Zer- 
störung der Abfälle, wie sie bei Epidemien zur 
Forderung wird, geschieht durch Verbrennung in 
einfachen, den Kalköfen nicht unähnlichen Anlagen. 
Das Baumaterial richtet sich in erster Linie 
nach der Widerstandsfähigkeit gegenüber der Wärme, 
der Feuchtigkeit und dem Angriff der weißen Ameise, 
die in Indien in noch größerem Maße zu wüthen 
scheint wie in Afrika. Merkwürdigerweise findet 
man trotzdem viele Holzbauten, vornehmlich wegen 
des vorzüglichen und in Indien nicht kostspieligen 
Teakholzes. Der billige und gute Korallenstein 
unserer Küste wird aber immer vorzuziehen sein. 
Die Dachdeckung mit Wellblech und jedem anderen 
Metall kann wegen ihrer Mängel nur ein vorüber- 
gehendes Surrogat sein für Steindächer. So lange 
die Ziegelfabrikation aus Mangel an dem geeigneten 
Material nicht durchführbar ist, wird es sich bei 
allen besseren Bauten und Wohlfahrtseinrichtungen 
empfehlen, das zwar theuere, aber den an das 
Tropendach zu stellenden Anforderungen des Wärme- 
schutzes und der Regendichtigkeit einzig entsprechende 
indische Dachziegelmaterial zu verwenden. Der Preis 
für Falzziegel von 42 Rupien für 1000 Stück loco 
Bombay ist im Verhältniß zu dem Material nicht 
hoch und erhöht sich für die Kolonie nicht zu sehr, 
wenn der Bezug des Materials so eingerichtet wird, 
daß er zur Zeit des Nordostmonsuns vermittelst 
ganzer Dhauladungen erfolgt. Besondere Sorgfalt 
legt der Engländer auf die Mörtelbereitung unter 
maschineller Bearbeitung. Es ist eine Mischung 
zwischen hydraulischem Kalk, Ziegelmehl und Sand, 
die mit dem allgemein verwendeten Ziegelstein eine 
innige Verbindung eingeht, ähnlich wie die homogene 
Vermischung des Korallensteins mit dem Korallen-= 
Kalkmörtel. Nachahmenswerth ist ein besonders 
vorzüglicher Wandputz mit Muschelkalk, den ich in 
Madras antraf, der sich zunächst weich und auch 
für dekorative Zwecke bequem verarbeiten läßt, um 
dann zu einer alabasterähnlichen Gesteinschicht zu 
erstarren, die wegen ihrer schönen Oberfläche jeglichen 
Anstrichs entbehren kann und große Dauerhaftigkeit 
besitzt, auch sich bequem reinhalten läßt. Auch für 
dekorative Zwecke kann es keinen schöneren und 
praktischeren Wandputz geben. Der Fupßboden ist 
der bekannte Cementestrich event. mit Plattenbelag, 
die Zimmerdecke Holzdecke. Meist trägt die Holz- 
balkendecke eine Lage besonders geformter Ziegel- 
platten, über die sich eine dickere Konkretschicht aus- 
breitet, eine nicht nachahmenswerthe Konstruktion mit 
Hinsicht auf die Streckbarkeit des Holzes, seinen 
Feuchtigkeitsschutz und vor Allem den Grundsatz, daß 
das vergänglichere Material nicht die Grundlage und 
Stütze des dauerhafteren bilden soll. Eiserne Träger 
verdienen in diesem Falle den Vorzug. 
Die angeführten Gesichtspunkte bestimmen die 
Einzelanordnungen, die im Wesentlichen den 
Unterschied zwischen den indischen Tropenbauten und
	        
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