Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

die belgische „Kolonie“, zu bieten. Es ist dabei 
nicht unsere Absicht und würde auch nicht in den 
Rahmen des vorliegenden Berichtes passen, eine 
Studie über die politischen, ethnographischen und 
sonstigen Verhältnisse zu liefern, obwohl sich darüber 
ja sicher viel Interessantes sagen ließe: Wir wollen 
nur Thatsachen und Zahlen zusammenstellen, welche 
sich auf die Entwickelung des Handels und der Ver- 
kehrsverhältnisse beziehen. 
*) Nach dem Berliner Vertrage dürfen im 
Kongostaate keiner Nation Vorzugsrechte bezüglich 
der Zölle eingeräumt werden; diese Zölle sind ge- 
meinschaftlich mit den angrenzenden Ländern fest- 
gesetzt worden, und zwar bestehen nicht nur Einfuhr-, 
sondern auch Ausfuhrzölle; letztere betragen pro 
100 kg: für Kaffee Frcs. 3, Kautschuk Frcs. 40, 
Palmöl Frcs. 2.25, Palmnüsse 1,40 Frcs., Kopal 
roth 8,25 Frcs., weiß 1,50 Frcs., Elfenbein in 
Stücken 100 Frcs., Zähne bis 6 kg 160 Frcs., 
darüber 210 Fres., Bei der Einfuhr haben zu 
zahlen: Waffen, Munition und Salz 10 péCt., Schiffe, 
Dampfmaschinen, mechanische Apparate, Werkzeuge 
für Industrie und Landwirthschaft, Eisenbahnmaterial 
(bis zur Inbetriebnahme der Strecke), wissenschaft- 
liche Instrumente, lebende Thiere und Seämereien 
3 pCt., Spirituosen 15 Frcs. per Hektoliter, alle 
sonstigen Artikel 6 pCt. vom Werthe. Der Ge- 
sammtertrag der Zölle wurde pro 1898 auf 
3 500 000 Frcs. veranschlagt. 
Der Generalhandel des Kongostaates, welch letz- 
terer, nebenbei bemerkt, eine Oberfläche **) von 
2¼ Mill. Quadratkilometer hat und dessen Ein- 
wohnerzahl auf 30 000 000 geschätzt wird, betrug 
im Jahre 1898 für die Ausfuhr 25 306 000 Frcs. 
und für die Einfuhr 25 185 000 Frcs. Von der 
Ausfuhr gingen nicht weniger als 20 187 000 Frcs. 
nach Belgien; das an zweiter Stelle kommende Land 
ist Holland, jedoch ist der Abstand ein gewaltiger, 
denn Holland erhielt nur Waaren im Betrage von 
3 637 000 Frocs. 
Ueber den Spezialhandel des Kongostaates be- 
stehen offizielle Statistiken seit Mai 1892. Danach 
betrug die Einfuhr 
1892 (8 Monate) 4 984 000 Frcs. 
1893 9175000 
1894 11 195 000 = 
1895 10 685 000 = 
1896 15 228 000 = 
1897 22 181000 = 
1898 23 084 000 = 
Von diesem Spezialhandel entfallen auf die bel- 
gische Einfuhr: 
  
F. Gollurt, I’(lEusre coloninle du Rei. 
** Die Oberfläche des Kongostaates ist also ungefähr 
viermal so groß als diejenige des Deutschen Reiches. Die 
deutschen Schutzgebiete zusammen genommen sind nicht viel 
größer als der Kongostaat (Togo 82 300, Kamerun 495000, 
Deutsch-SZüdwestafrika 835 0(X), Deutsch-O stafrika 995 000, 
Neu-Guinea 252 000, Marshall-Inseln 400, zusammen 
2;659 800 dkm). 
  
1892 (8 Mon.) 1 913.,000 Fres. — etwa Zzpct. der Ges. Einf. 
4 
1893 4 423 000 —- 
1894 6228000 — „ 56 = 
1895 6 003 Cu0 . 56 = 
1896 10 162 000 — 67 — 
1897 16272 000 — 73 — 
1898“) 15 468 000 — 67 
Vergleichsweise fügen wir hinzu, daß aus ng. 
land, welches unter den Importeuren am Kongo an 
zweiter Stelle kommt, im Jahre 1898 nur Waaren 
im Betrage von 3757 000 Frocs. eingingen. 
Die belgische Einfuhr hat sich nach obiger Sta- 
tistik in den fünf Jahren von 1893 bis 1897 ver- 
vierfacht. Immerhin sind jedoch diese Waaren, ob- 
gleich von Belgien kommend, nicht immer belgischen 
Ursprungs. Wir finden darunter besonders ver- 
schiedene Lebensmittel, welche Belgien nicht hervor- 
bringt, wie Wein und andere Getränke, Thee, Ge- 
würze 2c., und ebenso Industrieerzeugnisse, die nicht 
in Belgien hergestellt werden oder wenigstens bisher 
nicht hergestellt wurden, Glasperlen, gewisse Ge- 
webe 2c. Andere Produkte werden über kurz oder 
lang nicht mehr nach dem Kongo geliefert werden 
können, sobald derselbe nämlich in der Lage sein 
wird, solche selbst hervorzubringen, wie Reis, Ge- 
treide 2c. Indessen stellen diese beiden Kategorien 
doch nur einen kleinen Theil der belgischen Einfuhr 
dar, und außerdem können manche Waaren, welche 
vor Kurzem noch für Lieferungen nach dem Kongo 
vom Auslande bezogen werden mußten, heute schon 
von Belgien geliefert werden; so kamen früher die 
baumwollenen Gewebe für den Kongo meist aus 
England, während heute schon 75 pCt. dieses Im- 
portes durch Waaren belgischen Ursprungs gedeckt 
werden. Die Konservenindustrie ist durch die Be- 
dürfnisse des Kongostaates in Belgien sozusagen erst 
geschaffen worden, und ebenso dürften auch in ab- 
sehbarer Zeit die Glasperlen, für welche ja am 
Kongo bedeutender Absatz ist, nicht mehr vom Aus- 
lande bezogen werden. Eine Glasperlenfabrik ist 
in Belgien bereits im Entstchen begriffen. 
Daß für die Erzeugnisse der Moctallurgie Belgien 
in jeder Beziehung leistungsfähig ist, ist bekannt, 
und daher naturgemäß, daß es den Markt am Kongo 
hierin beherrscht. Von den einfachsten Ackergeräthen 
bis zu den Dampfbooten, welche auf den Gewässern 
des Kongostaates verkehren, Eisenbahnmaterialien 2c., 
Alles kann von der belgischen Industrie gekliefert 
werden, und der Kongostaat, in welchem ja noch 
Alles zu schaffen ist, wird nothwendigerweise ein 
Annm. d. Red.: Hierzu entnehmen wir Zeitungsnach- 
richten folgende Notiz: Die Kongoregierung hatte amtlich für 
die belgische Einfuhr nach dem Kongo folgende Zahlen für 1898 
angegeben: Generalhandel 15 658 123 Frcs., Spezialhandel 
15 468 565 Fres. Das belgische Finanzministerium ver- 
öfsfentlicht dagegen für 1898 folgende amtliche Zahlen: 
Generalhandel 11 805 000 Fres., Spezialhandel 9209 000 
Fres. Das „Morv. Géogr.“ erklärt diesen gewaltigen 
Unterschied, daß der Werth aller nach dem Kongo ein- 
gefuhrten Waaren für die Erhebung der Einfuhrzolle um 
20 pCt. erhöht wird. Diese 20 péEt. stellten die Kosten für 
die Beförderung, für die Versicherung und Provision dar.
	        
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