Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

aus zwei spärlichen Quellen, welche auf etwa ein 
Sechstel der Höhe des Berges hervortreten und in 
unterirdischen Abflüssen dem Nyaburera-See zufließen; 
deshalb konnte ich hier nicht lagern, sondern mußte 
nach etwa 3 ½/ Stunden nordwärts marschiren bis 
zur Quelle des Nitschugubaches. Den Ufumbiro, 
welcher noch zwei bis drei Tagemärsche westlich liegen 
soll, konnte ich nicht sehen. 
Am 5. April gab ich der Karawane einen Ruhe- 
tag und marschirte am 6. südlich bis dicht an den 
Berg heran, um die Seen zu umgehen. 
den Tage schickte ich Premierlieutenant v. Grawert 
in südlicher Richtung mit der Kolonne voraus, da 
großer Wassermangel war, und bestieg mit dem Laza- 
rethgehülfen Pfeuffer, zwei Askaris und fünf Trä- 
gern den Berg, um von ihm aus Peilungen vorzu- 
nehmen. Durch Regen und Nebelwetter überrascht, 
konnten wir nicht bis zur Spitze vordringen und 
mußten auf etwa zwei Drittel der Höhe übernachten; 
unsere Führer waren schon auf dem ersten Sechstel 
entflohen. Am 8. April erreichte ich um 1 Uhr nach- 
mittags in starkem Nebel, der sich nur auf kurze 
Augenblicke lichtete, den Gipfel und fand in dem 
Krater, von etwa 100 bis 150 m Durchmesser, einen 
bis zum obersten Rand gefüllten, kreisrunden Krater- 
see, welcher in unterirdischem Abfluß sein Wasser durch 
einen nur auf eine kurze Strecke sichtbaren Wasserfall 
nach der Ostseite zu abgiebt. 
Da Regen und Nebel stärker wurden, trat ich 
nach einer halbstündigen Rast den Rückmarsch an, 
erreichte nach Sonnenuntergang das alte Lager und 
am nächsten Tage die Kompagnie am Nyaburera-See. 
Die Höhe des Kirunga schätze ich auf 4000 
bis 5000 m. 
Der Marsch führte an dem Seeufer auf einem 
hohen Bergrücken entlang. Nach 2½⅛½ Stunden kamen 
wir bei einem tiefen, sehr steilen Durchbruch des 
Bergrückens an, durch welchen der Nyaburera-See 
in einem 2 bis 20 m breiten, über 1 m tiefen Bach 
„Nyaruka“ (wohl „springendes Wasser") sein Wasser 
in neun Fällen zu dem 80 bis 100 mr tiefer liegen- 
den Nyaruhondo-See abgiebt. Beide Seen sind 
landschaftlich herrlich, von tiefblauer und grünlicher 
Färbung mit größeren und kleineren Inseln und vielen 
Ausbuchtungen versehen, umrahmt von hohen und 
mittleren Bergzügen. An dem Ostufer des Nyaburera 
konnte ich noch einen kleineren Bergsee schen, für den 
ich jedoch keinen Namen erfahren konnte; der Nyaru- 
hondo soll einen Abfluß „Tschangari“ haben, welcher 
dem Nyararongo zufließt. 
Von hier aus wandte ich mich stark nach Osten, 
um einen Mtwale, über welchen schon seit etwa drei 
Wochen Klagen geführt wurden und welcher die Ab- 
sicht geäußert haben sollte, mich zu überfallen, zu 
erreichen, und lagerte am 13. April an einem etwa 
2 km breiten und weit über 6 km langen Sumuf 
„Urngessi“ oder „Nigischanga“, gegenüber dem Dorfe 
des gefürchteten Unterhäuptlings des Kigeri „Gurue“. 
Am folgen- 
8 
  
Noch am Abend erschien eine Abordnung des 
Gurüe, welche mir seine Unterwürfigkeit versicherte 
und die Bitte vortrug, am anderen Tage bei ihm 
zu lagern; seine Leute sollten an der Herstellung einer 
Grasbrücke helfen. In der Abordnung erkannte ich 
dieselben Watwazwerge wieder, welche schon vor 
einigen Tagen ein Rind zum Geschenk gebracht hatten. 
Nachdem am folgenden Tage zwei Züge Askaris, 
sämmtliche Träger und Boys sowie eine Anzahl 
Ortsbewohner an der Herstellung einer Grasbrücke 
von früh an gearbeitet hatten, versuchte ich um 1 Uhr 
40 Min. nachmittags als Erster mit einigen Askaris 
#Sv-en Uebergang, während Premierlieutenant v. Gra- 
wert mit der Kolonne zurückblieb, bis ich die Mög- 
lichkeit des Ueberschreitens festgestellt hätte und ein 
Hornsignal den Befehl zum Aufbruch geben würde. 
Oft bis an die Hüften und bis an die Brust in 
eiskaltem Wasser watend, da die Brücke längst nicht 
vollendet war und das Strauchwerk und Gras voll- 
kommen nachgaben, erreichte ich gegen 2½à Uhr einen 
über mannstiesen, 2 bis 3 m breiten Bach. Bis 
hierher hatten die Zwerge vom jenseitigen Ufer vor- 
gearbeitet und überbrückten nun den Bach in geschick- 
tester Weise mit den geslochtenen Thüren ihrer Hütten, 
welche sie auch an besonders schlechten Stellen vor 
uns hinbreiteten. Um 3 Uhr betrat ich das andere 
Ufer, empfangen von dem Gurüue und seinen Leuten, 
meist reinen Watwa, welche kaum die Größe von 
1,40 m erreichen. 
Das Wasser des Sumpfes war so kalt, daß bei 
dem Uebergang von 28 Schlachtschafen und Ziegen 
22 an Kälte eingingen; die Karawane trat um 3 Uhr 
an, und um 8 Uhr abends traf erst die Nachhut im 
Lager ein. 
Die Zwerge brachten Holz und Lebensmittel und 
zeigten sich, entgegen der ihnen sonst nachgesagten 
mißtrauischen Hinterlistigkeit, in jeder Beziehung 
diensteifrig und zuvorkommend. 
Gurue selbst ist ein äußerst listig aussehender 
alter Zwerg von schwarzbrauner Hautsärbung mit 
weißem Haar und Bart. 
Nachdem ich die klagenden Mtwale schon vorher 
an ihr Oberhaupt, den Kigeri, gewiesen und mich 
überzeugt hatte, daß die Streitigkeiten wohl ihren 
Grund in dem Rassenhaß und darin haben mochten, 
daß der Zwergenhäuptling sich dem hochmüthigen 
Watussiregiment nicht willig fügt und die Gegen- 
parteien gleichviel an der Schuld tragen, marschirte 
ich nach einem Ruhetage in östlicher und südöstlicher 
Richtung weiter, kreuzte am 23. April in der Nähe 
des Mohasi-Sees meine Route vom 14. März, fand 
am 26. April den Mugessera-See in Kissakka, über- 
schritt am 30. April den Kagera bei Kulinkanga, 
etwa einen Tagemarsch unterhalb des Zusammenflusses 
von Nyavarongo und Akanyaro und befand mich 
somit wieder an der Grenze zwischen Nuanda und 
Urundi, welche hier durch eine große, völlig unbe- 
wohnte und unbebaute Waldsteppe gebildet wird.
	        
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