Die Bedeutung dieser Eisenbahn liegt haupt-
sächlich darin, daß sie den Kongo mit seinen Neben-
flüssen, ein Flußnetz von 18 000 km Länge, welches
jedoch durch die beim Stanley-Pool beginnenden
Katarakte vom Meere getrennt ist, mit diesem durch
einen für den Handel brauchbaren, 338 km langen
Landweg verbindet. Auf dieser ganzen Strecke mußte
der Handel früher durch Träger vermittelt werden;
es ist daher natürlich, daß an einen Handel von
irgend welcher Bedeutung bis zur Eröffnung der
Lmie Matadi—Stauley-Pool nicht zu denken war.
Ende 1890 begann der Bau der Bahn, deren
Fertigstellung über acht Jahre erforderte. Die Her-
stellung war auf 25 000 000 Frcs. veranschlagt
worden, stellte sich jedoch in der Ausführung auf
nicht weniger als 60 000 000 Frcs.
531
Jedoch wird
dieser Mehrpreis dadurch ausgewogen und die Ren-
tabilität des angelegten Kapitals gesichert, daß auch
die Einnahmen die im Voranschlage angesetzten um
das Mehrfache übersteigen.
Nach Verlauf des ersten Baujahres waren erst
2 km fertiggestellt, am Ende des zweiten Jahres
erreichte man 9 km, am Ende des driiten 16 km;
dann jedoch gingen die Arbeiten schneller vorwärts,
denn im vierten Jahre kam man schon bis zum
50. km und in weiteren vier Jahren wurden die
übrigen 338 km überwältigt. Allerdings waren die
ersten 25 km die schwierigsten. So zählt man bei-
spielsweise von Matadi bis zum km 17 nicht
weniger als 38 Brücken aus Eisen oder Stahl, dar-
unter eine von 60, eine von 40, sechs von 20 bis
30 und dreißig von 5 bis 15 m Länge. Aber auch
im weiteren Verlause der Bahn sind noch große Natur-
schwierigkeiten zu überwinden, es kommen sogar
Brücken von 100, 85, 76, 60 und 50 m Länge vor.
Eine große Schwierigkeit bildete auch die An-
lernung des Negerpersonals für die Bedienung der
Maschinen, denn der Europäer kann in diesem tro-
pischen Klima nicht die erforderliche körperliche Ar-
beit leisten, um die Maschinen zu bedienen. Die
Führung der Züge ist daher ausschließlich schwarzen
Maschinisten und Heizern anvertraut, deren An-
lernung infolge der außergewöhnlichen Beschaffenheit
der Strecke doppelt schwierig sein mußte. Nur das
Aufsichtspersonal besteht aus Europäern.
Während des Baues der Bahn waren bei der-
selben 300 weiße Angestellte leschäftigt; die Zahl
der schwarzen Arbeiter stieg zeitwerlig bis auf 9000
(Neger von der Sierra Leone, Kruboys, Senegalesen,
Monrovier, Haussa, Sansibariten), sogar Chinesen
sanden bei dem Bau Verwendung, doch widerstanden
diese nicht dem Klima.
Buls, welcher nicht nur bei obiger Feierlichkeit zugegen
war, sondern auch die Gelegenheit dazu benußt hat, an
Ort und Stelle eingehend längere Zeit Land und Leute zu
studiren, hat die bei diesem Aufenthalte gemachten Beob-
achtungen und Erfahrungen nach seiner Rückkehr zu einem
sehr lichtvollen Vortrage zusammengestellt, welcher nicht
ohne gunstigen Einfluß auf die hiesige Stimmung dem
Kongostaate gegenüber geblieben ist.
Die Lokomotiven sind verschiedener Type, die
Maschinen der Güterzüge wiegen 26 ½ t und haben-
eine Schnelligkeit von 20 km per Stunde, diejenigen
der Personenzüge sind leichter und schneller. Die-
Waggons erster Klasse sind außen aus Pitchpine,
innen aus Mahagoni oder Ahornholz; dieselben ent-
halten zwölf Drehsessel und führen ein Coupé für
Kranke. Die Reisenden zweiter Klasse werden je-
nach der Jahreszeit in offenen oder gedeckten Wagen
untergebracht.
Nachts fahren die Züge nicht; die Güterzüge
brauchen drei Tage von Matadi zum Pool, die
Personenzüge zwei, mit einem nächtlichen Aufenthalt-
in Tumba (km 187).
Schifffahrtsverbindungen.
Der untere Kongo ist bis Matadi (120 km von
der Küste), für Schiffe bis zu 3000 t schiffbar; an.
demselben liegen drei Häfen: Banana, Boma und-
Matadi. In Banana, welches direlt an der Mün-
dung liegt. liefen 1898 (abgesehen von Küstenfahrern).
122 Schiffe mit einem Tonnengehalt von 205 023 t.
ein. Boma ist die Hauptstadt des Staates und
liegt etwas weiter stromaufwärts. Schiffsbewegung
1898: 93 Schiffe mit 170 023 t Gehalt. Bei
Matadi hört die Schiffbarkeit des unteren Kongo-
auf; hier befindet sich die Kopsstation der Kongo-
eisenbahn. Matadi dürfte daher schnell zu großer
Bedeutung gelangen.
Die Verbindung zwischen den drei Häfen wird
durch fünf Dampfboote mit einem Tonnengehalt von
zusammen 200 t besorgt.
Die Dampfsschiffslinien, welche Europa mit dem
Kongostaate verbinden, sind folgende:
1. Die Compagnie Maritime Belge, welche
eine direkte Linie von Antwerpen nach Banana,
Boma und Matadi unterhält. Abfahrt von Ant-
werpen monatlich einmal, und zwar am 6. des
Monats. .
2. Die portugiesische Gesellschaft Empreza Na-
tionale, welche einen vierzehntägigen Verkehrsdienst
zwischen Lissabon und Angola eingerichtet hat und
deren Dampfer in Cabinda und San Antonio an-
der Mündung des Kongo anlaufen. Abfahrt von
Lissabon om 6. und 23. des Monats.
3. Die sranzösische Gesellschaft Chargeurs Réunis,
die monatlich einmal (Abfahrt von Le Havre oder
Bordeaux am 15. des Monats) ein Schiff nach
Madagaskar schickt, welches die Häfen des unteren
Kongo anläuft.
Trotzdem unter diesen Linien sich keine deutsche
befindet, ist der Antheil der deutschen Flagge am
Schisseverkehr mit dem Kongostaate doch recht be-
deutend. Nachstehend die Schiffsbewegung der Häsen
Boma und Banana im Jahre 1898 (ausschließlich
Küstenfahrer): 7)
: Balletin olliciel de I Etat Independunt du Congo..