Riechmann: „Gestern (6. Januar 1899) kehrte ich
wieder von meinem Besuch nach Tsumamas hierher
zurück. Bruder Kremer (von Gaub), der mit seiner
Frau sich auf einer Erholungsreise nach Walfischbai
befindet und augenblicklich bei uns in Franzfontein
weilt, begleitete mich zu der Arbeitsstätte seiner ersten
Liebe. (Kremer ist der Gründer von Tsumamas
oder Otjombuima, das früher selbständige Missions-
station war.) Die Bergdamara haben sich denn auch
sehr über das Wiedersehen ihres früheren Lehrers
gefreut. Am Vormittag des letzten Dezembers trafen
wir in Tsumamas ein. Des Nachmittags wurden
zuerst ein Theil der Taufbewerber und dann die
bereits im Vorjahr Getauften, die zum Abendmahl
vorbereitet waren, geprüft. Am Neujahrsmorgen
feierten wir mit der kleinen Gemeinde das erste
Abendmahl, das 25 Gäste zählte. Nachmittags war
Tauffest. Miss. Kremer vollzog die heilige Hand-
lung an 15 Erwachsenen, 10 Halberwachsenen und
22 Kindern; zusammen wurden also 47 Personen
getauft.“
Diesem den „Rheinischen Missionsberichten“ ent-
nommenen Briefe lassen wir noch nachstehende Mit-
theilung desselben Blattes folgen: Neuerdings hat
Miss. Riechmann noch ein anderes Arbeitsfeld in
Angriff genommen, allerdings nur vorübergehend.
Es handelt sich um Outjo, auf dem Wege vom nörd-
lichen Hereroland ins Ovamboland in der Nähe der
sogenannten Etosapfanne gelegen. Outjo war noch
vor wenigen Jahren ohne jegliche Bedeutung, hat
sich aber, seit hier eine starke Militärstation errichtet
ist, sehr bevölkert. Da es wegen seiner Lage ein
Verbindungsglied zwischen unseren Herero= und
Ovambostationen darstellen würde, wird die Besetzung
durch einen europäischen Missionar vor allen Dingen
von unseren Ovambobrüdern dringend gewünscht.
Auch die Regierung wünscht die Stationirung eines
Missionars. Dieselbe ist jetzt auch ins Auge gefaßt
(vergl. Kol. Bl. S. 409). Miss. Riechmann hat
vorderhand einen Besuch dort gemacht und einen
Gehülfen hingesandt. Der Bericht, den er uns
darüber eingesandt hat, orientirt über die näheren
Verhältnisse. Es heißt in ihm: „Ende Oktober machte
ich meine erste Reise nach Outjo, dem Sitz der Be-
zirkshauptmannschaft des Nordens. Der Weg dorthin
ist ziemlich gut, und an dem nöthigen Wasser fehlt
es auch nicht. Die Strecke ist aber 38 bis 39 Fahr-
stunden lang, und man gebraucht mit dem Ochsen-
wagen fünf Tage, um von Franzfontein nach Outjo
zu gelangen. Bei dem Bezirkshauptmann v. Estorff
fand ich die freundlichste Aufnahme und Bewirthung.
Der Platz an und für sich ist unansehnlich; ein
wellenförmiges, kalkiges, fast baumloses Gelände, das
ringsum von Höhenzügen mit spärlich bestandenem
Holz umgeben ist, bezeichnet das landschaftliche Bild.
Der weiße Staub, der in Menge vorhanden ist und
von dem oft heftig wehenden Ost= und Westwind
aufgewirbelt wird, ist ein unangenehmes Augenpulver.
Sein Ansehen hat der Ort erst durch die Anlagen
der Truppe erhalten, die dort sechs große Gebäude
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aufgeführt hat; ein siebentes, ein geräumiges Lazareth
mit 32 000 Mk. Kostenanschlag, soll nach der Regen-
zeit in Angriff genommen werden. Drei Kaufleute
sind im Orte ansässig. Die Bevölkerung ist bunt
gemischt, bestehend aus Hottentotten, Buschmännern,
Bergdamaras, einigen Hereros und Ovambos, die
fast alle von der Truppe beschäftigt und beköstigt
werden. Ihre Seelenzahl schätze ich bis zu 400.
Hauptmann v. Estorff hatte schon lange in Er-
mangelung eines Missionars einen Evangelisten oder
Schulmeister für Outjo gewünscht und da ich auch
der Ansicht war, daß etwas in dieser Hinsicht für die
Leute gethan werden müsse, so versprach ich, ihm
meinen Schulmeister Simson, falls der alte Schul-
meister Timotheus dessen Stelle übernehmen wolle,
sofort zu senden. Simson ist dann auch gleich nach
meiner Rückkehr mit Familie nach Outjo übergesiedelt.
Er erhält von der Truppe täglich seinen Proviant
und bekommt außerdem monatlich zehn Mark Gehalt.
So ist Outjo einstweilen als Filial von Franzfontein
anzusehen, bis diese Angelegenheit in anderer Weise
geregelt wird.“
Die „Rheinischen Missionsberichte“ melden aus
Deutsch = Südwestafrika Folgendes: Miss. Schaar
weilt noch am Kap und wird doraussichtlich noch
bis zum September bleiben müssen. Miss. Dannert,
der gleichfalls am Kap weilt, hoffte im Juli oder
August zurückkehren zu können. Auch Schwester Judt
hat zur Erholung ans Kap reisen müssen, und Frau
Miss. Fenchel hat sich nun doch entschließen müssen,
die Heimreise anzutreten. Am zweiten Ostertag hat
Miss. Albath von 47 Taufbewerbern zehn taufen
können.
Ueber die neueren wirthschaftlichen und missio-
narischen Aussichten im Hereroland schreibt Miss.
Viehe aus Okahandja in seinem letzten Briefe:
„Soweit ich unterrichtet bin, gedeiht das in der
Pestzeit im Lande übrig gebliebene Vieh und dessen
Nachwuchs jetzt vorzüglich. Das ist zum Theil eine
Folge des ganz außergewöhnlich vielen und günstigen
Regens. Jetzt, wo nach dem gewohnten Lauf die
Regenzeit längst vorbei sein müßte, regnet es fast
noch jeden Tag in gleicher Weise, wie es bereits eine
lange Reihe von Wochen gethan hat. Das Weidefeld
ist deshalb voll Gras, und die Gärten, soweit sie
bestellt sind, stehen prächtig. Täglich werden mir
Maisähren zum Kauf gebracht, ein Beweis, daß es
den Leuten an Nahrung nicht mehr fehlt. Zwar ist
das Land auch ganz ungewöhnlich voll Heuschrecken-
schwärme, die wohl noch monatelang ihr Vernichtungs-
werk treiben werden; aber für das vorhandene Vieh
werden sie wohl genügend Gras übrig lassen, und
weil solche Fülle von Gras vorhanden ist, haben sie
in den Gärten bisher nicht viel Schaden angerichtet.
Bereits ein paar mal durfte ich erwähnen, daß sich
in unserer Mission auch eine hoffnungsvollere Zeit
anzubahnen scheint. Hier auf Okahandja z. B., wo#
seit einer längeren Reihe von Jahren kein Fortschritt,
1 sondern vielmehr ein Rückgang zu verzeichnen war,