Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

Dem noch 1896 unerträglichen Mangel an aus- 
reichenden Zollräumlichkeiten ist durch Bau einer 
Anzahl von Zollschuppen und Errichtung von Privat= 
speichern mit Zollverschluß abgeholfen und das ganze 
zum Zollhaus gehörige Terrain umzäunt worden. 
Drei in den Berichtsjahren genügend mit Dampf- 
krähnen besetzte Piers, wovon zwei soweit verlängert 
werden sollen, daß Schiffe unmittelbar anlegen können, 
sind zur Entlöschung der auf Leichter ausgeladenen 
Güter im Betriebe, für den Passagierverkehr ist 
zwischen der Hafenkapitanie und dem Zollamt eine 
besondere Landungsbrücke seit 1897 fertiggestellt 
worden. Der südlich hinter dem Stationsgebäude 
der Stadt gelegene Sumpf soll 1899 vollständig 
ausgefüllt werden, die Beseitigung und Bebauung 
des nördlich am Abhang unter Ponta Vermelha sich 
hinziehenden, bei der Fluth unter Wasser stehenden 
Morastes hat seit 1896 und insbesondere im ver- 
flossenen Jahre große Fortschritte gemacht, und die 
von der Stadt und der Regierung in Lissabon dafür 
bewilligten Gelder dürften ein für die Ausdehnung 
der Hafenstadt dienliches werthvolles Terrain schaffen. 
Der Bau eines Leuchtthurms auf Cockburne Shoal 
am Ausgange der Delagoabai in den Indischen 
Ozean war zunächst einer französischen Gesellschaft 
übertragen und nach deren Rücktritt der englischen 
Firma Bell & Wilson abgegeben worden, die den 
Unterbau bereits vollendet hat. 
Die Industrie ist nur schwach vertreten. Außer 
den elektrischen Werken bestehen seit Ende 1896 
Stadt und Schiffe mit gutem Leitungswasser ver- 
sehende Wasserwerke, eine Eisfabrik, Soda= und 
Limonadefabriken und einige Ziegeleien und Brenne- 
reien, außerdem noch im Grenzort Ressaono Garcia 
die mit deutschem Maschinenmaterial arbeitende Sprit- 
fabrik, die aus französischen Händen in den Besitz 
einer Johannesburger Gesellschaft, der auch die 
Hatherly Destillerie gehört, übergegangen ist. 
Garten-, Land= und Viehwirthschaft ist nur ge- 
ring vertreten, ihre Ertraglosigkeit ist auf Armuth 
des Bodens, Heuschreckenplage und Viehkrankheit 
zurückzuführen. 
—... 
Cabakbau auf Sumatra. 
Die ersten Versuche mit Tabakpflanzungen auf 
der Insel Sumatra liegen 30 Jahre zurück und 
sind dem Zufall zu danken. Zwei Europäer, die, 
um Handel zu treiben, ins Land kamen, wurden 
nämlich auf den Tabak der Eingeborenen aufmerksam 
und begannen mit einem Kapital von 30 000 Gulden 
ihre ersten Pflanzversuche. Nachdem dann die auf 
den heimischen Markt gebrachte Waare Beachtung 
fand, bemächtigte sich das Großkapital der Sache. 
Es bildeten sich Gesellschaften mit Betriebskapitalien, 
wie sie zur Leitung eines größeren Unternehmens 
nothwendig sind, Vermögen wurden in kurzer Zeit 
gewonnen aber auch zum Theil verloren, und heute 
571 
  
führt der kleine Tabakdistrikt Deli mit seinen Nach- 
barbezirken jährlich für etwa 30 Millionen Dollar 
Tabak aus. Der Landerwerb geschieht pachtweise 
von den eingeborenen Fürsten meist auf 99 Jahre 
und zwar in früheren Jahren pro Jahr und Bouw 
7109 qm = 2⅜ Morgen 1 Gulden = 1,70 Mk., 
jetzt etwa 5 Gulden pro Bouw. 
Die erste Inangriffnahme eines für den Tabak- 
bau bestimmten Landes geschieht folgendermaßen: 
Der Urwald wird heruntergehauen, die irgendwie 
nutzbaren Stämme an Chinesen zum Schneiden in 
Akkord abgegeben, und der Rest, nachdem die ge- 
schnittenen Hölzer auf die inzwischen angefertigten 
in bestimmten Abständen parallel miteinander laufenden 
Wege getragen sind, verbrannt. Nachdem inzwischen 
von den Javanen die zur Entwässerung noth- 
wendigen Gräben angelegt sind, beginnt im Oktober 
die erste Umarbeitung des Bodens mit den schweren 
Hacken, im Dezember die zweite und im Frühjahr 
vor dem Einbringen der Pflanzen in den Boden die 
dritte Umarbeitung, worauf die Tabakspflänzchen 
aus den Beeten in die Felder übergepflanzt werden. 
Nach der Aberntung des Tabaks übernimmt meist 
der Eingeborens den Boden, um Reis zu pflanzen, 
der in dem mit peinlicher Sauberkeit reingehaltenen 
Tabakboden gut gedeiht. Nach der Aberntung des 
Reis bleibt das betreffende Feld acht Jahre liegen 
bis zur nächsten Bepflanzung mit Tabak und bedeckt 
sich nun sehr schnell mit kleinen Sträuchern, die sich in 
wenigen Jahren zu einem hohen, undurchdringlichen 
Busch gestalten, oder der Boden bezieht sich mit 
einem sehr wenig gern gesehenen langen Schilfgras, 
dem Alangalang, dessen verzweigtes Wurzelsystem die 
spätere Wiederbearbeitung des Bodens durch die 
Hacke schwieriger und kostspieliger macht, als das 
Klären und Bearbeiten des Urwaldbodens im Be- 
ginne einer Anpflanzung. Um diesen Feind zu ver- 
nichten, hat man nach Aberntung des Tabaks den 
Boden mit vorher in Saatbeeten vorbereiteten schnell 
wachsenden Baumarten bepflanzt, z. B. mit Albizzia 
moluccana. Nach acht Jahren werden diese 
Schonungen, die den Alangalang nicht aufkommen 
lassen, abgeholzt und zu Brennholz verwendet. Von 
der Eigenschaft der Albizzia moluccana als Stick- 
stoffsammler scheinen die Pflanzer nicht viel zu halten, 
oder kennen diese Eigenschaft des Baumes nicht. 
Neuerdings verwendet man mehrfach mit großem 
Erfolge den Teakholz= (Diatto-) Baum, der bei 
ebenso starkem Wachsthum wie die Albizzia nach 
acht Jahren schon gutes Nutzholz für die Dächer der 
Trockenscheunen liefert und durch den starken Blatt- 
reichthum den Boden mehr mit Humus bereichert, 
wie die Albizzia. Auch wird sein großes, starkes 
Blatt zur Beschattung junger Tabakpflanzen ver- 
wandt und die rauhe Oberfläche in den Tischlereien 
als Sandpapier benutzt. Die Wurzel des abge- 
schnittenen Baumes schlägt bald wieder aus, so daß 
nach Aberntung des Tabaks nur benöthigt, die zahl- 
reichen Wurzelausschläge bis auf einen abzuhauen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.