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nischen Grabens, die auf ihrer 40 bis 50 km breiten
Sohle keineswegs eben ist, sondern sich von Süden
her in allmählichem Anstiege bis zum Sattel des
Longonot, nahe beim Naivasha-See, erhebt, dann
sich aber wieder nach Norden bis zum Baringo-See
senkt, unterbrochen von einigen wellenförmigen Er-
hebungen am Elmenteita= und Nakuro-See, die nach-
weislich vulkanischen Ursprungs sind. Die Kluft
hat eine Vegetation ähnlich der Taruwüste und Athi-
ebene, ihre Seen haben salziges Wasser, nur das des
Naivasha-Sees ist einigermaßen genießbar. Das die
Kluft im Westen begrenzende Maugebirge ähnelt,
soweit man bis jetzt hat feststellen können, dem
Kikuyugebirge bezüglich der Vegetation und der
Wasserverhältnisse, steigt aber noch steiler und höher
an, bis über 2500 m über dem Meere, und fällt
ebenso ab in der Richtung auf den Victoria-See.
Macdonald hatte auf seiner Expedition sich vor-
nehmlich an die vorhandene Karawanenstraße halten
müssen, da vielfach dichtes Gestrüpp, durchschnittenes
Gelände u. dergl. eingehende Forschungen auf eine größere
seitliche Entfernung nicht zuließen. Die von ihm
für den Eisenbahnbau vorgeschlagene Richtung blieb
daher in größerer oder geringerer Nähe jener Straße.
Bei der Kürze der Zeit hatten genauere Höhen-
messungen nicht stattfinden können, sie beruhten ledig-
lich auf Barometerbeobachtungen. Die Kosten für
den Eisenbahnbau waren von ihm im Durchschnitt
mit etwa 43 500 Mk. auf das Kilometer berechnet,
was bei etwa 1000 km Länge der erkundeten Bahn-
linie von Mombassa nach der Berkeleybucht einem
Gesammtbetrage von über 43 000 000 Mk. gleich-
gekommen wäre. Macdonalds Bericht wurde 1893
dem Parlament vorgelegt und gab zu mannigfachen
Erörterungen Veranlassung.
So sehr man den allgemeinen Werth der Mac-
donaldschen Ermittelungen anerkannte, die Richtig-
keit seiner auf so unzuverlässigen Messungen beruhenden
Kostenangaben begegnete starken Zweiseln. Wiederum
wurde u. A. auch Sir G. Molesworth zur Begut-
achtung aufgefordert. Er erklärte nach seinen per-
sönlichen Erfahrungen beim Eisenbahnbau in Indien
mit der Einmeter-Spur, daß die ersten 160 km sich
mit einem kilometrischen Durchschnitt von 35.000 Mk.
voraussichtlich wohl herstellen ließen; die Arbeiten
in dem dann folgenden Gelände mit seinen Hoch-
gebirgsübergängen (die Uebergänge über das Kikuyu-
und Mau-Gebirge überragen den höchsten Eisenbahn=
paß in den europäischen Alpen, den Brenner, noch um
1000 bis 1200 m) würden aber solche Schwierigkeiten
verursachen, vermehrt durch Wassermangel, ungesundes
Klima und dergl., daß man hierfür mindestens das
Doppelte der Macdonaldschen Schätzung, also gegen
90 000 Mkl. auf das Kilometer, annehmen müsse.
Einen Abschluß hatten jene Erörterungen an-
scheinend noch nicht gefunden, als 1895 die englische
Regierung, vornehmlich aus politischen Rück-
sichten, den Bau dieser Eisenbahn auf Staats-
kosten, und zwar mit thunlichster Beschleunigung, be-
schloß, und das Parlament hierfür 3 000 000 Pfd.
Sterl., also über 61 000 000 Mk., bewilligte. Die
Leitung des Baues wurde dem Oberingenieur
Whitehouse übertragen, der im Dezember 1895
mit einigen Ingenieuren seines Stabes sich nach
Mombassa begab.
Der geforderten Beschleunigung waren alle Maß-
nahmen unterzuordnen. Zu diesem Zwecke mußte
vor Allem die endgiltige Absteckung der Bahnlinie
einen genügenden Vorsprung vor den eigentlichen
Bauausführungen gewinnen. Als Norm hierfür war
angenommen die Spurweite von 1 m, größte
Steigung 1:50, kleinster Halbmesser der Kurven
180 m. Warum die 1 m Spur und nicht die bis-
her englischerseits in Afrika vorwiegend ange-
wendete sogenannte Kap-Spur (3½ Fuß engl. —
1,067 cm) gewählt ist, ist nicht angegeben. Ver-
muthlich glaubte man, daß der Bahnbau sich auf
das indische Eisenbahnwesen stützen müsse, das die
Kap-Spur nicht kennt, aber zahlreiche Eisenbahnen
mit der Einmeter-Spur (etwa 40 pCt. der dortigen
Eisenbahnen) besitzt. Diese Vermuthung wird noch
bekräftigt, durch die Annahme des kleinsten Kurven-
halbmessers von 180 m, der erheblich verkürzt werden
könnte, wenn Wagen mit beweglichen Untergestellen
zur Anwendung kämen. Indien hat aber, wie man
aus anderweitigen Mittheilungen annehmen muß,
vorwiegend Wagen mit festen Untergestellen.
Man durfte erwarten und hat sich darin auch nicht
getäuscht, daß bis etwa 500 km landeinwärts, die von
Macdonald vorgeschlagene Richtung im Allgemeinen
beibehalten werden könne und Abweichungen nur dort
nothwendig sein würden, wo der Bahnlinie noch
eine günstigere Lage zu geben war, und man den
für die Wasserversorgung wichtigen Stellen möglichst
nahe kommen mußte. Auf der folgenden Strecke
bis zur Berkeley-Bucht des Viktoria-Sees war aber
eine Abweichung zu gewärtigen, und zwar in der
Richtung auf die näherliegende Ugove-Bucht. Ob
dieser Weg gangbar sein würde, blieb noch durch
eingehende Forschungen festzustellen.
Auf Heranziehung der Eingeborenen zur Arbeit
war zunächst nicht zu rechnen, da sie vielfach sich
noch feindselig zeigten, so daß anfangs die Absteckung
der Bahnlinie eine militärische Bedeckung erhalten
mußte. Man zog daher indische Kulis, auch niedere
Beamte von den indischen Eisenbahnen heran.
Die Bereitstellung reichlicher Vorräthe an Bau-
materialien und Geräthen, auch zahlreicher Beför-
derungsmittel, die Sicherstellung der Verpflegung für
Menschen und Thiere war, da das Land hierfür
Hülfsmittel nicht bot, lediglich auf Zufuhr von außen
angewiesen. Die bei Kilindini auf der Mombassa-
Insel erforderlichen Hafen-, Bahnhofs-, Magazin-
und Werkstattsanlogen 2c. wurden daher äußerst
umfangreich und verzögerten den Vorbau der Eisen-
bahn um einige Monate. Dazu kam die Nothwen-
digkeit einer sofortigen Ueberbrückung der Makupa-
straße. In solider, für bleibende Zwecke geeigneter