Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

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Bauart hätte deren Herstellung zu viel Zeit erfordert, 
man begnügte sich daher zunächst mit einer hölzernen, 
die Fahrbahn eben über Fluthhöhe haltenden Gerüst- 
brücke und behielt sich deren Ersatz durch eine höher 
aufragende elserne Brücke vor. Die vorausgehende 
Absteckung der Bahnlinie ließ bald erkennen, daß jene 
auf Beschleunigung des Vorbaues gerichtete Maßnahme 
grundsätzlich noch öfters zur Anwendung kommen müsse, 
um in der Herstellung des Bahnkörpers einen für 
schnelle Fortschritte genügenden Vorsprung vor dem 
Verlegen des Schienengleises zu gewinnen. Wo daher 
die nach den gegebenen Normen abgesteckte Bahnlinie 
die Ausführung größerer Kunstbauten und sonstige 
zeitraubende Arbeiten ergab, suchte man zunächst 
an den fraglichen Stellen durch eine vorläufige Ab- 
weichung schnell vorbeizukommen. Selbstverständlich 
mußte man dabei schärfere Krümmungen und steilere 
Steigungen als vorgeschrieben, ferner Behelfsbrücken, 
Durchquerungen trockener Flußbetten auf ihrer Sohle 
— letzteres auf die Gefahr hin, plötzlich vom Hoch- 
wasser überrascht zu werden — in den Kauf nehmen. 
Die Herstellung des bleibenden Bahnkörpers sollte 
dann thunlichst bald hinterher erfolgen, wobei ihr 
der Vortheil zu Gute kam, daß sie mindestens von 
beiden Enden nach der Mitte zu, vielfach auch, wenn 
die vorläufige Abweichung und die bleibende Bahn- 
linie sich nicht zu weit voneinander entfernten, von 
der Seite in Angriff genommen werden konnte. 
Für das Gleis wurden bisher verwendet Schienen 
von 9,14 m (10 Yards) Länge und 26 kg Gewicht 
auf das laufende Meter, jede Schiene unterstützt 
durch 14 Schwellen, theils aus Holz (angeblich aus 
Norwegen), theils, wie neuerdings, aus Eisen. Die 
Brücken in bleibender Bauart sind eiserne Gerüst- 
brücken, deren Pfeiler, aus eisernen Schraubenpfählen, 
eine Höhe von etwa 15 m# nicht überschreiten. Ihre 
einzelnen Theile werden so leicht hergestellt, daß man 
sie durch Menschen an die Baustelle schaffen kann. 
Brücken, höher als 15 m, erhalten als Auflager für 
ihre Pfeiler, gemauerte Fundamente von entsprechen- 
der Höhe. Das Gleis erhält, wo der Boden hierfür 
günstig, vorläufig keine Kies= oder Schotterbettung; 
erst nachdem der Victoria-See erreicht ist, soll diese 
Arbeit vorgenommen werden, um alle Arbeitskräfte 
für den Vorbau möglichst zusammenzuhalten. 
(Fortsetzung folgt.) 
  
Wirtdschaftliche Verhältnisse im Sudan.) 
Die hochgespannten Erwartungen und Hoffnungen, 
welche in Aegypten in handelspolitischer und wirth- 
schaftlicher Beziehung auf die Wiedereroberung des 
Sudan gesetzt worden waren, erwiesen sich als 
Täuschung, sobald die ersten zuverlässigen Nachrichten 
über die Lage des wiedergewonnenen Gebietes in die 
Oeffentlichkeit drangen. Eine 14jährige Tyrannei 
und Mißwirthschaft hatte die einst blühenden und 
*) Aus dem Deutschen Handels-Archiv 1899, S. 412 ff. 
tiver. 
  
reichen Länderstrecken entvölkert und verwüstet. Die 
Städte waren zerstört und verlassen, und es fehlte 
sowohl an einer Produktion des Landes wie an 
einer für europäische Erzeugnisse abnahmesähigen 
Bevölkerung. Die spärlichen Ueberbleibsel der Letzteren 
waren verarmt und hatten unter dem langjährigen 
Druck die Energie verloren, um durch Arbeit ihre 
Lage zu verbessern. 
Trotz dieser schlechten Aussichten ließen sich ein- 
zelne größere Handelshäuser in Kairo verleiten, bald 
nach der entscheidenden Niederwerfung der Macht 
des Khalisa Vertreter nach dem Sudan zu senden, 
um an Ort und Stelle Ermittelungen über die Lage 
und die dem Handel sich bietenden Aussichten anzu- 
stellen. Sie hatten ihre Arbeit kaum begonnen und 
waren wohl nur erst zum allergeringsten Theil bis 
nach Khartum vorgedrungen, als sie plötzlich die be- 
stimmte Weisung des Sirdars erhielten, das Gebiet 
des Sudans binnen acht Tagen zu verlassen. Nur 
den von früher her ansässigen einheimischen Kaufleuten 
sowie den griechischen Händlern, die gleichzeitig mit 
dem Operationsheere vorgerückt waren und sich an 
den besetzten Plätzen als Bakale und Schankwirthe 
niedergelassen hatten, wurde gestattet, zu bleiben. 
In ihren Händen liegt gegenwärtig das Sudangeschäft. 
Einen sicherlich nicht unerheblichen Eintrag hat dieses 
neuerdiugs dadurch erlitten, daß jeder Handelsverkehr 
mit den westlich von Khartum gelegenen Gebieten 
durch die Milltärbehörden formell untersagt wurde, 
um den Khalifa der Möglichkeit zu berauben, Handels- 
karawanen auszuplündern und sich auf diese Art zu 
verproviantiren. 
Von dem Verbot des Bereisens des Sudans 
wurde eine Ausnahme gemacht für ein Sundan- 
Erforschungssyndikat, welches sich unter Führung der 
Nationalbank Anfang Februar in Kairo gebildet 
hatte, um den Sudan durch eine Sachverständigen- 
Kommission bereisen zu lassen. Das Syndikat ver- 
sügte über ein Kapital von 20 000 8, das in 20. 
Antheilscheine zu je 1000 K eingetheilt war. Deutsches 
Kapital war dabei nur in ganz geringfügigem Betrage 
vertreten. 
Die Begründung dieses Syndikats fiel gerade in 
eine Zeit hochgehenden Unternehmungs= und Speku- 
lationsdranges, und ces wurden in Kairo bereits die 
abenteuerlichsten Gerüchte über bevorstehende große 
Unternehmungen im Sudan verbreitet. Unter Anderem 
sollte in Khartum ein großer Gasthof mit einem 
Kostenauswand von 50 000 2 gebaut werden. 
Der Erfolg der Reise war jedoch ein völlig nega- 
Man überzeugte sich, daß noch auf längere 
Zeit hinaus größere wirthschaftliche Unternehmungen 
im Sudan verfrüht seien, und von all den großen 
weittragenden Plänen ist es wieder still geworden. 
Auch von dem nach Meldung eines ägyptischen Finanz- 
blattes in London gegründeten „London and Sudan 
Development Syndicate“ hat man nichts mehr 
gehört. 
Die reichen Bestände von Elfenbein, Gummi und
	        
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