Straußenfedern, die man in Omdurman vorzufinden
gehofft hatte, waren, von einigen unbedeutenden Vor-
räthen von Gummi abgesehen, nicht vorhanden oder
sind wenigstens bisher nicht gefunden worden.
Inzwischen sind seitens der Regierung einige
Gummi-Auktionen abgehalten worden. So wurde
nach Zeilungsberichten in Khartum eine Partie von
800 Kantar (zu rund 45 kg = 360 d2) in Gegen-
wart des Sirdars verkauft und erzielte einen Preis
von 180 Tarispiaster pro Kantar, und in den Maga-
zinen des Kriegsministeriums in Turrah (bei Kairo)
wurde Anfang Mai 1899 eine Menge von 413 Kantar
(186 dz) zum Verkauf gestellt.
Von Straußfedern sind nur kleine Mengen sehr
geringwerthiger Waare zum Vorschein gekommen.
In Khartum wird zwar fleißig an der Anlage
von Straßen und am Bau des Palastes für den
Generalgouverneur gebaut. Auch wird der Bau der
Eisenbahn von Atbara nach Khartum nach Krästen
gefördert. Infolgedessen sind die Schienen= und
Wasserwege nach dem Sudan durch Materialbeför-
derung stark in Anspruch genommen.
Von einem eigentlichen wirthschaftlichen Ausschwung
ist jedoch, soviel man hört, bisher nichts zu merken.
Die Handelsbeziehungen zwischen Kairo und dem
Sudan sind gegenwärtig, obwohl, wie oben erwähnt,
keinem europäischen Kaufmann gestattet wird, über
Wadi Halfa hinaus in den Sudan vorzudringen, in-
sofern bis zu einem gewissen Grade wieder angeknüpft,
als die Sudanhändler ihre eingeborenen Einkäuser
nach Kairo senden, die bei den großen Einfuhrfirmen
ihre Auswahl treffen und gegen Baarzahlung cinkaufen,
so daß keinerlei Gefahr mit dem Geschäft ver-
bunden ist.
Den Hauptantheil an dem gegenwärtigen Sudan-
geschäft (vielleicht 90 pCt.) haben die sogenannten
Manchesterwaaren, und zwar vorwiegend weiße, graue
oder blaue Baumwollenstoffe, auch farbig gewebte,
sowie grau gewebte Shawls. Bedruckte Stoffe gehen
dagegen, wie von unterrichteter Seite versichert wird,
im Sudan nicht. Von sonstigen Artikeln sind in
erster Linie u. A. Schmuckperlen verschiedener Form
aus Achat und Onyx zu erwähnen, deutsches Fabrikat,
sowie Militärspiegel (gleichfalls deutscher Herkunft)
und billige steyrische Rasirmesser.
Für den Bedarf europäischer Artikel kommt die
eingeborene Bevölkerung bisher wenig in Betracht.
Sie ist zu sehr verarmt, um sich den Luxus nener
Bedürfnisse gönnen zu können, und hält außerdem
mit zäher Festigkeit an dem Bekannten und Herge-
brachten fest. Es soll daher sehr schwer sein, an
Stelle einer einmal eingeführten Marke eine andere
einzuführen. Man hält sich an Acußerlichkeiten und
lehnt eine Waare mit unbekanntem Fabrikzeichen ab.
Das Sundangeschäft erfordert daher cine sehr genaue
Kenntniß der dort gangbaren Artikel und Marken und
bietet für andere Waaren geringe Aussicht auf Erfolg.
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Ziemlich informirt ist der Verfasser des folgenden,
der „Aegyptischen Zeitung“ Nr. 2 vom 26. März
d. Is. entnommenen Artikels:
„Unsere Importgeschäfte möchten wir noch be-
sonders darauf aufmerksam machen, daß sich schon
viele Sudanhändler in Kairo eingestellt haben. Mit
ihnen in Verbindung zu treten, dürfte nur Vortheil
bringen.
Es wird unsere Kaufleute daher vielleicht inter-
essiren zu erfahren, welche deutschen Artikel sich be-
sonders für den Sudan eignen. Wir geben hier
eine Liste:
Nähnadeln (grünes Etikett), Strawnadeln, Lams-
nadeln, Segeltuchnadeln und Schweinsnadeln sowie
eiserne Packnadeln (seinere Sorten nicht), serner
Vorhängeschlösser (weiße und schwarze), Rasir= und
Federmesser (letztere nur doppelklingig, erstere Solinger
und steyrische Waare), Charniere, gewöhnliche Schloß-
riegel, Glasperlen, massive Perlen, Onyxperlen (Idar),
Strohfeilen, dreikantige Feilen, gewöhnliches ordinäres
Handwerkszeug, ordinäre Scheeren, Papier, gedruckte
Kattune, Taschentücher (bedruckte), kleine seidene
Satintücher, Thibet-, Kaschmir-, bedruckte Baum-
wollenstoffe, halb= und ganzwollene Flanelle.
Dicjenigen unserer Leser, die sich für dieses neue
Geschäftsfeld interessiren, wenden sich am besten an
unsere einheimischen Ausfuhrlager (Stuttgart, Frank-
furt, Berlin, Hamburg, Köln und Dresden), um
Adressen geeigneter Häuser zu erhalten. Schließlich
wollen wir nicht verfehlen darauf hinzuweisen, daß
der Sudanhändler ein sehr zäher und gewiegter Ein-
käufer ist. Ein Geschäft mit ihm erfordert daher
viel Geduld und Ausdauer, aber was er kauft, be-
zahlt er baar, und das dürfte unsere Einfuhrfirmen
mit seiner Zähigkeit aussöhnen.“
Hinsichtlich der bedruckten Baumwollenstoffe be-
findet sich der Verfasser nach Angabe anderer Ge-
währsmänner wohl im Irrthum. Die Handels-
beziehungen zwischen den einzelnen größeren Orten
des Sudans sind übrigens sehr gering, und der
Geschmack der verschiedenen Gegenden ist ein ganz
verschiedener, so daß z. B. ein in Kassala stark be-
gehrter Artikel in dem nicht weit davon entfernten
Ghedaref keinen Absatz findet.
Für die deutsche Industrie ist vorläufig aus der
Wiedereröffnung des Sudans wenig zu erhoffen, so-
lange sie nicht im Stande ist, mit Manchester in den
sogenannten Manchesterwaaren zu konkurriren.
Derschiedene Wittheilungen.
Die hbistorische Glocke von Dar- es-Salam.
Von dem westlichen Flankenthurm der Boma
(Festung) läutet an den Werktagen um 11½ Uhr
mittags und 5⅛½ Uhr abends eine Glocke, deren
blecherne traurige Töne den Beamten der Kaiserlichen
Flottille die Mutagsruhe bezw. den Fcierabend an-