Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

Heuschreckenschwärme zu infiziren. In Natal führte 
die Versuche Mr. Moore selbst aus. Der Erfolg 
übertraf alle Erwartungen. Es gelang Mr. Moore, 
immense Heuschreckenschwärme durch den Locust 
fungus in wenigen Tagen zu vernichten. Ein gleich 
gutes Resultat wurde in Kapstadt und in Rhodesia 
erzielt. Nach den Berichten des „Cape Agriculture 
Journal“ ist Kapland und Rhodesia durch den Heu- 
schreckenpilz von der Heuschreckenplage befreit. 
Nach Mr. Moore sollen die besten Resultate 
mit dem Mittel bei feuchtem Wetter erzielt werden. 
Bei feuchtem Wetter pflegen die Heuschrecken nicht 
zu schwärmen, sie haften an der Stelle, so daß die 
durch den Pilz selbst auf nur wenige Individuen 
des Schwarmes übertragene Krankheit sich rapide auf 
alle anderen Thiere des Schwarmes verbreiten kann. 
Bei warmem und sonnigem Wetter, wenn die Heu- 
schrecken schwärmen und in lebhafter Bewegung sind, 
ist die Verbreitung der Krankheit von den wenigen 
künstlich infizirten Thieren auf den Schwarm weniger 
sicher, wenn sie nicht ganz ausbleibt. Die Erklärung 
dafür ist leicht verständlich. Die kranken Thiere 
bleiben hinter dem Schwarm zurück und sterben, 
wodurch der sich rastlos vorwärtsbewegende Schwarm 
von den ihn bedrohenden Ansteckungsherden befreit wird. 
Auf entsprechendes Ersuchen des deutschen General- 
konsulats zu Kapstadt ertheilte die Kapregierung in 
dankenswerther Weise dem bakteriologischen Institut 
zu Grahamstown die Erlaubniß, dem Gouvernement 
von Deutsch-Ostafrika einige Tuben mit Reinkulturen 
des Heuschreckenpilzes zu Versuchszwecken zu über- 
senden. Dieselben trafen zu Anfang November 1898 
in Dar-es-Saläm ein. Die beigefügte Gebrauchs- 
anweisung lautete, ins Deutsche übersetzt, folgender- 
maßen: 
1. Fange einige Heuschrecken und lasse sie, nachdem 
sie mit dem Mittel beschmiert sind, in den 
Schwarm zurückkehren. 
2. Beschmiere Flecken seuchter Erde, auf denen die 
Heuschrecken sich niederlassen, um zu fressen, mit 
dem Inhalt der Röhrchen. 
3. Sperre einige Heuschrecken in eine Schachtel, 
in der sich etwas Lieblingsfutter derselben be- 
findet, das mit Wasser angefeuchtet und mit dem 
Mittel leicht bedeckt ist, und lasse die Heuschrecken, 
nachdem sie das Futter gefressen haben, in den 
Schwarm zurückkehren. 
4. Löse den Inhalt einer Tube in einem Becken 
mit etwas lauem Wasser auf, tauche einige ge- 
fangene Heuschrecken hinein und lasse sie frei 
zum Schwarm. - 
Hinzugefügt war dieser Gebrauchsanweisung noch 
das Anheimgeben, eventuell auch andere Methoden 
der Infizirung zu versuchen. 
Mit dieser Gebrauchsanweisung wurden die Proben 
seitens des Gouvernements verschiedenen durch Heu— 
schrecken heimgesuchten Bezirken überwiesen. Die 
damit angestellten Versuche hatten jedoch den erwar- 
teten Erfolg nicht, und auch die in Dar-es-Salaäm 
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selbst angestellten Versuche an gefangenen Heuschrecken 
fielen negativ aus, insofern die mit dem Heuschrecken- 
pilz behandelten Thiere nicht zahlreicher und nicht 
schneller starben wie die Kontrollthiere, die unter 
sonst gleichen Bedingungen gefangen gehalten wurden, 
jedoch ohne mit dem Heuschreckenpilz in Berührung 
zu kommen. Entweder konnte also der Pilz die be- 
hauptete und in Suüdafrika angeblich beobachtete 
Eigenschaft, den Heuschrecken eine ansteckende tödliche 
Krankheit zu bringen, nicht haben, oder die hier zu 
Lande verwandten Pilzkulturen mußten ihre Wirkungs- 
fähigkeit eingebüßt haben, die Pilze mußten abgestorben 
sein. Wie aus dem Nachfolgenden hervorgeht, ist 
das Letztere der Fall gewesen. 
Zu Anfang des Monats Juli d. Is. erhielt Ober- 
leutnant Maerker zu Moschi am Kilimandiaro, der 
trotz der ersten resultatlos gebliebenen Versuche den 
Glauben an die Wirkungsfähigkeit des Heuschrecken- 
pilzes aufrecht erhalten hatte, auf eine direkt an 
das bakteriologische Institut zu Grahamstown gerich- 
tete Bitte nochmals in zuvorkommendster Weise einige 
Tuben mit Kulturen des Heuschreckenpilzes zugesandt. 
Die ersten Versuche damit machte er bei feuchtem 
Wetter in Unter-Madschame am 2. Juli d. Is. Die 
Heuschrecken befanden sich im Jugendzustand; die 
Flügel waren noch sehr klein, so daß die Thiere noch 
nicht fliegen, sondern nur kriechen konnten. Nachdem 
der Heuschreckenpilz nach Vorschrift zubereitet war, 
wurden von jedem von fünf großen Schwärmen je 
zehn Heuschrecken hineingetaucht und dann in ihren 
Schwarm zurückgesetzt. Am 6. Juli, also vier Tage 
nach der Infektion, waren alle Thiere der genannten 
fünf Schwärme gestorben. Die todten Heuschrecken 
lagen in großen Haufen auf der Stelle, wo die 
Schwärme am 2. Juli infizirt waren. Der Versuch 
war unter günstigen Bedingungen angestellt, hatte 
aber auch einen Erfolg, wie er günstiger nicht gedacht 
werden kann. 
Das Gouvernement beabsichtigt jetzt, mit dem 
Heuschreckenpilz im Großen gegen die Heuschrecken- 
plage vorzugehen. Beim bakteriologischen Institut 
zu Grahamstown sind bereits 100 Tuben frischer 
Pilzkulturen bestellt. Nach Ankunft derselben sollen sie 
sofort an die über die Kolonie zerstreuten Gouverne-= 
mentsstationen vertheilt werden. Auch rechnet das 
Gouvernement auf die Beihülfe aller Pflanzer, Mis- 
sionsstationen, Handelsfaktoreien 2c, denen Pilzkulturen 
seitens der Gouvernementsstationen kostenfrei abge- 
geben werden sollen. 
So steht zu hoffen, daß durch zielbewußtes ge- 
meinschaftliches Kämpfen unsere schöne Kolonie bald 
von einem Feind befreit werden wird, der bisher 
unbesiegbar erschien, der überall dort, wohin er kam, 
blühende Gefilde in Wüsteneien verwandelte und für 
die eingeborene Bevölkerung Hungersnoth und Tod 
bedeutete, und der alle Bemühungen, die Produkti- 
vität des Landes zu fördern und den Handel zu 
heben, zu nichte machte. 
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