Die „Schwalbe“ verließ mit Volldampf den Hafen
und traf den „Setos“ um 5½ Uhr etwa zehn
Seemeilen nördlich und östlich vom Makatumbe-Leucht-
thurm. Er hatte um 7 Uhr vormittags östlich von
den Sinda-Inseln gestanden, war in den folgenden
drei Stunden unmerklich getrieben, dann aber stündlich
fast zwei Seemeilen nach NrW versetzt worden.
Es glückte, das Schiff beim ersten Versuch ins
Schlepptau zu nehmen. Es herrschte Monsun und
Seegang von Stärke 4 bis 5 mit schwerer Dünung
aus Südosten.
Um etwa 9 Uhr brachte die „Schwalbe“ den
„Setos“ in der Nähe der Daphneboje zu Anker und
schleppte ihn am anderen Tage unter Inner-Maka-
tumbe, um dort Taucherarbeiten in ruhigem Wasser
ausführen zu können.
Nach dem Ankern am 5. September um 9 Uhr
ließ der Schiffsführer des „Setos" bitten, auf Raketen-
signal alle Boote zur Bergung der etwa 150 Passa-
giere zu schicken, da durch das Mitdrehen der Schraube
beim Schleppen die nothdürftig gedichtete Sternbuchse
stark undicht geworden sei und die Pumpen weniger
Wasser schafften als eindringe. Der Kommandant
S. M. S. „Schwalbe“ fuhr darauf mit dem leitenden
Ingenieur an Bord und stellte fest, daß zur Zeit
die Pumpen das Wasser gerade hielten. Infolge des
vorzüglichen Arbeitens des Ingenieur= und Maschinen-
personals des „Setos“ wurde es ermöglicht, die
Sternbuchse von innen so weit zu dichten, daß der
Tunnel fast lenz gehalten werden konnte. In der
Nacht wurde das gebrochene Wellenstück ausgewechselt.
Die Dichtung der Sternbuchse wurde zunächst durch
den Taucher von S. M. S. „Schwalbe“ von außen
vorgenommen und danach vom „Setos“-Personal
die gebrochene Stopfbuchse reparirt und neu verpackt.
Am 7. September morgens lief das Schiff mit eigener
Maschinenkraft nach Bagamoyo und nahm seine regel-
mäßigen Fahrten wieder auf.
Die Dampfpinasse „Ukerewe“
ist nach telegraphischer Meldung glücklich in Muanza
am Victoria-See eingetroffen.
Ueber eine Bereisung des Merere Reiches
berichtet Hauptmann Prince aus Fringa,
20. August 1899, Folgendes:
Am 13. Mai langte ich in Mlangali an, traf
hier Vorkehrungen zu einem großen Steuer-2c. Schauri
den
und bereiste dann die Distrikte Uhenga und Gawiro,
die mit Idunda das nördliche Ubena ausmachen.
Uhenga war lange Zeit Streitobjekt zwischen dem
Sultan Merere und Manamhawi, seinem Bruder.
Um den für die Station unersprießlichen Zustand
zu beseitigen, wurde dieser Distrikt nunmehr dem
Merere zugetheilt, während Manamhawi endgültig
das unweit Iringa gelegene Idodi, das einstmals
732 —
auch zum alten Merere-Reich gehörte, als Jumben-
schaft erhielt. An Stelle der früheren großen Kwawa-
tembe in Uhenge stehen jetzt dem Merere gehörige
Neubauten. Feldwirthschaft ist fleißig betrieben worden,
die Dürre hat aber die Ernten stark beeinträchtigt,
und Pocken haben unter den Bewohnern aufgeräumt.
In Gawiro ist der Hauptgegenstand die gleichnamige
Ubenaresidenz Mereres. Dieser wohnt in der Mitte
des gewaltigen Vierecks, in dem speziellen Kwawa-
komplexe, hat denselben wesentlich erweitert, mit
schönen, der Wassangebauart eigenthümlichen Temben=
hallen geschmückt und mit Graben und Dornen-
palissaden befestigt. Mitten darin baut er an einem
zweistöckigen Steinhause, wobei ihm freilich die Noth-
wendigkeit lothrechter Mauern viel Kopfzerbrechen
macht. Von Interesse sind auch an den Wänden
der Kwawatemben die in schwarz, weiß, roth, gelb,
grau gehaltenen bildlichen Darstellungen von Kwawa-
und seinen Wasagira, von Elefanten, Giraffen, Leo-
parden, Flußpferden und Jagden. Merere hat
natürlich schleunigst diese Kunstleistungen zu überbieten
gesucht. Er hat sich europäische Tracht angewöhnt
und kam mir in solcher mehrere Stunden vor Gawiro
entgegen, stellte mir dann seine mit in den Wänden
eingelassenen Spiegeln gezierte Haupthalle zur Ver-
fügung, spielte überhaupt den liebenswürdigen Wirth,
zeigte gern seine Herrlichkeiten und machte mich
hierbei mit Stolz darauf aufmerksam, daß er kürzlich
selber einen Löwen und Elefanten geschossen und
einen Zahn des Letzteren sofort dem „Serkal“ aus-
gehändigt hätte. Seine Neubauten sind schön und
auch sauber, eine Tugend, auf welche die übrigen
Wassanga bezüglich ihres Wohnortes nicht viel zu
geben scheinen; denn die nächste Umgebung ihrer
Temben ist eine förmliche Niederlage für allen nur
erdenklichen Unrath.
Nachdem Oberleutnant v. d. Marwitz, der jetzt
Nord= und Ostussanga als letzte Steuervorbereitung
für die Westhälfte des Iringabezirkes Menschen und
Rinder zählend durchziehen sollte, eingetroffen war,
ging ich mit ihm und Merere nebst großem Sultans-
trosse in nördlicher Richtung weiter. Etwa drei
Stunden nördlich Gawiro und der Ortschaft Ufara
hört das für Ubena charakteristische, weitgewellte, fast
nur unter Gras stehende Gelände, eine Fortsetzung
des Uhehegraslandes, auf; es beginnt die tischplatte
Niederung des Mpangali oder „Großen Ruahas“,
welche zunächst bis zur bedeutenden Ortschaft Kiwere
mit Busch und Strauch bedeckt ist. Ueber Kiwere
hinaus und zwar je fast bis an den Usafaabfall im
Westen, an die Vorhügel von Niam-Niam im Nor-
den, an die Irongoberge (Madibira) im Osten, dehnt
sich, so weit das Auge reicht, eine gewaltige, fast
baumlose Ebene aus, die zwar in der Regenzeit mit
Gras bestanden ist, aber in der Trockenzeit, namentlich
nach den Grasbränden, unbeschreiblich öde wäre,
wenn nicht die kolossalen Wildheerden Leben in das
Bild brächten. Verschiedentlich glaubte ich noch aus
1500 m Entfernung mitten in der gelben Ebene