Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

folgung seitens der Kompagnien wurde so energisch 
durchgeführt, daß dem überall flüchtenden Feinde 
sehr viel Abbruch gethan wurde, namentlich durch 
die Maßnahmen des Leutnants v. Arnim, der, 
nachdem er seinen Auftrag erfüllt hatte, weiter vor- 
drang, den Mao Meng überschritt und dort unter 
den Flüchtigen aufräumte. 
Die Hauptmasse der Flüchtigen, darunter Reiter, 
wandte sich wie man von der Stadt aus deutlich 
wahrnehmen konnte nach Norden und Nordosten. 
Farbige Soldaten wollen einen Straußenreiter ge- 
sehen haben, der, auf der Flucht beschossen, sein 
zweibeiniges Roß verließ und sich in dem hohen 
Grase verbarg. Gegen 10 Uhr vormittags war die 
ganze Stadt in unseren Händen. 
wurde beim Sultankraal gesammelt und die weitere 
Verfolgung vorbereitet. 
Um 1 Uhr mittags brach hierzu das Detachement 
des Oberleutnants Dominik mit der 4. und 3. 
Kompagnie auf mit dem Auftrage, dem fliehenden 
Feind in nördlicher Richtung zu folgen und womög- 
lich die weggetriebenen Rindviehherden zu erbeuten. 
Sein Ausbleiben war auf drei Tage bemessen. 
Oberleutnant Nolte mit der 1. Kompagnie sollte 
in nordöstlicher Richtung vorstoßen, aber unter allen 
Umständen noch in derselben Nacht wiederkommen. 
Die 2. Kompagnie wurde mit der Sicherung des 
Lagers beauftragt, das in und um den Sufltankraal 
bezogen wurde. Die Verfolgung hatte verhältniß- 
mäßig geringen Erfolg. Vor Allem konnten die 
weggetriebenen Rindviehherden nicht mehr erreicht 
werden, trotz eines zehnstündigen Marsches des 
Oberleutnants Dominik am folgenden Tage. 
Am 13. traf Oberleutnant Dominik wieder in 
Tibati ein. 
Bei der großen Ausdehnung von Tibati — der 
Umfang beträgt 6¾/ km, der Flächeninhalt etwa 
187 ba — war eine Bewachung der noch ziemlich 
gut erhaltenen Befestigung nicht möglich. Nur die 
massiven Thorhäuser im Westen und Osten der 
Stadt erhielten stärkere Wachen, die auch im Falle 
eines Angriffs sich dort vertheidigen sollten. 
Die ganze Truppe und Träger wurden in die den 
Sultankraal umgebenden Häuser gelegt. Aus Stroh- 
matten, in welche Schießlöcher eingeschnitten waren, 
wurde schnell eine gegen Pfeile deckende Brustwehr 
hergestellt. Für gute Verbindung innerhalb wie 
auch Freimachen des Schußfeldes bis auf 300 m 
wurde Sorge getragen. 
Die mit massiver Mauer umgebene Moschee und 
der Sultankraal mit seiner 5 m hohen, sehr fest ge- 
flochtenen Strohfenz dienten als Citadelle. Kleine 
Wachen in den Kompagnierevieren versahen den 
Sicherheitsdienst. Nach übereinstimmender Aussage 
der einzeln vernommenen Gefangenen ergab sich Fol- 
gendes: 
Erst vor zwei Nächten war in Tibati die Nach- 
richt von unserem Vordringen angekommen, und hatte 
gleichzeitig die Räumung der Stadt und das Weg- 
Die Truppe 
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treiben des Viehes begonnen. 
  
  
  
Der Statthalter von 
Tibati, der jüngere Bruder des Lamido, Serima 
Abo, habe sich erst in der letzten Nacht geflüchtet. 
Der Lamido selbst stehe mit dem Sultan von Jola- 
schlecht, da er trotz wiederholter Aufforderung nie 
nach Jola zu seiner Bestätigung und Weihe ge- 
kommen sei. Der Sultan von Jola habe daher 
allen Haussahändlern das Betreten des Gebiets von 
Tibati verboten. Da der noch junge Lamido 
Mohama nur auf den Rath seiner Kabulaleute höre 
(Kabulas werden von den Fullas alle unterworsenen 
Negerstämme genannt), so hätten sich beinahe alle an- 
gesehenen Fullas von ihm zurückgezogen und seien 
schon vor längerer Zeit nach den umliegenden Fulla- 
staaten ausgewandert. Diese Aussagen sind späterhin 
durch den Lamido von Ngaundere bestätigt worden. 
Trotz der Räumungsarbeiten war die Beute 
noch groß genug, um ernstliche Transportschwierig- 
keiten zu machen. Zum Fortschaffen der 38 großen 
Elfenbeinzähne waren über 120 weitere Träger 
nöthig, die zur Zeit bei dem erschöpften Träger- 
personal nicht vorhanden waren. Ich mußte daher 
meine Absicht, sofort nach der Einnahme von Tibati 
nach Sauserni zu marschiren, ausschieben und durch 
längeren Aufenthalt memen Trägern Zeit zur Er- 
holung geben und anderweitig neue Träger und 
Lastthiere beschaffen. Um diese Frist in politischer 
Beziehung möglichst auszunutzen, entsandte ich am 
15. März den Oberleutnant Dominik mit seiner 
Kompagnie nach Ngaundere, um den dortigen Lamido 
über den Grund der Bestrafung von Tibati und 
die Absichten der deutschen Regierung aufzuklären. 
Zu dem Lamido Mohama nach Sansern schickte ich 
einen der gefangenen Fullas, der ihn zur Unter- 
werfung auffordern, ihm gleichzeitig die Friedens- 
bedingungen „Aufgabe von Sanserni und Zurück- 
gehen nach Tibat, Zahlung von 300 Elfenbein- 
zähnen, 50 Stück Rindvieh, 50 Eseln oder einem 
Aequivalent“ dahin überbringen sollte. 
Wenn ich mir von der letzteren Sendung auch 
einen Ersolg nicht versprach, wollte ich doch kein 
Mittel unversucht lassen, den von Jola unabhängigen 
Herischer zu gewinnen. Gleichzeitig lag die Wahr- 
scheinlichkeit vor, daß die dort fehlende Initiative 
durch diese Botschaft noch vermehrt würde und ich 
jedenfalls Zeit gewann. Einen Angriff von Sanserni 
her, konnte ich in Tibati auch mit drei Kompagnien 
vollständig abweisen. 
Währenddem streiften kleinere Patrouillen unaus- 
gesetzt bis zu zwei Tagemärschen, welche den aus- 
drücklichen Befehl hatten, möglichst viel Gefangene 
zu machen, ein Auftrag, der bei dem mit Giftpfeilen 
bewaffneten Feinde seine Schwierigkeit hatte. That- 
sächlich wurden im Ganzen nur einige 30 Gefangene 
gemacht, meistens ältere und schwächliche Leute. 
In der Nacht am 17. erfolgte auf das Sanserni- 
thor ein feindlicher Angriff, wobei eine Anzahl Fullas. 
durch den Graben in die Stadt zu kommen ver- 
suchte. Mit leichter Mühe wurde dies vereitelt.
	        
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