Full text: Deutsches Kolonialblatt. X. Jahrgang, 1899. (10)

kein Unberufener etwas von ihrem Thun und Treiben 
erfahre. Im Mittelpunkt des „Mungi“ steht der 
Häuptling mit seinen Dorfältesten. Derjenige, welcher 
es mit ihnen halten will, hat monatlich 5 Mark zu 
bezahlen. Aber wehe ihm, wenn er den Verräther 
spielt. Es würde ihm das Leben kosten. Der Zweck 
dieser unheimlichen, nächtlichen Versammlungen ist, 
das weibliche Geschlecht hauptsächlich glauben zu 
machen, daß allmonatlich zur Zeit des Vollmondes 
um die Mitternachtstunde der großze schreckliche Geist 
komme, um das Dorf heimzusuchen. Sein Begehren 
geht dahin, wieder einmal recht satt zu werden, und 
dazu gehört vor Allem viel Fleisch. Damit er dies 
bekommt, hat er ein Gesetz aufgestellt, daß keine 
Frau Fleisch essen dürfe, weder Huhn, noch Ziege 
oder Schaf, noch sonst ein Thier des Waldes. 
Alles soll ihm allein gehören. Wer dieses Verbot 
nicht respektirt und sich nur ein einziges Mal eine 
Uebertretung desselben zu Schulden kommen läßt, wird 
bei der nächsten Wiederkehr des Geistes auf geheime 
Weise umgebracht. Er stirbt eben unvermuthet 
rasch weg, sei es, daß man ihn erschlagen im Wald 
auffindet, sei es, daß er am Genuß einer Speise 
stirbt, also durch Gist. Mit Vorliebe giebt der 
Mungi ein abschreckendes Beispiel. Er legt z. B. 
den vom Rumpf abgetrennten Kopf des Missethäters 
auf die Straße an einen Ort, der viel begangen 
wird, und läßt das Gerücht umgehen, den Rumpf 
habe der „Mungi“ als Sühne aufgezehrt. Der 
Kopf möge lehren, daß es nicht rathsam sei, das 
Verbot des Fleischessens zu übertreten. Hat der 
Mungi seine Mahlzeit beendet, so verschwindet er 
wieder, man weiß nicht wohin, noch welchen Weg 
er eingeschlagen hat. Nur so viel weiß man, daß 
er in viermal sieben Tagen wiederkommt. 
Grenzenlos ist die Furcht der armen Frauen 
vor diesem unheimlichen Geist. Da sie die Zeit der 
Wiederkehr desselben wissen, so verbergen sie sich, so 
gut sie eben können, in ihren elenden Hütten und 
verbarrikadiren den Eingang derselben. Nicht um 
alle Schätze der Welt läßt sich eine Frau bewegen, 
um die Mitternachtsstunde zur Zeit des Vollmondes 
die Thür zu öffnen, kann doch der „Mungi“ kommen 
und sie alle miteinander erwürgen. Ist es doch 
schon zur Genüge vorgekommen, daß Frauen, die 
etwa aus Vorwitz zu dieser Zeit ihr Haus verließen, 
nicht mehr zurückgekehrt sind. 
Damit aber das Ansehen des Mungi in Kraft 
bestehen könne, hat er ein zweites Gesetz erlassen, 
das bei Todesstrafe verbietet, daß von ihm ausgesagt 
werde, er sei Mensch und nicht Gott. Wer das, sei 
es Mann oder Weib, zu behaupten wagt: „Der Mungi 
ist Mensch“, der muß sierben. Das ist das größte 
und schwerste Verbrechen am Mungi und kann nur 
mit dem Tod gesühnt werden. Aber nicht nur der- 
jenige, der der Urheber hiervon ist, muß sterben, 
sondern auch die Person, welche es öffentlich ihm 
nachspricht, nicht nur der Verführer, sondern auch 
der Verführte. 
  
  
853 — 
Die einzelnen Mungi haben, um sich schueller 
gegenseitig verständigen zu können, Trommeln. Diese 
Trommelsprache hat viel Aehnlichkeit mit der Dualla- 
Sprechtrommel in der Form. Die Trommeln der 
Mungi haben eine Länge von 1 bis 1½ m und 
sind an dem einen Ende mit einer Thierhaut über- 
zogen. Im Durchmesser messen sie etwa 30 bis 
35 cm. Neben dieser gewöhnlichen Art haben sie 
noch eine andere, welche den Zweck hat, mittelst der 
knurrenden, tiefbrummenden Töne, welche diese von 
sich giebt, die Leute, hauptsächlich aber die Frauen, 
zu erschrecken. Sie zeigt die Ankunft des Mungi an. 
Der Häuptling von Mobi 1 nun gilt weit und 
breit als der größte und mächtigste aller Mungileute. 
Mich interessirte es mächtig, einen Blick in das 
Innere seines Götzenhauses zu thun, wollte es aber 
nicht erzwingen. « 
Es war Sonntag. Der Gottesdienst war auf 
neun Uhr angesagt. Es erschienen wohl Männer, 
aber keine Frauen. So fragte ich denn zuerst, wo 
die Frauen geblieben seien? Da hieß cs, die dürften 
heute nicht kommen. Ich wußte genug und sorderte 
deshalb die Anwesenden auf, mit mir ins Dorf 
hinunter zu gehen, ich wolle den Gottesdienst im 
Freien halten. So suchten wir denn einen günstigen 
Platz zum Predigen, der sich uns unter einem ziemlich 
großen Baum darbot, riefen die Weiber zusammen, 
und die Predigt konnte beginnen. 
Zum Schluß erklärte ich den zahlreich anwesenden 
Frauen in Gegenwart der Männer: Der Mungi ist 
Mensch und nicht Gott. Der Heuptling selbst ist 
der Mungi. Er, bezw. seine Leute, sind die Urheber 
des Lärmes, von dem sie bisher glaubten, er rühre 
vom Mungi her. Der Häuptling wußte in der 
That nicht, wie ihm geschah. Er stützte seinen Kopf 
in beide Hände und antwortete dann, als ich ihn 
fragte, ob ich die zu dem Mungidienst gehörenden 
Sachen holen lassen dürfe: Das Geheimniß sei jetzt 
doch verrathen, ich möge sie holen lassen. Etwa 
eine Stunde später sah man vor dem Häuptlingshaus 
einen Haufen russiger Gegenstände in Rauch auf- 
gehen. Eme Flasche Erdöl, die der schwarze Lehrer 
spendete, trug das Ihrige dazu bei, daß man bald 
nur noch einen Haufen Asche an diesem Orte sah. 
Sodann setzte ich ein Schriftstück auf und ließ 
es von dem Häuptling Tonye unterschreiben in 
Gegenwart mehrerer Zeugen, die ebenfalls ihre Namen 
dazu hergaben. Es besagt, daß heute auf Anregen 
des Missionar Lauffer der Mungi in Nabi I feier- 
lich abgeschafft und verbrannt worden sei, wer ihn 
wieder einführe, der habe sich vor Gericht zu ver- 
antworten. Es giebt ferner der Basler Mission das 
Recht, ihn dann sofort zur Anzeige zu bringen, um 
so mehr, als ihnen Allen das Gesetz des Gouverneurs 
bekannt sei. Damit war die Sache erledigt, aber 
sie hatte noch ihr Nachspiel. Dadurch, daß der alte 
Häuptling Tonye sich ergeben hatte, waren die 
Häuptlinge der zwei andern Außenstationen, die ich 
noch zu besuchen hatte, eingeschüchtert und hatten
	        
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