Die Vorstellung davon ist verschieden. Die
waganga, die Zauberer, sehen ihn mit leiblichen
Augen und sagen dann den Leuten, was sie gesehen
haben. Die einen sehen ihn als Mann, groß wie
ein Mangobaum und wildblickend, die anderen als
ein furchtbares Weib, einohrig, mit nur einem
Nasenloch, mit einem Arm, den sie mit der krallen-
artig gekrümmten Hand wetit vorstreckt; sie hüpft
auf einem Bein, kurz, sie wird gedacht als ein halb-
seitiges Scheusal. Während der Hungersnoth
brachten einmal die Leute unter Anderm auch zwei
Thonpuppen mit je einem Arm 2c. und behaupteten,
das sei Kinyamkera der Mann und Kinyamkera die
Frau, ja auch Thiere aus Thon geformt brachten
sie. Auf Befragen erklärten sie, Kinyamkera sei
nicht nur eine Person, sondern ein ganzes Geschlecht,
und sie züchteten auch Thiere. Doch hört man
meistens nur von einer Kinyamkera.
Das evangelisch-lutherische Missionsblatt enthält
folgende Nachrichten aus Madschame:
Von den Unruhen in Schira, welche durch den
Aufruhr des Bezirksvorstehers Mwanya Mitte
Mai verursacht worden waren, wurde auch Mad-
schame mit berührt. Schangali wurde mit seinen
Kriegern von Oberleutnant Merker zugezogen, um
den Rädelsführer einzufangen, was aber nicht gelang.
Am 20. Mai kam der genannte Offizier mit seiner
Truppe nach Madschame, wo er ein Lager bezog.
Am andern Tag zog er aus, um die Wakindi,
deren Häuptlinge Nkirida und Ringia der Theil-
nahme an dem Komplotte gegen die deutsche Re-
gierung verdächtig waren, zu züchtigen. Am 26.
fielen die Wakiboso in Naruma ein, dessen Häupt-
ling Makungu ebenfalls verdächtig schien. In-
folge dieses Einfalls entstand in den unteren Mad-
schame-Landschaften blinder Kriegslärm, der sich
auch bis zu uns herauf fortpflanzte und eine Anzahl
fliehender Weiber mit ihren Kindern auf unsere
Station trieb. Der Irrthum wurde aber bald er-
kannt und die Ruhe wieder hergestellt.
Da die Aruschaleute in der Nähe von Madschame
sengen und brennen, sogar Untermadschame nicht für
sicher gilt, erhält Br. Müller von Hauptman
Johannes Stacheldraht, welchen er zur Sicherung
der Hecke um das Missionshaus zieht.
Am 20. Juli lieferte Schangali die Hütten-
steuer ab. Da für jede Hütte 3 Rupien gezahlt
werden mußte, so läßt ihr Betrag von 1052 Rupien
auf die Anzahl der zu Madschame gehörenden
Hütten schließen.
Der Juli brachte den Bergen wieder einmal
Krieg und Kriegsgeschrei. Am 6. Juli mußte
Schangali mit seinen Kriegern sich an der
deutschen Militärexpedition gegen die Aruscha-Leute
betheiligen.
Dienstag, 10. Juli: früh Kriegslärm! Waaruscha
oder vielmehr mit ihnen verbündete Waroo
(Meruleute) haben drei Stunden von uns westlich
940
den Madschamebezirk beim Markte Kyun überfallen,
mehrere Menschen getötet und Rinder geraubt. Da
weder kräftige Krieger, noch Gewehre im Lande
sind, so eilen Greise und Jungen mit ausgedienten
Speeren und Schilden zu Hülfe. Auch einige
kranke Vornehme ermannen sich und eilen den
Feinden nach in die Steppe, natürlich umsonft.
Nuya, Schangalis Mutter, erschrickt so, daß sie
hinauf in die Berge flieht und auch nicht auf mein
Anerbieten hört, aus der Kälte und Nässe herunter
zu uns auf die Station zu kommen.
Mittwoch, 11. Juli. Gegen Abend erhalten
wir zwei Warnungen von ganz verschiedenen Seiten.
In Unterkindi (80.) sollen Feinde sitzen, im Westen
auch, um Madschame gleichzeitig, entweder diese
oder die folgende Nacht, zu überfallen. Sogar aus
der Steppe von befreundeten Wandorobbo, die
überall spähen und spüren, höre ich dies.
Aus dem Bezirk Uduru flüchten nachts Weiber,
Kinder und Vieh an uns vorbei in die Berge. Da
mehrere Kostschüler dort ihre Angehörigen haben,
so sind manche Jungen sehr unruhig. Das Geschrei
und Geblöke, das sich bei jedem herannahenden
Trupp erneuert, läßt die Sache viel schlimmer er-
scheinen, als sie ist. Kolelo, ein Leibwächter
Schangalis, läßt ausrufen: „Lala irembo!“ d. h.
„Im Siczen schlafen!“ Br. v. Hopffgarten und
ich wachen selbst abwechselnd mit.
Donnerstag, 12. Juli. Früh Boten ab nach Moschi
mit der Bitte, wenn möglich den zurückgebliebenen
Madschameleuten ein paar Gewehre nebst Schießbedarf
zu überlassen. Die Leute kehren nachts 3 Uhr
zurück, und Kolelo erhält, sofort gerufen, die zehn
Vorderlader nebst Zündhütchen und Pulver. Darob
große Freude und neuer Muth, zumal mittogs
Freudenschüsse die Rückkehr von 100 flintenbewaff-
neten Madschamekriegern, die von Schangali, bezw.
Hauptmann Johannes auf die Nachricht vom
Einfalle der Feinde in Madschame zurückgesandt
waren, angekündigt hatten.
Sonnabend, 14. Juli, kamen sogar noch zwei
Soldaten nach Nkarungo. Doch sandte ich dafür
zwei andere zurück. Um es gleich hier zu sagen:
die Wächter haben sich sehr gut benommen, waren
bescheiden und willig, vor Allem wachsam. Und es
war manchmal recht kalt und regnerisch, daß sie
wohl gern unter ihre Decke gekrochen wären. Sie haben
durch ihr Betragen dem Rufe der Missionsstation
nicht im Geringsten geschadet.
Sonntag, 15. Juli. Kurz nach dem Gottes-
dienst, den ich erst für die Jugend der Landschaft
gehalten hatte, dann für die Christen und die er-
wachsenen Heiden — großer Jubel: so gut wie alle
Madschamekrieger kehren von Aruscha zurück, da
sie fürchteten, daß ihr Land gänzlich ausgeraubt
worden seil
Dienstag, 17. Juli, kam einer der von
Br. v. Hopffgarten in Schiro zurückgelassenen
Arbeiter mit der Meldung, daß die Meruleute die