Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

sie giebt seit Jahren soviel Chinin ab, wie die Be- 
völkerung verlangt; jetzt ist man schon zu einem 
Quantum gekommen, das jährlich über 2000 kg be- 
trägt. Sie können sich wohl vorstellen, wie viele 
Parasiten dadurch aus der Welt geschaffen werden. 
Infolge dieser Maßregel ist auch, wie ich überzeugt 
bin, die Malaria in Niederländisch-Indien, z. B. in 
Batavia, sehr zurückgegangen. Also Aerzte und 
Chinin! Die Aerzte müssen aber bestimmte Be- 
dingungen erfüllen, sie müssen mit dem Mikroskop 
umzugehen verstehen und mit aller Sicherheit die 
Parasiten im Blut aufzufinden wissen und sie müssen 
fermer mit der Anwendung des Chinins vertraut 
sein, damit sie die Malariakranken wirklich heilen, 
d. h. so heilen, daß keine Rezidive mehr vorkommen. 
Augenblicklich sieht es in den Tropen in dieser Be- 
ziehung noch recht traurig aus; in Neu-Guinea z. B. 
liegen die Verhältnisse so: In der ganzen Kolonie 
befinden sich überhaupt nur zwei Aerzte, der eine in 
Herbertshöhe und der andere in Stephansort. Beide 
haben die ärztliche Thätigkeit auf den Plantagen und 
sind so beschäftigt, daß ihnen zu Blutuntersuchungen 
der Malariakranken keine Zeit bleibt. 
Ich bin jedoch nicht der Meinung, daß man 
sofort viele Aerzte hinausschicken und mit dem Chinin 
Vergeudung treiben soll, aber man könnte doch an 
einzelnen geeigneten Stellen einmal einen Anfang 
machen. Ich bin überzeugt davon, daß wir auch in 
dieser Weise vorwärts kommen werden. Man wird 
dann allmählich weitere Plätze in Angriff nehmen 
und die Bekämpfung der Malaria immer mehr aus- 
dehnen. Sie werden allerdings dagegen einwenden, 
daß ein solches Vorgehen viele Kosten beansprucht. 
Aber im Grunde genommen ist die ganze Malaria= 
frage weiter nichts als eine Geldfrage. Den Kosten 
für Aerzte und Chinin gegenüber stehen die großen 
Verluste an Menschenleben, an Arbeitskräften und, 
was ich ganz besonders hoch anschlagen möchte, der 
große Verlust an Erfahrung, der durch den fort- 
währenden Wechsel der Beamten entsteht. Unsere 
Leute halten es in den Tropen ein Jahr, oder wenn 
es hoch kommt, zwei Jahre aus, dann sind sie durch 
die Malaria so heruntergekommen, daß sie nach 
Hause müssen. Würde man dafür sorgen, daß sie 
länger draußen bleiben können, dann würde es nicht 
nöthig sein, daß nach so kurzer Zeit die neuen An- 
kömmlinge erst wieder Erfahrungen sammeln müssen. 
Sie müssen auch noch, namentlich in Neu-Guinea, 
die Bevölkerungsvermehrung berücksichtigen. Die 
Kinder sterben an der Malaria in großer Zahl da- 
hin, ganz abgesehen von dem, was durch Kindsmord 
verloren geht. Die Bevölkerung kann sich nicht ver- 
mehren, so lange die Zustände dauern, wie sie jetzt 
sind. Bei größeren Unternehmungen, Eisenbahn- 
bauten, Hafenanlagen u. dergl., überhaupt bei jeder 
Gelegenheit, bei der eine Menge empfänglicher 
Menschen zusammenströmt, werden sich die schwersten 
Ausbrüche der Malaria ereignen, wie es in Nieder- 
ländisch-Indien an verschiedenen Stellen der Fall 
947 
  
  
  
1 
  
gewesen ist, und wie wir es sogar bei uns gelegent- 
lich des Hafenbaues in Wilhelmshaven erlebt haben. 
Es ist außerdem zu berücksichtigen, daß wir schon 
an und für sich verpflichtet sind, die kranken Menschen 
in unseren Kolonien zu heilen. Wenn wir in dieser 
Beziehung voll und ganz unsere Pflicht und Schuldig- 
keit thun, dann geschieht schon Alles, was zur Aus- 
tilgung der Malaria zu geschehen hat. Bedenken 
Sie, meine Herren, daß die schlechteste Sparsamkeit 
diejenige ist, die auf Kosten der Gesundheit geschieht.“ 
(Anhaltender Beifall.) 
    
— Vvv7V7VTVNVV J 
Titteratur. 
Dr. v. Wissmann: In den Wildnissen Afrikas und 
Asiens. Mit 28 Vollbildern und 42 Text- 
abbildungen von W. Kuhnert. Berlin 1901. 
Paul Parey. 
Das schon erwähnte waidmännische Prachtwerk 
unseres bekanntesten „Afrikaners-" liegt jetzt vollständig 
vor. Es giebt wenige Jäger in der Welt, die 
sich an waidmännischen Erfahrungen mit Hermann 
v. Wissmann messen können. In den Diensten des 
Kongostaates und des Deutschen Reiches sowie auf 
Privatexpeditionen hat er einen großen Theil seines 
Lebens in Central-, Ost= und Südafrika zugebracht 
und stets das edle Waidwerk als schönste Erholung 
betrachtet; auch in die Steppen und Gebirge Central= 
asiens und nach Indien hat ihn seine Jagdpassion 
geführt, und seinem Blei sind die großen Raubthiere 
und die riesigen Dickhäuter Afrikas, der Maralhirsch 
und das Wuldschaf des Altai, der afeoikanische Büffel, 
die Giraffe, die verschiedensten Antilopenarten und 
sonstiges Wild, das der heimische Jäger höchstens in 
den zoologischen Gärten zu Gesichte bekommt, zur 
Beute gefallen. Das vorliegende Werk, in dem 
Wissmann seine jagdlichen Erfahrungen zusammenstellt, 
bietet somit eine Fülle des Interessanten und Be- 
lehrenden, zumal es in der anschaulichen und fesselnden 
Weisc geschrieben ist, die aus den Reisewerken des 
Verfassers bekannt ist. Besonders sympathisch be- 
rührt dabei, daß Wissmann sich überall als echter 
Waidmann zeigt, der am Beobachten des Wildes 
seine Freude hat und bei der Ausübung der 
Jagd nach den Grundsätzen rationeller Schonung 
verfährt, wie er denn bekanntlich ja auch einer 
der ersten Vorkämpfer eines systematischen Wild- 
schutzes in Afrika ist. Die lebensvollen Bilder Meister 
Kuhnerts ergänzen Wissmanns Schilderungen in vor- 
trefflicher Weise, und der Besitz des prächtig aus- 
gestatteten Werkes wird für jeden Freund des edlen 
Waidwerkes eine wahre Freude sein. 
Im Verlage von Dietrich Reimer (Ernst Vohsen), 
Berlin, ist eine von dem Landmesser Böhler her- 
gestellte Karte der Plantagengebiete von Ost-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.