Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Trockenmethode der Eingeborenen wird der 
Kola-Farbstoff zerstört. 
Mit Chloroform extrahirt, erhalte ich nach dem 
Verdunsten des Chloroforms im Glasschälchen bei 
mikroskopvischer Prüfung die charakteristischen Nadeln 
des Koffeins. Chemisch wird durch die Amalinsäure- 
Reaktion die Identität des Koffeins nachgewiesen. 
Eine gquantitative Vergleichebestimmung zwischen 
liberianischen und Kamerun-Kolanüssen wird später 
mitgetheilt werden, da ich mit Herrn Prof. Dr. Thoms 
Kontrollbestimmungen verabredet habe. 
Während Kamerun-Kolanüsse nach einhalbstündi- 
gem Kochen mit Wasser glänzend feine, seidenartige 
Fäden ziehen, ist von einer Fadenbildung — bedingt 
durch die schleimigen Stoffe von gummiartigem Cha- 
rakter — bei den liberianischen Kolanüssen nichts zu 
bemerken. 
Eine aus den liberianischen Kolanüssen hergestellte 
Extraktprobe hat kaffeeartiges Aroma und angenehmen, 
rein bitteren Geschmack. Das aus frischen Kolanüssen 
hergestellte Kolanußextrakt wird für die Schokoladen- 
industrie Bedeutung erlangen können, da es nach 
meinem Geschmack die Schokolade verfeinert und die 
erfrischendere Wirkung außer allem Zweifel steht. 
Herr Conrau bestätigte mir, daß er auf seinen 
Wanderungen stets frische Kolanüsse als Hauptproviant 
mitgeführt, und daß seine Balijungen häufig tagelang 
nur von Kolanüssen gelebt hätten; da beim Kau- 
prozeß die Stärke aufgeschlossen wird, die Kamerun- 
Kolanuß aber noch glycyrrhizinartige Stoffe und 
Eiweiß enthält, liegt in der Kolanuß nicht nur ein 
Genuß= (Koffeingerbsäure), sondern auch ein Nahrungs- 
mittel vor, so daß es sehr wohl erklärlich ist, ohne 
daß wir mit der Ernährungslehre in Konflikt ge- 
rathen, daß Negerstämme von Bananen und Kola- 
nüssen leben, wie Robert Koch gelegentlich eines 
Vortrages ausführte. 
Eine Probe von konzentrirtem, geklärtem Kola- 
zuckersaft aus frischen liberianischen Kolanüssen gab 
mit Milch ein sehr erfrischendes Getränk, welches 
im Geschmack der Kamerun-Kolamilch gleich war. 
Nach den günstigen Ergebnissen, welche nach den 
physiologischen Untersuchungen Oberstabsarzt Dr. 
Schumburg mit Kolamilch erhalten (die Resultate 
seiner Untersuchungen theilte Schumburg auf dem 
Tuberkulose-Kongreß mit (Tageblatt des Tuberkulose- 
Kongresses]), verdient die Kolamulch besondere Beach- 
tung für die Armee und Volksernährung, um so mehr 
als durch ausgedehnte Verwendung der Kolamilch 
als tägliches Genuß= und Nahrungsmittel eine gute 
Verwerthung der Magermilch erreicht wird, da mit 
Magermilch hergestellte Kolamilch sehr schmackhaft ist. 
Mit vortugiesischem und kanarischem Rothwein 
hier aus frischen Kolanüssen hergestellte Proben Kola- 
wein erhält Herr Prof. Thoms zur Prüfung. Nach 
meiner Erfahrung ist Mineralwasser mit wenig Kola- 
wein gemischt ein Tropen-Erfrischungsgetränk par 
excellence und wohlbekömmlich, da die großen Mengen 
Mmeralwasser, welche man hier bei der Hitze — 
  
244 — 
heute 42° C. — genießt, auf die Dauer den Magen 
beeinflussen; der geringe Zusatz von Koffeingerbsäure 
in Form von Kolawein macht das Mmeralwasser 
entschieden bekömmlicher, und ich ziehe dieses Getränk 
der Mischung mit Cognak und Whisky sowie Weiß- 
wein vor. 
Eine auffallend günstige Wirkung des Kolanuß= 
Extraktes in diätetischer Beziehung erfuhr ich an mir 
selbst bei dysenterieartigen, mit heftigen Schmerzen 
verbundenen Durchfällen, welche ich mir durch Genuß 
von frischem Krotonsamen aus dem botanischen Garten 
zugezogen hatte. Em Dekokt aus frischen Kamerun= 
Kolanüssen, das sehr schleimreich war und auf Zusatz 
von etwas Citronensäure einen prächtigen himberrothen 
Farbenton annahm, bewährte sich in diesem Fall als 
diätetisches Getränk. 
Einen mit einem Dekokt aus frischen Kolanüssen 
bereiteten Reisschleim oder Haferschleim halte ich für 
ein empfehlenswerthes diätetisches Getränk bei Dys- 
enterie, was hier seitens der Pflanzungsgesellschaften, 
deren Arbeiter bei dem Uebergang zur Reisnahrung 
leicht an Dysenterie erkranken, versucht, werden sollte. 
Da die Erfahrung hier täglich lehrt, daß die aus 
dem Hinterlande kommenden Arbeiter, z. B. Bali-, 
Bangwe-, Yaonde= #. Leute, bei dem Klimawechsel 
und bei dem Uebergang zur Reisnahrung leicht an 
Dysenterie erkranken und in der That ein unver- 
hältnißmäßig großer Prozentsatz der Leute hier ge- 
storben ist, so sollte man mit rascher Entschlossenheit 
in der Ernährungsfrage eine Aenderung eintreten 
lassen und den Arbeitern fertig zubereitete, leichtver- 
dauliche Reisnahrung zuführen. Ursprünglich wollte 
ich nicht recht daran glauben, daß in der Reisnahrung 
die Hauptquelle der Dysenterie-Erkrankungen zu 
suchen sei, da bekanntlich Reis, gut durchgekocht, ein 
leichtverdauliches Nahrungsmittel, ja eine Kinder- 
nahrung ist. Bald aber überzeugte ich mich, daß die 
Arbeiter den Reis nicht genügend durchkochen und 
es daher erklärlich ist, wenn Verdauungsstörungen 
nach Genuß dieser unzulänglich zubereiteten Reis- 
nahrung bald auftreten. 
Durch Aufstellung eines geeigneten Kochkessels — 
z. B. System Len king — bei den Vorwerken der 
Pflanzungen bezw. bei den Arbeiterwohnungen ist die 
centrale Darstellung einer gut gekochten Reisnahrung 
für die Arbeiter, fertig zubereitet, mit etwas Salz- 
fleisch oder Fisch, bei dem hiesigen Fischreichthum 
bequem und ohne nennenswerthe Mehrkosten durch- 
zuführen. Wenn den Arbeitern die Hauptmahrung 
in leichtverdaulicher Form fertig zubereitet geliefert 
wird, ist zu hoffen, daß die Erkrankungen der aus 
dem Hinterlande kommenden Arbeiter sich verringern 
werden, vorausgesetzt, daß mit der besseren Ernährungs- 
weise eine gründliche Desinfektion der Wohnungen 
vor dem Einziehen neuer Arbeiter vorgenommen 
wird. Da die Erdfußböden in den Wohnungen der 
Arbeiter sich nicht sicher desinfiziren lassen, und daher 
die Gefahr vorliegt, daß dieselben eine stete Ansteckungs- 
quelle für die Bewohner bilden werden, wäre eine
	        
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