Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Deutschland. Pocken, Cholera und Ruhr sind un— 
bekannt, während Masern und Influenza auch hier 
Einzug gehalten haben. Malaria, Sumpffieber, 
Wechselfieber oder ähnliche Tropenkrankheiten kommen 
hier nicht vor. 
Als einzig spezifisch samoanische Krankheit tritt 
bei Europäern und Eingeborenen die Elephantiasis 
auf; doch kann man durch vorsichtiges Leben sich 
auch vor ihr schützen. 
Was nun die Behauptung anlangt, daß in Samoa 
Weiße nicht dauernd im Freien arbeiten können, so 
ist nur darauf hinzuweisen, daß dergleichen Behaup- 
tungen nur von Leuten ausgesprochen werden, die 
niemals den Versuch gemacht haben, auch nur einen 
Spatenstich oder einen Axthieb zur Kultivirung Sa- 
moas anzusetzen. Die Thatsachen beweisen das Ge- 
gentheil solcher Behauptungen: nämlich, daß eine 
hinreichende Körperbewegung und ausgiebige Schweiß- 
absonderung zum Wohlbefinden des Körpers in 
Samoa geradezu erforderlich sind. 
Allerdings versteht man unter der Arbeit eines 
Ansiedlers nicht eine solche von ähnlicher Zeitdauer, 
wie wir sie in den Sommermonaten auf deutschem 
Großgrundbesitze von Tagelöhnern ausgeführt sehen. 
Man denke sich vielmehr, daß ein Ansiedler am 
Morgen drei bis vier Stunden auf seinem Lande 
arbeitet und dann sich auf seinem Gehöfte im Schatten 
oder in seinem Hause beschäftigt, um gegen Abend 
abermals drei oder auch nur zwei Stunden draußen 
zu arbeiten, — was im Ganzen sechs Stunden 
Arbeitszeit auf dem Felde ausmacht. Eine solche 
Arbeit schadet hier Niemandem und genügt nicht nur, 
das tägliche Bedürfniß an vegetabilischer Nahrung zu 
befriedigen, sondern auch um ein verhältnißmäßig 
großes Stück Land in einigen Jahren in einen erfolg- 
versprechenden Zustand zu bringen. 
Ob das Klima für weiße Frauen zuträglich ist, 
ist noch niemals wissenschaftlich erforscht worden. 
Gegentheilige Nachrichten sind auch in diesem Falle 
mit aller Reserve aufzunehmen. Daß weiße Frauen 
nicht im Freien arbeiten, ist selbstverständlich. 
Die Arbeiterfrage. Arbeiter für Pflanzungen 
der Weißen in Samoga sind nicht zu haben. 
a) Samoanische Eingeborene arbeiten nicht. 
Sie halten Arbeit für Weiße für eine Schande und 
falls sie nothgedrungen, d. h. um ein momentanes 
Bedürfniß zu befriedigen, arbeiten, so dauert diese 
Arbeit eben nur so lange, bis das Bedürfniß nach 
Geld, Waaren 2c. befriedigt ist. 
Aus diesem Grunde können samoanische Einge- 
borene nur als Kontraktarbeiter verwendet werden; 
und auch dann ist es zweifelhaft, ob sie die ihnen 
übertragenen Arbeiten vertragsmäßig ausführen werden. 
b) Die hier schon sehr zahlreiche Mischlings- 
bevölkerung ist als Arbeitermaterial unbrauchbar. 
Unter den obwaltenden Umständen sollte nur der 
sich in Samoa ansiedeln, der auf die Energie der 
eigenen Gliedmaßen und auf die eigene Willen kraft 
sich zu verlassen gewillt ist. 
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Der Satz, daß der Erfolg kleiner und mittlerer 
Kapitalisten sehr pessimistisch zu betrachten sei, kann 
daher in folgender Weise modifizirt werden: Groß- 
kapitalisten haben voraussichtlich gar keine Aussicht 
auf Erfolg, da ihnen das Arbeitermaterial mangeln 
wird. Mittlere Kapitalisten haben wenig Aussicht 
auf Erfolg, selbst wenn sie selbst arbeiten wollen, 
weil die Kräfte eines Einzelnen nicht ausreichen 
werden, um einen mit mittlerem Kapitale erkauften 
Grundbesitz zu bewirthschaften. Der selbstarbeitende 
kleine Kapitalist allein hat Aussicht auf Erfolg. 
Landerwerb. Land kann nur von Weißen ge- 
kauft werden, welche durch die in dem Berliner 
Samoavertrage vorgesehene Landkommission im Besitze 
von Ländereien bestätigt worden sind. Sowohl Pri- 
vate wie Gesellschaften sind im Besitze von unkulti= 
virten Ländereien. 
Die Landpreise sind für unkultivirte Ländereien 
noch ziemlich niedrig. 
Bei einem vor dem „Obersten Gerichtshofe für 
Samoa“ anhängig gewesenen Prozesse wurden die 
Landpreise von Experten, wie folgt, abgeschätzt: 
1. Werth eines engl. Acre (= 40 Ar) gut be- 
standenen Kokosnußlandes in voller Tragfähigkeit und 
innerhalb eines Umkreises von 5 engl. Meilen von 
Apia gelegen 40 bis 100 Dollar (zu 4 Mk.). 
2. Werth eines engl. Acre unkultivirten Landes 
auf der Insel Upolu innerhalb einer Entfernung von 
u¼ Meile vom Strande, mit Wegen für Abfuhr der 
Produkte 5 bis 20 Dollar. 
3. Werth eines engl. Acre Landes derselben Be- 
schaffenheit wie ad 2, nicht über ½ Meile vom 
Strande entfernt, 3 bis 15 Dollar. 
4. Werth eines engl. Acre Landes derselben Be- 
schaffenheit wie ad 3, nicht über 1½⅛ Meilen vom 
Strande entfernt, 1 bis 6⅛ Dollar. 
5. Werth eines engl. Acre Landes auf der Insel 
Savai#, unkultivirt und nicht über ¼ Meile vom 
Strande entfernt, 2 bis 13½ Dollar. 
6. Durchschnittsertrag an Kopra eines gut mit 
Kokospalmen bepflanzten Acres: von 1000 lbs bies 
zu ½ Tonne. (NB. 1 Tonne engl. —= 2240 lbs 
englisch.) 
Diese Abschätzungen werden in Zukunft als Richt- 
schnur bei Bewerthung samoanischer Ländereien dienen 
können; sie finden sich in der Zeitung Samoa-Times 
(vom 20. Juni 1896) abgedruckt. 
Es ist in ihnen allein die Kokosnußkultur (die 
bequemste aller Kulturen für den, der sieben Jahre 
auf Erträge warten kann) in Betracht gezogen, die 
aber in Zukunft wegen der fallenden Tendenz der 
Koprapreise wahrscheinlich durch andere Kulturen 
verdrängt werden wird. Die Kokospalme wächst gut 
nur an der Küste. Je tiefer dieselbe in das Innere 
der Insel dringt, je mehr nimmt ihr Ertrag ab, da 
sie einen kalkhaltigen, mit Salz geschwängerten Boden 
und anhaltende Seebrise fordert. 
Der Boden an der Küste ist aber für andere 
Kulturen weniger zweckentsprechend, und je tiefer der
	        
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