Deufsch-Neu-Guinra.
Leber eine Expedition im Dinterlande von Friedrich=
wilbelmshafen und Stephansort
berichtet Gouverneur v. Bennigsen, wie folgt:
Anfang Februar traf der „Johann Albrecht“ der
Neu-Guinea-Kompagnie, der in Neu-Hannover und
Neu-Mecklenburg Arbeiter abgesetzt und angeworben
hatte, in Herbertshöhe ein, und der an Bord befind-
liche Plantagenleiter, Herr Loag aus Friedrich-
Wilhelmshafen, theilte mir mit, daß sie voraussichtlich
am 4. über die Frensh-Inseln nach Neu-Guinea
zurückfahren würden. Ich benutzte diese günstige, da
ich mit der „Stettin“ Ende Februar zurückfahren
konnte, auch nicht sehr zeitraubende Gelegenheit, um
am 4. mit dem „Johann Albrecht“ abzudampfen
zwecks Besuch der für den Handel wichtigen Frensh-
Inseln und Erledigung dringender Angelegenheiten
in Friedrich-Wilhelmshafen sowie im Hinterlande
von Friedrich-Wilhelmshafen und Stephansort.
Leider war die Fahrt bis zu den Frensh-Inseln
wegen widriger Winde und Strömung sehr langsam.
Erst am 8. mittags trafen wir daselbst im Peter-
hafen (Insel Deslacs) ein. Die dort auf einer vor-
springenden Landzunge befindliche Handelsstation der
Neu-Guinea-Kompagnie, Händler Peter Hansen,
dänischer Nationalität, liegt außerordentlich günstig,
da große Schiffe in vollständig geschützter Lage bis
dicht an Land gehen können. Bisher wird in den
Frensh-Inseln ausschließlich Kopra produzirt. In
letzter Zeit hat aber die Komvagnie begonnen, zum
Export werthvollere Hölzer wie Affcelia bijuga
(Neu-Guinea-Eisenholz) und Calophyllum ino-
Phyllum (Neu-Guinea-Rosenholz) schlagen zu lassen.
Der Händler hat im letzten Geschäftsjahre 250 Tons
Kopra an die Kompagnie abgeführt. Er hoafft, diese
Ausfuhr in der nächsten Zeit sicher beizubehalten
und, falls er sich, wie beabsichtigt, ein kleines Dampf-
fahrzeug beschafft hat, dieselbe auf 300 Tons pro
Jahr zu steigern.
Der Boden der Insel Vidu (Deslacs) ist an-
scheinend in den nicht steinigen, ebenen Partien sehr
fruchtbar und ist mit dichtem, urwaldartigem, riesige
Stämme enthaltendem Busche bestanden. Die Be-
wohner der Gruppe sind vollständig nackt umher-
laufende, auf der niedrigsten Kulturstufe stehende
Kanaken, welche mit den Usiai (Bewohner des
Innern) der Admiralitäts-Inseln gewisse Aehnlichkeit
haben. Nachdem 1894 und 1895 die Pocken stark
hier gewüthet haben, ist die Bevölkerung in der
Abnahme begriffen, zu der insbesondere auch der
geübte Kindesmord viel beiträgt.
Die beiden Inseln Vidu und Ningjaii (Mundua)
sind im Jahre 1897 von der Kompagnie unter
Auslegung von Eingeborenen-Reservationen gekauft,
ohne jedoch bisher im Grundbuche eingetragen
zu sein.
Am 9. mittags fuhren wir, fortwährend mit
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widrigem Winde und Strome kämpfend, bei der
der „Johann Albrecht“ durchschnittlich nur zwei bi-
drei Meilen machen konnte, nach Neu-Guinea weiter.
Wir hielten uns ziemlich nahe der Küste Neu-
Pommerns, dessen herrliche Berge bläulich zu uns
hinüber schimmerten. Long-Eiland wurde für kurze
Zeit, ohne Anker zu werfen, angelaufen, da Herr
Loag dort durch Rücksprache mit den Eingeborenen
eine spätere Anwerbung vorbereiten wollte. Eir
Kanu mit zwei Männern im Kriegsschmuck kam
längsseits, und die Leute wurden mit Geschenker
reichlich bedacht unter dem Bedeuten, daß wir bald
wiederkommen würden. Die anscheinend fruchtbare
und gut bewaldete Insel ist nur schwach von einem
Stamme bevölkert, dessen Typus auf seine Verwandt-
schaft mit den Papuas hinweist.
Wir nahmen jetzt südlichen Kurs und steuerter,
zwischen Long-Eiland und der unbewohnten, bizarr
geformten Kronen = Insel hindurch weiter nach
Friedrich-Wilhelmshafen, welches wir am 12. er-
reichten. «
Nach Erledigung einiger Amtsgeschäfte brach ich
am 13. mittags in Begleitung des Kaiserlichen
Richters, Assessor Boether, des Plantagenleiters
Loag, einer Polizeitruppe von 10 Mann unter
Führung des Polizeimeisters Fitsch und einer
Trägerkolonne von 30 Mann über Jomba nach
dem Hinterlande von Friedrich-Wilhelmshafen und
Stephansort auf, in der Absicht, die Trace des
Weges zwischen Friedrich-Wilhelmshafen und
Stephansort, dessen Bau seitens des Gouvernement=
beabsichtigt wird, zu erkunden und in den Dörfern
der Tamuls (Eingeborenen) die Herausgabe der bei
ihnen als Arbeiter festgehaltenen, weggelaufenen
Chinesen der Neu-Guinea-Kompagnie zu erreichen.
In Jomba war früher seitens der Kompagnie
mit gutem Erfolge Tabakbau getrieben. Leider hat
derselbe einige Zeit wegen Arbeitermangel geruht,
soll aber jetzt unter Leitung eines älteren Sumatra=
Pflanzers wieder ausgenommen werden. Augenblick-
lich geschehen dort nur die nothwendigsten Arbeiten,
um eine kleine Kokospalmen= und Kakaopflanzung in
Ordnung zu halten. Von Jomba gingen wir immer
durch sehr fruchtbares Gelände und dichten jungen
Urwald bis zu dem kleinen Orte Jessup, wo wir
bei herrlichem Mondscheine übernachteten. Am
anderen Morgen wurde nach einer halben Stunde
Weges der Marienfluß überschritten. Assessor Boether
war in dieser Gegend schon einige Zeit vorher mit
Schneisenschlagen und Verbreiterung der Eingeborenen-
Pfade thätig gewesen und hatte bei dieser Gelegen-
heit festgestellt, daß der Marienfluß nicht, wie auf
der Lauterbachschen Karte eingezeichnet ist, in stark
südlicher Richtung entspringt, sondern daß er an-
scheinend genau nach Westen in einem anderen Ge-
birgsthale, dem Flusse Gogol ziemlich parallel, ver-
läuft. Der Marienfluß hat in der Regenzeit eine
sehr starke Strömung und ein sehr breites Bett, so
daß seine Ueberbrückung einige Schwierigkeit haben