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wird, aber umgangen kann er nicht werden. Jenseits
des Marienflusses berührten wir, bergauf, bergab in
sechsstündigem beschwerlichem Marsche die nur je aus
einigen Hütten bestehenden Ortschaften Mala, Medog,
Haje, Kabal-Kabal. In Mala wurde, da wir den
dort hausenden Chinesen nicht dingfest machen konnten,
ein älterer, anscheinend angesehener Mann als Geisel
für die Auslieferung des Chinesen mitgenommen.
Gegen 4 Uhr schlugen wir in der Nähe des Gogol,
in dem Dorfe Ajeb Lager auf und traten mit den
hier wohnenden Tamuls in Verkehr.
Am anderen Morgen brach ich mit drei Jungen
etwas früher wic die übrige Karawane auf in der
Richtung auf den Gogol, an dessen User wir nach
Verständigung durch Signalschuß zusammentrefsen
wollten. Der Signalschuß wurde später gehört und
von mir erwidert, aber in dem wilden unwegsamen
Gelände gelang ein Zusammentreffen nicht. Ich ver-
suchte zuerst in stark westlicher Richtung den Gogol
zu erreichen und gerieth hierbei in einen Nebenfluß
desselben, dessen Bett in Korallenfelsen mit wunder-
vollen Kaskadenbildungen gehöhlt war. Besonders
auffallend in dieser Gegend, dessen Boden durchweg
vorzüglicher Kulturgrund ist, ist die Erscheinung, daß
der Korallenfels auch an den Bergspitzen von Zeit
zu Zeit zu Tage tritt. In dem Korallenbette des
Flusses wanderte ich thalwärts möglichst lange hinab,
in der Hoffnung, auf diese Weise den Gogol zu er-
reichen. Jch mußte aber das Flußbett, als es zu
tief und reißend und die Korallenwände links und
rechts steil abfallend wurden, verlassen, um, eine
etwas langsamer ansteigende Stelle des Ufers zum
Anstiege wählend, wieder steil bergauf, bergab meinen
Marsch fortzusetzen. Gegen Mittag verlor ich die
Hoffnung, den übrigen Theil der Expedition wieder
zu finden und wendete mich nun nach Osten, um
eventuell noch am Abend die Küste zu erreichen und
mich dort zu orientiren. Gegen 2 Uhr kam ich,
nachdem ich bis dahin im Ganzen sechs Dörfer passirt
hatte, deren Bowohner gestohen waren, weil sie jeden-
falls von unserem Vorgehen in Mala durch Trommel-
signale verständigt waren, in einem kleinen, aus sechs
Hütten bestehenden Orte an. Hier traf ich einen
älteren, zutraulichen Mann, der sich mir als Führer
bis zur nächsten Ortschaft anbot. Von dort erhielt
ich weitere Führer und marschirte darauf im sumpfigen,
theilweise mit Sagopalmen bestandenen Flußgebiete
des Gogol der Küste zu, die ich der Insel Bili-Bili
gegenüber in der Nähe des Dorfes Koning erreichte.
Zehn Minuten den Strand entlang gehend, befand
ich mich alsdann an dem weiten, mächtigen, Baum-
stämme fortwirbelnden Anslaufe des Gogol. Kanus
waren nicht aufzufinden. Der mich begleitende
Spießjunge Lagum wagte schließlich, auf cinem
Baumstamme sich fortrudernd, den Fluß zu über-
schreiten, in der Absicht, baldmöglichst von Erima-
hafen ein Boot herbeizuschaffsen. Vollständig durch-
geregnet ging ich dann nach Koning zurück und legte
mich in einer offenen, rauchdurchzogenen Tamulhütte
in den nassen Kleidern auf einem Bretite zum Schlafen
nieder. Meine Nahrung bestand an diesem Tage aus
einigen Kokosnüssen und Bananen.
Am folgenden Morgen hatte ich das Glück, vom
Strande aus ein Kann der Bili-Bili-Leute zu be-
merken, welche auf meinen Wink herankamen und
mich trotz des hohen Wogenganges bereitwilligst über
die Mündung des Gogol hinüberbrachten. Die Kanus
der Bili-Bili-Leute, die als Seefahrer berühmt sind,
sind sehr tiefgehend gebaut und mit weitem Ausleger
versehen und daher sehr seetüchtig. Am Strande
entlang wandernd, traf ich halbwegs zwischen dem
Gogol und Erimahasen das dortige Boot der Neu-
Guinea-Kompagnie und erreichte mit ihm mittags
Erimahafen. Dort war für alle Fälle ein Zusammen--
treffen mit der übrigen Expedition verabredet worden.
Als dieselbe aber bis Abend noch nicht angekommen
war, beschloß ich, verstärkt durch den Kompagnie=
beamten Kleinschmidt und einige bewaffnete Far-
bige, am anderen Morgen drei in der Richtung auf
Stephansort liegende Tamulsdörfer auf Chinesen-
haltung zu untersuchen.
In Erimahafen besichtigte ich das neu ausfgestellte
Sägewerk der Kompagnic und die bisher verarbeiteten
bezw. geschlagenen Stämme.
Auf der am folgenden Morgen angetretenen
Wanderung berührte ich die Ortschaften Balama,
westsüdwestlich von Erimahafen, mit 12 Hütten,
dann, von Balama südlich, Erima mit 24 Hltten
und südlich von Erima Zenadge mit 15 Hütten.
Ich bemerkte keine Spuren, die auf die Anwesenheit
der seitens der Kompagnieverwaltung, insbesondere
in Zenadge vermutheten Chinesen schließen ließen.
Die Leute blieben bei ihren Hütten und waren
durchaus nicht ängstlich, so daß sie sich wohl eines
guten Gewissens erfreuten. Ich ließ dieselben darauf
aufmerksam machen, daß sie keine Wegläuser be-
herbergen dürften und für Rückbringung solcher Be-
lohnung erhalten würden. Vor Stephansort mußte
ich, nachdem wir schon den ganzen Tag über in
Sumpf und Wasser gewatet hatten, weil das Schienen-
gleise der Neu-- Guinea-Kompagnie fortgerissen war,
den stark angeschwollenen Gogol im heftigen Kampfe
mit der reißenden Strömung, bis an die Brust im
Wasser, durschreiten. In Stephansort traf ich Herrn
Geheimrath Koch und seinen Assistenten Stabsarzt
Dr. Ollwig beim besten Wohlsein an. Mit den
bisherigen Ergebnissen seiner Malariasorschung in
Neu-Guinea war Herr Geheimrath Koch außer-
ordentlich zufrieden. Frau Geheimrath war leider
nach einem schweren Fieberanfall so leidend geworden,
daß ihre Rückkehr nach Deutschland mit dem nächsten
Dampfer beschlossen war.
Am anderen Tage trafen Assessor Boether und
Plantagenleiter Loag mit den übrigen Leuten in
Stephansort ein. Auch sie hatten mancherlei Irr-
fahrten mangels guter Führer zu überstehen gehabt.
Ueber die Wegcanlage waren beide Herren derselben
Ansicht wie ich geworden, nämlich, daß man den
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