Chinde liegt auf einer Insel im Delta des Zam-
befi an einer der nördlichen Einmündungen. Die süd-
lichen Hauptmündungen des Zambesi sind versandet.
Die Befahrbarkeit der Chindemündung wurde erst
vor einigen Jahren durch einen Engländer entdeckt.
Dieser Entdeckung verdankt das Protektorat von
Britisch-Centralafrika seine Entstehung. Früher fuhr
man, um von der See in den Zambesi zu kommen,
in kleinen Leichtern und Booten den bei Quelimane
mündenden schmalen Arm des Zambesi hinauf.
Doch ist derselbe bei großer Trockenheit nicht
passirbar.
Der portugiesische Zolltarif ist ein sehr kom-
plizirter. Bei der Abfertigung sind nahezu alle
Kolli zu öffnen und die Waaren einzeln zu ver-
wiegen, zu vermessen 2c. Außer dem Zoll wird
gleichzeitig eine Umsatzsteuer (1½ PpéCt.) erhoben.
Auch Gewerbesteuer, höher wie im deutschen Gebiet
und eine Kopfsteuer (von Nicht-Portugiesen) werden
erhoben.
Chinde ist ein kleiner Ort auf einer flachen, mit
spärlicher Vegetation bedeckten Düne, hat koum 1000
Einwohner, unter denen etwa 12 Deutsche, 60 Eng-
länder, 50 Portugiesen, 60 Asiaten sind. Der Rest
besteht aus eingeborenen, bei den verschiedenen Ge-
sellschaften beschäftigten Arbeitern, welche indeß in
der Mehrzahl alle drei bis sechs Monate wechseln.
Die Arbeiterverhältnisse sind in Chinde keine gün-
stigen, die Arbeiter werden nur mit Erlaubniß der
Zambesi-Gesellschaft und durch dieselbe angeworben.
Chinde ist weniger Handelsplatz als Centralplatz der
verschiedenen Transport= und Handelsgesellschaften,
abgesehen von der Zambesi-Company, einigen Goa-
nesen, 10 Indern und einer englischen Firma Murray,
welche ein Hotel unterhält und europäische Lebens-
mittel verkauft. Inder und Goanesen leben vom
Absatz an die fluktuirende Arbeiterbevölkerung der
Stadt. Sharrers Zambesi Traffic Co. versieht fast
allein ihre Stationen im Protektorat. Ebenso die
African Lakes Trading Comp. und Deuß Vertin.
Die beiden ersten haben gleichzeitig eine Reihe von
Flußdampfern. Die International African Flotilla
and Transport Comp. macht keine Handelsgeschäfte.
Die Zambesi Company liesert an die einzelnen
Bezirke (prazos) ihres ausgedehnten Gebiets, zu
welchem indeß die nähere Umgebung von Chinde
nicht gehört. Diese wird, abgesehen von dem Bezirk
der Luabo-Komp. von der portugiesischen Regierung
selbst verwaltet. Die Zambesi Company bezieht
einen großen Theil ihrer Waaren aus Portugal.
Die nach dem Protektorat von Britisch-Centralafrika
gehenden Tauschartikel sind sämmtlich Manchester-
waaren, einige Perlenarten sind österreichisches und
wenige Arten leichter bedruckter Baumwollenwaaren
indisches Fabrikat.
Chinde dürfte in wenigen Jahren ein bedeutender
Platz werden, sobald die Kohlenfelder bei Tete am
mittleren Zambesi weiter ausgebeutet werden. Die
Kohle wird nach amtlichem Bericht der besten eng= Aussehen, ist bevölkert.
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einen großen luftigen Salon.
lischen Kohle an Heizkraft gleichgestellt und kosftet
in Chinde 30 Schill. die Tonne, während die befsere
englische Kohle selten unter 50 Schill. einsteht. Die
Oceana-Gesellschaft, welche die Kohlen fördert, ist
beschäftigt, an verschiedenen Plätzen am Zambesi und
Shire Kohlenstationen einzurichten. Einstweilen wird
von allen Flußdampfern nur Holz als Feuerungs-
material verwandt.
Dann sind die Ufer des unteren Zambesi für
den Anbau von Rohrzucker ausgezeichnet geeigner.
Die zwei Tage stromaufwärts von Chinde befind-
liche portugiesische Zuckerplantage „Vincenti“ führte
im letzten Jahre gegen 600 Tons Zucker und Rum
aus. Augenblicklich wird eine neue mit zumeist
französischen Kapital in Marameo in der Nähe von
Vincenti eingerichtet. Das Land wird mit Dampf-
pflügen bearbeitet. Da bei beiden Unternehmungen
die Besitzer, wenn auch nur dem Namen nach Por-
tugiesen sind, so genießen die Plantagen viele Ver-
günstigungen, namentlich sind sie vom Exvortzoll
befreit, und da sie nach Portugal liefern, auch vom
Importzoll. Gleiche Vergünstigungen sollen sie ver-
tragsmäßig auch Transvaal gegenüber haben, wo
hauptsächlich Rum eingeführt wird.
An verschiedenen Plätzen am oberen Zambesi ist
Gold gesunden.
Zur Bereisung des Zambesi bestieg ich am
21. August den Flotilladampfer „King“. Die neueren
Flußdampfer sind sehr schön eingerichtet, haben vier
große Kabinen, Badezimmer und auf einem Aufbau,
der gleichzeitig nach vorn die Kommandobrücke bildet,
Die Verpflegung
ist gut.
Die Ufer des Chinde und unteren Zambesi sind
niedrig und mit dichtem Schilf eingefaßt. Manch-
mal sieht man meilenweit über die Ufer in die an-
liegende Steppe, die nur spärlich bewohnt und
bewaldet ist. Der Zambesi ist breit und durch Sand-
bänke und Inseln in viele Arme getheilt, das Fahr-
wasser ändert sich beständig. Wir fuhren nur wenige
Male auf und kamen jedesmal bald wieder flott.
Am 22. August passirten wir morgens die Zucker-
rohrplantage Maromeo, dann die Baulichkeiten der
Luabo-Handelsgesellschaft. Gegen Abend erreichten
wir Vincenti. Um die Zuckerpflanzungen in Augen-
schein zu nehmen, fuhr ich mit einem französischen
Reisegefährten auf einer Feldbahn etwa 10 Minuten
lang landeinwärts, aber wir wurden, trotzdem wir
schnell fuhren, von derartigen Mengen von Moskitos
überfallen, daß wir uns ihrer nicht erwehren konnten
und unsere Reise möglichst abkürzten. Am 23. August
nahmen wir bei der Jesuiten-Missionsstation Chu-
panga Holz ein. In der Nähe der Mission liegt
die Frau von Livingstone begraben. Auf dem Grabe
steht ein einfaches Steindenkmal. Zur Beschaffung
eines größeren Denkmals wird z. Z. im Englischen
Afrika gesammelt. Am 24. August liefen wir in
den Shire ein. Die Gegend gewinnt ein anderes
Die Marambaleberge treten