Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

ankamen. Am 15. Oktober marschirten wir weiter 
und erreichten nach einem ungemein beschwerlichen 
Marsch das Dorf Ginda. Zwei meiner Träger er- 
krankten mir schon hier infolge der Strapazen des 
ersten Tages so bedenklich, daß ich sie zurücklassen 
mußte, was mir bei der Freundlichkeit der Ein- 
geborenen kein Bedenken erregte. Ich empfahl sie der 
Obhut des Chefs und ersuchte den mich bis hierher be- 
gleitenden Clerk Süd-Kameruns, Moneh ) sich gleichfalls 
der Kranken anzunehmen. Durch den Verlust der 
beiden Träger war ich gezwungen, ein Zelt und eine 
Geschenkelast zurückzulassen. Ginda liegt ungefähr 
600 m hoch und gewährt nach allen Seiten einen 
schönen Ueberblick über die mit Urwald bedeckten 
Höhen. Am 16. brachen wir unter Führung von 
zwei Gindaleuten auf und erreichten gegen 5 Uhr 
das Dorf Banja. Der Weg war bedeutend besser, 
keine Berge, keine die Wege versperrende Lianen. 
Im Lause des Tages hatten wir einen ziemlich großen 
Fluß, der in der Nähe Fälle bildete, außerdem 
mehrere kleine Flüsse passirt. Am 17. erreichten wir 
gegen 1 Uhr das Dorf Dschimbuli, auch hier nette 
freundliche Leute, die viel Lebensmittel brachten. 
Am Nachmittag erschien der Sohn des Chefs von 
Buenga, unter dessen Führung wir am nächsten Vor- 
mittag 11 Uhr auf fürchterlichen Wegen, unter 
langem Waten durch Wasser und Ueberschreiten eines 
elwa 30 m breiten, stark angeschwollenen Flusses bei 
strömendem Regen Buenga erreichten. Zuerst waren 
die Eingeborenen etwas ängstlich, beruhigten sich je- 
doch bald und brachten viele Lebensmittel. Ich 
brannte daselbst ein kleines Feuerwerk ab, was ein 
großes Aufsehen erregte. Schon bei Ginda hatten 
wir das Gebiet der Bangandu betreten, deren Haupt- 
dorf Buenga ist. Nach langen Palavern mit dem 
Chef über Stellung von Führern nach dem sagen- 
haften Groß-Kunabembe gelang es mir, am 20. 
meinen Weitermarsch anzutreten. Wir passirten einen 
flachen Wasserlauf und gelangten ungesfähr 8 Uhr 
vormittags nach Busse. Da die Führer angaben, 
daß von hier der Weg nach Groß-Kunabembe fünf 
Tage lang durch unbewohnte Gegend führe, so blieb 
ich dort, um die nothwendige Verpflegung zu kaufen. 
Am 22. früh ging es in fast stetig nördlicher Rich- 
tung weiter. Nach fünfstündiger Marschzeit erreichten 
wir einen reißenden, hoch angeschwollenen Fluß, über 
den mit zwei gefällten Bäumen eine Brücke hergestellt 
werden mußte. Nach zweistündiger Arbeit war dieser 
Fluß passirt und schlugen wir nach einer weiteren 
Marschstunde das erste Nachtlager im Busch auf. 
Am 23. wurde um 10 Uhr der Lukomo, ein tiefer, 
reißender Fluß von etwa 30 m Breite mit einem 
Ueberschwemmungsgebiet von etwa 60 m zu beiden 
Seiten, erreicht. Meine Versuche, den Fluß mittelst 
cines Flosses zu überschreiten, scheiterten bei dem 
starken Strom, so daß ich gezwungen war, mit vieler 
Mühe einen langen Baumstamm herüberzuziehen und 
zu befestigen, eine Arbeit, die mich bis 4 Uhr auf- 
hielt. Um 6 Uhr war der Uebergang bewerkstelligt 
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und wurde ein Lager in der Nähe des Flusses auf- 
geschlagen. Am 24. passirten wir eine etwa 150 m 
breite große Wasserlache, über die wiederum eine 
Baumbrücke geschlagen werden mußte. Nach 2⅛. 
stündigem Aufenthalt wurde der Marsch fortgesetzt. 
Nach kurzer Zeit standen wir an einem etwa 20 m 
breiten Fluß. Wir marschirten an demselben strom- 
auf entlang, fortwährend durch Sümpfe und Wasser- 
lachen watend. Strömender Regen verwehrte selbst 
im Lager das Trocknen der Sachen. Von diesem 
Tage an war ich gezwungen, um meine Leute 
leistungsfähig zu erhalten, die von mir mitgenomme- 
nen Reis= und Fleischvorräthe anzubrechen. Jeder 
Mann trug in seinem Tornister fünf versiegelte 
Säckchen, die je 1½ Pfund Reis und ½ Pfund 
getrocknetes Salzfleisch enthielten, also für jeden 
Mann 10 Tagesrationen. Am 25. hatten wir einen 
schnellen, achtstündigen Marsch ohne zu viel Wasser. 
Der 26. führte uns über ziemlich hohe Berge mit 
schwarzem, anstehendem Gestein. Gegen 3½ Uhr 
erreichten wir den zweiten großen Fluß, den Bange, 
der, etwa 50 m breit, ein gelbes, reißendes Wasser 
mit sich führt. Die darüber führende Bambusbrücke 
war durch das überschäumende Wasser unpassirbar, 
und wurde daher in 1½ stündiger Arbeit eine neue 
Baumbrücke hergestellt. Gegen 6 Uhr hatte die 
Karawane den Fluß überschritten, und schlug ich ein 
Lager am Flusse auf. Am 27. Nachmittags 4½ Uhr 
erreichten wir das Dorf Groß-Kunabembe. Da wir 
vollständig überraschend angekommen waren, entstand 
eine große Aufregung in dem Dorf. Da sich jedoch 
zwei Söhne des Chefs von Buenga hier befanden 
und einer meiner Führer gleichfalls ein Sohn des 
Genannten war, gelang es schnell, die Leute zu be- 
ruhigen. Der Chef des Dorfes Duluku war nicht 
anwesend, es wurde jedoch sofort zu ihm geschickt. 
Inzwischen wies mir sein Sohn Bangu ein gewaltiges 
Blocköaus von wohl 15 m im Quadrat und 5 m 
Höhe und zwei große Nebenhäuser zur Wohnung an. 
Was den Marsch anbetrifft, so sind wir in sechs 
anstrengenden Tagen etwa 36 Stunden marschirt, wobei 
das Ueberschreiten der Flüsse nicht miteingerechnet ist. 
Das Terrain war auf der ersten Hälfte hügelig, auf der 
zweiten fast bergig zu nennen. Die Vegetation war 
dichter Ur= und Buschwald, einige riesige säulenartige 
Rothholzbäume, ein etwas geringer Mittelstand und 
noch Unterwuchs. Sehr viel Gummi. Lianen so- 
wohl wie Kickria. Elephanten spürten sich überall 
in Mengen, auch sehr viele Antilopen verschiedenster 
Art. Bei der Konstruktion des Itinerars habe ich 
unter Zugrundelegung einer mäßigen Geschwindigkeit 
gefunden, daß ich etwa 60 km nach Westen und 
120 km nach Norden gekommen bin, also ungefähr 
auf dem 14. Längengrad und 4. Breitengrad sein 
muß. Die Eingeborenen benahmen sich überall 
freundlich und entgegenkommend, nur hatte man unter 
ihrer Aufdringlichkeit sehr zu leiden. Salz geht 
schlecht, dagegen ist die Nachfrage nach Flintensteinen, 
Zeug und Haumessern sehr groß. 
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