Das ganze Gefecht hat ungefähr 1½ Stunden ge-
dauert, und zeigt der Umstand, daß ich selbst im
Dorfe über 200 Todte gezählt habe, von der Er-
bitterung, mit welcher der Kampf geführt wurde.
Der schwarze Koch, der fast an dem ganzen Ge-
fecht mit großem Muthe theilgenommen hatte, wurde
durch zwei Lanzenstiche schwer und drei Soldaten
leicht verwundet. Ausgenommen der Koch, der in
einer Hängematte transportirt werden mußte, sind
die Verwundeten marschfähig gewesen.
Das Dorf hatte mindestens 200 große, runde
Haussahütten, welche bis auf einen geringen Theil,
die auf Bitten des Chefs von Bertna als Unter-
kunftsort für seine Leute stehen gelassen, niedergebrannt
wurden.
Ich marschirte noch an demselben Abend unter
Mitnahme der Leiche des Herrn Oberleutnants
TDr. Plehn ein wenig zurück und schlug das Lager
im Graslande auf. Am 25. November begrub ich
Herrn Oberleutnant Dr. Plehn und ließ eine drei-
malige Salve über seinem Grabe abfeuern. Um
einer eventuellen Leichenschändung seitens der Ein-
geborenen vorzubeugen, habe ich die Grabstätte voll-
ständig gleich mit dem Boden gemacht.
Einer mir kurz vor dem Tode des Herrn Ober-
leutnants Dr. Plehn gegebenen Weisung zufolge trat
ich am 26. November den Rückmarsch nach der
Station an. Wie aus dem Berichte des Herrn stell-
vertretenden Stationschefs v. Lüdinghausen er-
sichtlich, befand sich der richtige alte Weg nach Bertua
dicht am Dorfe Dsgai; ich war daher nicht genöthigt,
über Bertug zurückzumarschiren. An diesem Tage
war es nicht möglich, Pausen zu machen, da sämmt-
liche Gewässer in der Nähe durch Leichen vergiftet
waren. Erst um 4 Uhr abends erreichte ich einen
guten Wasserplatz, woselbst ich das Nachtlager auf-
schlug. Mein Rückmarsch erfolgte in derselben Weise,
wie der Marsch des Herrn Oberleutnants Dr. Plehn.
Ich erreichte Molundo am 22. Dezember Mittags
12 Uhr. In Molundo lag ich zwei Tage schwer
am Fieber darnieder und konnte daher erst am
25. Dezember nach der Station fahren. Ich mußte
die Expedition theilen, da mir nicht genügend Kanoes
zur Verfügung standen. Der größere Theil unter
meiner Führung fuhr nach der Station, der Rest
blieb unter Aussicht des Sergeanten Buary in
Molundo.
Bericht über den Tod des Asseors Frbrn. v. Gagern.
Hinsichtlich des beklagenswerthen frühzeitigen
Todes des Assessors Frhrn. v. Gagern sind wir
jetzt durch folgenden Bericht des Polizeiinspcktors
Biernatzky, welcher die Mannschaften der v. Ga-
gernschen Expedition vernommen hat, und durch einen
ossenbar vom Herzen kommenden Bericht des Miss.
Müller zu Nyamtan, welch letterer den so früh
Abgerufenen auf seinen letzten Wegen begleitet hat,
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in der Lage, die näheren Umstände des traurigen
Falles historisch klarzustellen.
Der Assessor v. Gagern, welcher am 13. März
d. Is. die Station Jabassi verlassen, erreichte noch
an diesem Tage gegen 7 Uhr abends die Mission,
wie Missionar Müller bestätigt, außerordentlich
angestrengt. Die Soldaten sagen aus, daß sie Herrn
v. Gagern viel in der Hängematte haben tragen
müssen, auch hätte der Boy stets beim Passiren eines
Flusses oder Baches das Taschentuch eintauchen
müssen, womit sich Herr v. Gagern den Kopf und
die Brust anfeuchtete. Der Missionar Müller be-
hauptet, daß Herr v. Gagern ihm gegenüber über
starken Blutandrang zum Kopfe geklagt hätte.
Die Expedition verblieb den 14. auf der
Missionsstation. Am 15. früh 6 ½ Uhr brach Herr
v. Gagern in Begleitung des Missionars Müller
auf, und erreichte die Expedition um 3 Uhr nach-
mittag das Dorf Mangwalle. Die Soldaten schil-
derten den Tag als besonders heiß, sie seien sehr
ermüdet gewesen.
Herr v. Gagern soll abends über Fieberanfälle
geklagt haben. Am 16. brach die Expedition gegen
6 Uhr auf und gelangte zunächst um 8½ Uhr in
das Dorf Mataue, woselbst ein sehr einflußreicher
Häuptling Namens Disake seinen Sitz hat. Der
Häuptling wurde durch Herrn v. Gagern beschenkt,
stellte Führer und Leule, und versprach die Expe-
dition in jeder Hinsicht zu unterstützen. Er hat
auch redlich sein Wort gehalten.
Disake hat mit seinem Bruder Lombi schon seit
19 Jahren Streit. Einige Händler von Nyamtan
hatten dem Lombi große Geschenke gemacht mit der
Bedingung, daß Lombi dafür seinem Bruder Disale
den einzigen Handelsweg versperre, so daß der ganze
Stamm der Ndogobamyakleute vom Handel aus-
geschlossen wurde. Alle diese Händler stehen mit
dem Häuptling von Bodiman, dem sogenannten King
Ms'omum, mit dem Beinamen Ngale, in Handels-
verbindung, was den Handel, der besonders
viel Elfenbein ergiebt, so nachtheilig beeinflußt, daß
unsere deutschen Kaufleute kaum nennenswerthe Er-
folge erzielen. Diesem wollte Herr Regierungs-
assessor Freiherr v. Gagern abhelfen und versprach
dem Disake, er wolle ihm den Weg wieder öffnen
und ihm die ihm gewaltsam weggenommenen Dörsfer,
welche an diesem Wege gelegen sind, zurückgeben.
Der Weitermarsch erfolgte nach einer Stunde
Rast, und wurde dann das gleichfalls dem Disale
gehörige Dorf Ndol gegen 2 Uhr 15 Minuten er-
reicht. Zwischendurch sind noch Marschpansen ge-
wesen.
Hier erklärte Herr v. Gagern dem Missionar
Miüller, er solle in diesem Dorfe mit fünf Sol-
daten und dem Gepäck bleiben. Herr v. Gagern
marschirte darauf in furchtbarster Sonnenhitze mit
15 Soldaten weiter, passirte noch zwei Ortschaften
und da in der Front die Kriegstrommel und
Schießen zu hören, so entschloß er sich, das letzte