Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

Aus dem Bereiche der Misstonen und 
der Antisklaverei-Bewegung. 
Das illustrirte Familienblatt „Die evangelischen 
Missionen“ berichtet über das Wiederaufblühen des 
Missionswerks in Gibeon: 
In Gibeon, der Stadt des Häuptlings Hendrik 
Bitbooi, die während der langjährigen Kriegswirren 
wüst gelegen hatte und erst 1896 wieder mit einem 
Missionar besetzt werden konnte, wurde nach vierzehn 
Jahren nun wieder ein schönes Tauffest gefeiert, bei 
welchem 46 Täuflinge in die christliche Kirche auf- 
genommen wurden. Ein anderes schönes Fest, das 
kurz vorher geseiert wurde, bildete das 25 jährige 
Amtsiubiläum des Schulmeisters Hendrik Witbooi, 
des Sohnes des bekannten Häuptlings. Er ist nach 
dem Urtheil seines Missionars nicht nur ein bekehrter 
Cbrist, sondern übertrifft auch an Treue, Begabung 
und Fleiß vielleicht alle seine Stammesgenossen. 
Auf einer anderen Station im Namalande, Keet- 
manshoop, wurden am 21. Januar 108 Personen 
gelauft. Kaum jemals sind so viele auf einmal 
auf der Station getauft worden. Es war eine er- 
bebende Feier. 
Dasselbe Blatt bringt folgende Mittheilung aus 
dem Arbeitsfelde der Berliner Mission I in Deutsch- 
Ostafrika: 
Die Berliner (1I) Mission hat in den ersten 
Monaten dieses Jahres in Deutsch-Ostafrika drei 
weitere Plätze, Jlembule, Lupembe und Mbeyela, 
besett. Sie liegen fast alle drei auf der Ostseite 
der hohen Livingstonekette, welche die Ostküste des 
Niossasees umsäumt. Sie bilden das Bindeglied zu 
den noch weiter nach Osten in das Herz von Deutsch- 
Cstafrika vorgeschobenen Stationen auf der Hehe- 
Hochebene. Berlin I1 hat jetzt vier Kreise in ihrer 
Niassomission: vier Kondestationen in der Küsten- 
ebene am Njassasee, zwei Kingastationen auf dem 
westlichen Abhang der Livingstonekette, vier Bena- 
stationen auf der höchsten Abdachung dieses Gebirges 
nach Osten zu, und zwei Hehestationen auf der Hehe- 
Hochebene. Wie es scheint, sind ebenso die Konde 
und Kinga im Westen, wie die Bena und Hehe im 
Osten, untereinander stamm= und sprachverwandt. 
  
In demselben Blatt wird einem um die Aus- 
breitug des Christenthums in Samoa hochverdienten 
Muglied der Londoner Mission folgender Nachruf 
gewidmet: 
Am 26. Januar starb in Glasgow der Arzt 
Dr. G. A. Turner; derselbe ist einer der Bahn- 
brecher und der tüchtigsten Londoner Missionare auf 
den Somoainseln gewesen und hat fast 40 Jahre 
an der Evangelisirung dieser unserer neuen Lands- 
leute gearbeitet. Außer dem „Apostel der Südsee“ 
John Williams und seinem langjährigen Arbeits- 
genossen Nisbet hat er wohl die größten Verdienste 
um die Christianisirung der Inseln Upolu und 
465 
  
zurück und ließ sich als Arzt in Glasgow nieder. 
Bis an seinen Tod war er ein hervorragend tüchtiger 
und thätiger Freund der Londoner Missionsgesellschaft. 
„Gott will es“, Zeitschrift des Afrika-Vereins 
deutscher Katholiken, berichtet über die Anlage der 
neuen Missionsstation St. Bonifazius im apostolischen 
Vikariat Tanganyika (Weiße Väter): 
Am 29. September 1899 reiste der Bruder 
Rodriguez (Düsseldorfer) von St. Peter Claver 
im Lande Rukwa ab und erreichte am 4. Oktober 
4 Uhr nachmittags glücklich Mkulwe, den für die 
Neugründung bestimmten Ort. „Unser Sultan Ka- 
kimpa“, so schreibt Bruder Rodriguez am 28. Ok- 
tober an den Pater Hartmann in Karema, „er- 
wartete uns vor dem von seinen Leuten für uns 
erbauten Strohobdach, das jedoch noch nicht ganz 
fertig war. Der Sultan machte einen guten Ein- 
druck auf mich, der mir auch bis zur Stunde noch 
verblieben ist. Sofort richteten wir unsere Zelte 
vor dem Obdach auf, um bis auf Weiteres darin zu 
schlafen, da das Obdach für uns, Begleiter, Vieh, 
Lasten 2c. zu klein war. 
Des Nachts wurden und werden wir noch auf- 
geschreckt durch die vielen Hyänen, die bis an die 
Schilfthüre des Obdaches und bis an das Tuch 
unserer Zelte herankommen und fürchterlich heulen. 
Die Leoparden sind weniger großstädtisch und durch- 
streisen die Dörfer am hellen Tage. 
Gleich am ersten Tag nach unserer Ankunft haben 
wir ungeachtet der Reisemüdigkeit uns an die Arbeit 
gemacht, den Bauplatz für Haus und Hos, für 
Kirche, Schule 2c. abgesteckt, Leute eingeschrieben zum 
Herbeischleppen von Bäumen für Baugehölz, Deck- 
stroh, Schilfrohr, Rindenseile 2c. Doch was wir 
von diesen langsamen und, wenn es erlaubt wäre, 
würde ich sagen Faulenzern von Leuten zu leiden 
haben, kann ich nicht sagen. Wer Gelegenheit zur 
Uebung in der Geduld sucht, mag nur getrost hier- 
her kommen. Doch hoffen wir trotz Allem für Aller- 
heiligen in unsere Wohnung einzuziehen; es geschähe 
eher, doch sind wir schon dreimal eingeregnet. 
Wie Sie sehen, ist der Anfang dornenvoll, doch 
das freut uns; denn sicher ist und bleibt: durch 
Kreuz zum Sieg. Ich hoffe, Ew. Hochwürden in 
Kurzem über unser Haus zu berichten und Ihnen 
sogar eventuell Photographie beifügen zu können. 
Ich habe an den hochwürdigsten apostolischen 
Vikar geschrieben, daß ich glücklich sein würde, für 
den Anfang hier, wo es jeden Tag was zu 
schreinern, zu schmieden 2c. giebt, einige der aller- 
nothwendigsten Werkzeuge zu haben. Die mit- 
gebrachten sind nämlich ganz vom Rost zerfressen 
hier angekommen; Meißel und Säge gingen beim 
ersten Gebrauch in Stücke. 
Letzten Mittwoch haben wir den Besuch des 
Herrn Burkhardt, stellvertretenden Bezirkshaupt- 
Sabaii. Er kehrte im Jahre 1880 in die Heimath manns von Langenburg, gehabt. Er drückte den
	        
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