Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

2. Siar-Ragetta. Miss. Helmich. 
3. Bongu. Miss. Hanke. 
Ueber den Stand des Missionswerkes auf Tami 
in Kaiser Wilhelmsland enthalten die Neuendettelsauer 
„Kirchlichen Mittheilungen“ einen längeren Bericht, 
dem wir Folgendes entnehmen: 
Von der gegenwärtigen Lage auf Tami gllt: 
Das Licht ringt mächtig mit der Finsterniß, aber es 
hat sie noch nicht zu überwinden vermocht. Viel- 
mehr behauptet diese immer noch das Feld. Hören 
wir Bruder Hoh selbst. Er muß in seinen letzten 
Berichten klagen: Einer der Hauptgreuel und -Schäden 
bestehe immer noch, nämlich die planmäßige Ver- 
nichtung der in Entwickelung begriffenen Leibesfrucht 
bei angehenden Müttern. 
Einen besonders breiten Raum nimmt in dem 
heidnischen Leben die geschlechtliche Zuchtlosigkeit ein, 
die ihrerseits wieder zur Eifersucht und Rachsucht 
und blutigen Streithändeln führt. 
Von sonstigem heidnischen Wesen machen sich auch 
die nächtlichen Tänze geltend, welche die Leichtlebig- 
keit und Oberflächlichkeit dieses Handelsvölkleins, die 
ohnedies groß genug ist, noch befördern, das Er- 
wachen einer ernsteren Lebensanschauung hintanhalten, 
für die Predigt des Wortes unempsänglich machen 
helfen, auch den Kindern, die diesen nächtlichen 
Schwärmereien nicht fern bleiben, die Lust zum 
Schulbesuch nehmen. Sie halten, wie sie sagen, die 
Tänze zu Ehren ihrer Verstorbenen 
Auch das Zaubereiunwesen geht noch immer wie 
ungebrochen seinen finsteren Gang. 
Um der Sprachzersplitterung besser Herr 
zu werden, habe ich angefangen, die Jabimsprache 
einzuführen, zumal da die Erwachsenen zum Theil 
sie verstehen. 
Unsere Arbeit an den Kranken des Volkes, 
speziell an den an Wunden Kranken, geht fort. 
Zwei solcher Patienten habe ich mit Erfolg be- 
handelt. Es sind aber auch Leute vorhanden, die 
mit solchen Wundkrankheiten behaftet sind, die an 
Aussatz erinnern; hier ist Vorsicht geboten. Ich 
glaube, fürchten zu müssen, daß diese furchtbare 
Krankheit auch hier existut. 
Anlaß zur höchsten Freude und Dankbarkeit 
gegen den Herrn aber ist uns das Tauffest eines 
Jabim-Jünglings, das wir am Sonntag nach Weih- 
nachten, dem letzten Sonntag und letzten Tag des 
alten Jahres, haben feiern dürfen. 
Der „Kölnischen Volkszeitung“ entnehmen wir 
folgenden Bericht des in Deutsch-Neu-Guinea ver- 
weilenden Schriftstellers v. Hesse-Wartegg über 
die neueste Messionsstation der Väter vom göttlichen 
Wort in Potsdomhafen: 
„Potsdamhafen ist die jüngste Missionsstation 
der Steyler Mission in Kaiser Wilhelmsland und 
gleichzeing auch jüngste Handelsstation der Neu- 
Guinea-Gesellschaft. Die Küsten bilden hier eine 
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kleine, tiefe Bucht, der im Osten ein Inselchen von 
einigen Hektaren Größe vorgelagert ist. Ein Meeres- 
arm von Büchsenschußweite trennt sie von dem mir 
riesigen Urwaldbäumen bewachsenen Festlande. Ringe- 
um liegen Korallenriffe. Die Küstenberge treten hier 
etwas zurück und lassen einer etwa kilometerbreiten 
Ebene Raum, auf welcher zwischen kleinen Dörfem 
der Eingeborenen die Anfänge der neuen katholischer 
Mission vom göttlichen Wort liegen. Ringsherun 
bis an den Fuß der Berge dehnen sich die Bananen 
pflanzungen, Dam= und Tarofelder der Eingeborenen 
aus. 
Vom Schiffe gesehen, bietet die Bucht mit ihrem 
malerischen Hintergrunde ein ungemein liebliches. 
idyllisches Bild dar, das mich in mancher Hmsich: 
an die kleineren oberbayerischen Seen erinnerte. Die 
sich hintereinander aufthürmenden Berge zeigen ähn- 
liche Formen wie dort, und die zunächst liegenden 
Höhen tragen merkwürdigerweise ähnlichen Wiesen- 
schmuck. Saftige grüne Matten ziehen sich die Ab- 
hänge hinauf, hier und dort von kleinen dunkel- 
belaubten Wäldchen unterbrochen, und ein Fußpfad 
schlängelt sich durch die Matten hinauf zur nächsten 
Spitze, die von einem Flaggenstock überhöht wird. 
Man könnte glauben, hundertjährige Kultur hatte 
hier die Urwaldnatur unterworsen und sich dienstbar 
gemacht, so anheimelnd zeigt sich das ganze Bild. 
Indessen die vermeintlichen Matten sind nicht 
mit niedrigem Gras bedeckt, auf dem die Viehherden 
mit ihrem Schellengeklingel weiden, Sennerinnen und 
Hirten ihre Almhütten bauen können, sondern 2 bis 
Zm hohes Alang-Alanggras, durch das man sich 
den Weg mit dem langen Machetemesser bahnen 
muß und das sich nicht für Viehfutter eignet. 
Immerhin ist wenigstens der Totaleindruck von 
Potsdamhafen ein sehr freundlicher und gewinnt 
noch, ich möchte sagen an Großartigkeit, wenn man 
sich umwendend, das weite Meer erblickt, aus welchem 
sich, kaum zwei Seemeilen von der Küste entfernt, 
ein gewaltiger Vulkan erhebt. Aus zwei Kratern 
qualmen mächtige Rauchwolken empor, und die Nord- 
seite ist mit erstarrenden, aber noch glühenden Lava- 
strömen bedeckt. In größerer Entfernung sicht man 
einen zweiten Vulkan, jenen der Lesson-Insel, empor- 
ragen. Em schöneres Plätzchen hätten sich die 
Missionare längs der ganzen Küste nicht wählen 
können, auch kein günstigeres für ihre segensreiche 
Thätigkeit, denn ringsum liegen sieben Papuadörfer, 
deren Bevölkerung noch gänzlich im Urzustonde lebt, 
körverlich und geistig so tief, daß Nächstenliebe und 
Barmherzigkeit hier sicher am richtigen Orte sind. 
Am 6. November v. Js. trasen die Missionare 
P. Vormann und P. Klaffl hier ein, also kaum 
vor sechs Monaten, und als mich die beiden Herren 
in ihrem Boote ans Festland fuhren, konnte ich meine 
Bewunderung über die m so kurzer Zeit gelerstele 
Riesenarbeit nicht zurückhalten. Mu Hülfe zweier 
Brüder und einiger Papuaner hatten sie die Korallen- 
riffe entfernt, welche die Fahrzeuge an der Landung
	        
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