Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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wollte und ein Zurückkehren zur Station der Re- 
gierung im Ansehen geschadet hätte, so erlaubte ich, 
daß die Chefs in Begleitung von 150 Mann mir 
Herr Graf v. Schlippenbach, sowie dessen Agent 
über den Bangandudistrikt, Herr Kalmar, mit 
ihren Trägern an. Nach etwa sechsstündigem Marsch 
wurde der Faktoreiposten Dangolo erreicht und dort 
die Nacht verbracht. Den nächsten Tag erreichten 
wir gegen Mittag das hoch auf einem Berge 
liegende Dorf Ginda, welches etwa 40 Hütten groß, 
an 120 Einwohner haben wird. Die Aussicht von 
diesem hohen Berge ist sehr schön, da er die Ueber- 
sicht über alle ringsumherliegenden mit Urwald be- 
deckten Höhen gestattete. Die Leute nahmen uns 
sehr gut auf und brachten viel Lebensmittel. Nach 
Abhaltung einer Mittagsrast marschirten wir weiter 
und schlugen nach etwa 10 km Marsch an einem kleinen 
Wasserlauf das Nachtlager auf. Es giebt nach dem 
Bangandudorf Tschimbuli zwei Wege; derjenige, den 
seiner Zeit Herr Oberleutnant Dr. Plehn mar- 
schirt ist, führt über das Bangandudorf Banga nach 
Tschimbuli in zwei Tagemärschen. Der andere 
führt in einem Tagemarsch auf schlechteren Wegen 
direkt durch den Busch und ist etwa 36 km lang. 
Ich wählte den letzteren und gelangte nach sehr 
anstrengendem Marsch am 19. April Nachmittags in 
Tschimbuli an. Der' dortige Chef brachte sofort 
zwei Ziegen, Hühner und Unmengen von Verpflegung 
für die Leute aun, so daß der schwere Marsch schnell 
vergessen war. Den Sergeanten Boary fand ich 
mit seinen fünf Soldaten wohlbehalten hier vor. 
Dem Chef Tschimbuli trug ich auf, die anderen 
Banganduchefs aus Buenga und Busse zum Palaver 
zu beordern. 
Am nächsten Tage Vormittags trafen die Chefs 
mit großem Gefolge ein und brachten Geschenke in 
Gestalt von Ziegen und Hühnern. Viele Klagen 
wurden vorgebracht gegen die Nzymus, die sich der 
gröbsten Räubereien schuldig gemacht hatten. Nach 
den Aussagen der Bangandus follte ein Theil der 
Nzymus sich nach NO. heraufziehen und in einem 
großen und zwei kleinen Dörfern wohnen. Sie 
wären sehr kriegerisch und lebten nur von Räubereien, 
Farmen besäßen sie wenig. Da die Bangandus zu- 
gaben, zu einem Kriege gegen die Nzymus zu schwach 
zu sein und der Bangandustamm sicher seine 600 bis 
800 Krieger stark ist, so mußte ich daraus schließen, 
daß die Nzymus mindestens ebenso stark sein würden. 
Bei meiner kleinen Macht von nur 21 Soldaten 
konnte ich daher an ein kriegerisches Unternehmen 
nicht denken. Da nun die dortigen Nzymus 
noch nie einen Weißen gesehen hatten, so dachte ich 
eventuell auf friedlichem Wege die Streitigkeiten durch 
kleine Bestrafung an Ort und Stelle zu beseitigen. 
2½ Tagemarsch von Tschimbuli liegt das große 
Dorf der Nzymus, Segawo. Die Führerfrage wurde 
sehr schwer erledigt. Die Bangandus sagten, daß 
die Nzymus sich auf nichts einlassen, sondern auch 
uns bekriegen würden. Die Wirkung unserer Waffen 
kennen die Eingeborenen hier noch nicht, es war 
daher natürlich, daß sic für uns allein keine Führer 
stellen wollten. Da nun alles Zureden nichts helfen 
  
folgen dürften. 
Am 20. v. Mts. brach ich auf und erreichte nach 
Ueberschreitung des in den Bumbo fließenden Li- 
pundschi das große, stark befestigte Dorf Buenga. 
Nach einer weiteren Stunde das Dorf Busse. In 
beiden Dörfern wurden mir wilde Kriegstänze vor- 
geführt, die recht gute Disziplin zeigten. In Busse 
erreichte die Begeisterung ihren Höhepunkt. Die 
Bangandu, sehnige, hübsch gebaute Männer, meist 
bunt bemalt mit Papagei= und Raubvogelbüscheln 
auf dem Kopf, zeigten dort gemeinsam ihre Kriegs- 
tänze, woran sich zu meiner Verwunderung auch 
theilweise die Weiber betheiligten. Hunde wurden 
als Feinde angesehen, und mancher mußte unter den 
Messer= und Lanzenstichen fein Leben lassen. 
Da meine Leute überall Verpflegung in Unmenge 
vorfanden, so brachen wir noch am selben Vormittag 
auf. Es begann nun ein Marsch 2½ Tag long 
auf Wildwegen, der bei täglich strömendem Regen 
unendliche Strapazen brachte. Lianen erschwerten 
den Durchgang, Dornen und Gestrüpp zerrissen Ge- 
sicht, Hände und Kleider. Nach 1½/ tägigem Marsch 
kam ich an ein verlassenes Dorf, woselbst mich die 
drei Chefs der Dörfer Bokungo, Bussi und Nadia 
mit etwa 100 Kriegern im Gefolge erwarteten. Dicse 
Dörfer hatte bis dahin noch kein Weißer besucht. 
und waren die Leute daher zuerst etwas ängstlich. 
Nachdem ich die Erlaubniß, mir zu folgen, ertheil 
hatte, schlossen sie sich der weiter marschirenden Er- 
pedition an. Nachdem wir zweimal im Busch ge- 
schlafen hatten, kamen wir am 23. v. Mts. in 
Segawo an. Die Bangandus waren meinem Befebl 
zufolge zurückgeblieben, und marschirte ich unter 
Beobachtung von Vorsichtsmaßregeln auf das Dorf zu. 
Nachdem wir etwa bis auf 30 m an das Dorf 
herangekommen waren, erhielten wir starkes Feuer. 
wobei einige Leute verwundet wurden. Ich ließ 
Stellung nehmen und eröffnete gleichfalls das Feuer. 
Es entspann sich ein sehr heftiges und andauerndes 
Feuergefecht, bis die Eingeborenen ihre Stellung 
hinter den Pallisaden aufgaben. Mit ausgepflanztem 
Seitengewehr und „Hurra“ wurde zum Sturm 
vorgegangen. Nach 1½ Stunden waren mir im 
vollständigen Besitz des sehr großen Dorses. Wie 
hoch sich der Verlust der Eingeborenen beläuft, kann 
ich mit Sicherheit nicht angeben, jedoch soll der 
Verlust nach Angabe der Gefangenen groß sein. 
Zwei Chefs des Dorfes blieben auf dem Platz, der 
dritte soll schwer verwundet sein. Erbeutet wurden 
94 kg Elfenbein. Leider haben auch wir unseim 
Sieg über das starke Dorf schwer bezahlen müssen. 
Außer einigen leichten Verwundungen ist der schwarze 
Sergeant Quotjovi gefallen und vier Soldaten 
sehr schwer verwundet. Zwei Soldaten ist der 
Oberarm zerschmettert, ein Soldat liegt an Schuß 
in die linke Seite ziemlich hoffnungslos danieder.
	        
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