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füllen. Sie wissen, daß wir Montag zu schießen anfangen,
wenn wir bis dahin nicht fertig sind, und diese Sprache werden
Sie wohl verstehen. Wir sitzen heute schon sieben Stunden
und werden nicht fertig, das verträgt meine Gesundheit nicht.“
Die Franzosen wurden dieser Philippika gegenüber ganz
klein, und Thiers rief ein über das andere Mal: „Mais mon
comte, mais mon comte!l!“ — Endlich erklärten sie, sie
könnten nicht mehr, und fuhren nach Haus.
Der Präliminarvertrag war aber immerhin so vorbereitet,
daß er Tags darauf unterzeichnet werden konnte.“)
*) Am 25. Februar schrieb Abeken an seine Frau: „Für
den Minister war es ein um so sauerer Tag; denk Dir, von
1 Uhr nachmittags bis nach 9 Uhr (mit kurzer Unterbrechung
um 6 Uhr, um etwas zu genießen) mit Herren Thiers und
Jules Favre zu unterhandeln; Beide keine Geschäftsmänner, Beide
Rhetoren, der eine ein geschwätziger, der andere ein stummer,
die nur sich selbst hören — es muß eine furchtbare Aufgabe
gewesen sein; der Minister war nachher auch so herunter, wie
ich ihn kaum gesehen, selbst in den schlimmsten Zeiten. Der
Minister hob die Tafel ungewohnt früh auf, um zu seinen
Franzosen zurückzukehren. Dann kann der Minister in den Salon,
erzählte allerlei Aeußerliches von den Verhandlungen, z. B. von
Thiers' unglaublicher Unwissenheit in der Geographie seines eigenen
Landes; ging aber bald in seine Stube hinauf und ließ mich
rufen, um mich zum Könige zu schicken.“ — Ueber denselben
Verhandlungstag schrieb Abeken später (27. Februar) noch einmal
an seine Frau: „In der Hauptsache war man ja einig, aber
der arme Bismarck mußte noch neun schwere Stunden durch-
machen, durch das quengelnde, unpraktische Wesen von Thiers,
der über Alles lange Reden hielt, die Anderen nie ausreden
ließ, nichts mehr scharf und klar hinstellte und auffaßte, auch
da, wo er im Großen nachgegeben hatte, im Kleinen noch
hin= und herzerrte, so daß zuletzt Bismarck erklärte, er würde
mun nicht mehr Französisch sprechen, welches er so wenig zu
verstehen brauche, wie Thiers Deutsch; wenn Thiers wolle, möge
er einen Dolmetscher herholen. Und darauf fing er an, wirk-
lich Deutsch zu sprechen, was Thiers mit solchem Entsetzen er-