Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

Deutsch · ostafritanische Bezirksmter und Stationen 
im Berichtsiahre 18399/7900. 
V.) 
Mahenge. 
Der Bezirk Mahenge umfaßt in seiner Bevölke- 
ung die verschiedenartigsten Stämme. An den Ab- 
rungen des Uhehe-Berglandes wohnen Wahehe, in 
der Ulangaebene Wahehe oder Wabena neben Wa- 
Lnga, im Stromgebiet des Ulanga selbst Bandamba, 
die frühere Fischerbevölkerung des Ulangastromsystems, 
die aber jetzt zum großen Theil seßhafte Ackerbauer 
2eworden sind. Im Süden des Bezirks sitzen Wan- 
zeni und Wangindo. In sich abgeschlossen und seit 
Juhren fast gar nicht berührt von anderen Volks- 
wämmen, wohnen in der Landschaft Upagoro die 
Zapagoro. die sich nach Süden weit in die Lohom- 
berbebene herabgezogen haben. Sie waren anfänglich 
dem Eindringen der Europäer feindlich gesinnt, sind 
sebt aber treue und fleißige Unterthanen. 
Die Ulangaebene und das hohe Bergland von 
Up goro find wahre Kornkammern. Die Ulanga- 
kbene erzeugt auch viel Reis von sehr guter Be- 
ibaffenheit, daneben Mtama in großer Menge. Auch 
in der Lohomberoebene wird viel Reis und Mtama 
"owie Mais gebaut. Das Haupterzeugniß der Upalla- 
berge und der Landschaft Upagoro ist Mtama und 
Mais. Daneben werden im Bezirke noch gebaut: 
Moniok, Bataten, Gurken, Kürbis, Sesam, Erdnüsse, 
Mavele, Ulesi, Bohnen und Zuckerrohr, ganz im 
Südwesten auch Erbsen. Durch die zahllosen Berg- 
bache und Quellen, die über ganz Upagoro zerstreut 
eind, ist das Land außerordentlich fruchtbar. Jahr- 
aus, jahrein, in jedem Monat giebt es hier frischen 
Mais. 
Die Gestaltung der Oberfläche im Gebiet der 
Uoallaberge ist sehr interessant. Allenthalben ragen 
schroffe Spitzen und Nadeln aus einem schneeweißen 
grobkörnigen Gestein empor, die, an vielen Stellen 
kreisförmig vereinigt, die denkbar günstigste Befesti- 
gung der Dörfer bilden. In diese Klippen, anschei- 
nend Dolomitfelsen, haben sich die Wapagoro vor 
den früheren Raubzügen der Mafiti und Wangoni 
zurückgezogen und die Wahehe oft mit blutigen Köpfen 
zurückgeschlagen. Viele dieser Zufluchtsstätten sind 
nur für den Eingeweihten zugänglich, ein Mann mit 
Bogen und Pfeil konnte vielfach ein ganzes Dorf 
gegen große Räuberhorden vertheidigen, da der Ein- 
gang oft nur ein schmaler Felsspalt ist. In dem 
Felsenschlupfwinkel befindet sich stets Wasser, auch 
pflegten die Eingeborenen früher ihre Vorräthe dort 
zu verbergen. 
Blühend war früher die Kleinviehzucht der Wapa- 
goro. Ihre Schafe und Ziegen zeichneten sich durch 
ihre Größe aus. Zur Zeit der Wahehe-Raubzüge 
ging es mit der Viehzucht bergab, jetzt erholt sie sich 
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Großvieh gedeiht vorzüglich, ebenso Schweine, die 
von der Station Iringa überlassen wurden. Alle 
europäischen Gemüse gedeihen gut, einschließlich Kar- 
toffeln. Die Versuche mit dem Anbau von Nutz- 
hölzern sind erst im Anfangsstadium begriffen. Die 
Bewaldung des Bezirks ist verhältnißmäßig gut zu 
nennen und wird sich mit Abnahme der Grasbrände 
zweifellos noch heben. Ein sehr häufig vorkommender 
Baum liefert anscheinend gutes Gumm arabicum. 
An vielen Stellen in Upagoro liegt Kalk, vom Wasser 
abgefetzt, in sichtbaren Einzelschichten zu Tage, er 
liefert gebrannt ein sehr gutes Produkt. An mehreren 
Stellen der Upallaberge liegen mächtige Bleilager 
zu Tage; ob die Berge auch Silber in abbauwürdigen 
Mengen enthalten, ist noch nicht festgestellt. Das 
Blei wird von den Eingeborenen zur Herstellung 
einer Glasur bei ihren Töpfereien benutzt. 
Die Durchschnittstemperatur in Upagoro ist 
ziemlich niedrig und beträgt 12 bis 15° Reaumur 
im Schatten. In den niedrig gelegenen Theilen 
des Bezirks ist die Temperatur natürlich bedeutend 
höher. In den Bergen scheint eine völlige Trocken- 
heit nie zu herrschen, etwas Regen soll nach Aussage 
der Eingeborenen immer fallen. Sehr zur Vermeh- 
rung der Feuchtigkeit tragen auch noch die immer- 
während starken Morgennebel bei, die an vielen 
Tagen überhaupt nicht wegziehen. 
Im Bezirk wird ziemlich viel Tabak gebaut, 
theils zum eigenen Gebrauch, theils zum Verkauf 
nach Donde. 
Den Hauptausfuhrartikel bildet Gummi, der in 
der eigentlichen Landschaft Mahenge, am Fuße der 
Uheheberge entlang nach Süden bis ins Sakama- 
ganyasgebiet zahlreich vorkommt; ebenso viel Gummi 
wird in der Landschaft Mgende und in den Mahoko- 
bergen, der nördlich des Lohombero liegenden Hügel- 
kette, gewonnen. Zum Zwecke des Gummikaufes 
kommen aus Kilwa jährlich bis zu 500 kleinere und 
größere Karawanen mit Stoffen, und die Station 
hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Eingeborenen 
gegen die häufig keineswegs einwandsfreien Kniffe 
dieser Händler energisch in Schutz zu nehmen. 
Das Wegenetz des Bezirks ist schon weitverzweigt, 
doch bleibt immerhin noch viel für den Wegebau zu 
thun übrig. Ein Vortheil, den der Bezirk vor an- 
deren voraus hat, ist die Schiffbarkeit seiner Flüsse, 
speziell des ganzen Ulanga = Stromsystems. Vom 
Austritt aus den Gebirgen an sind die Quellflüsse 
des Ulanga, wie Furua, Njera, Mpanga, Ruhudje 2c., 
für große Einbäume schiffbar. Einige Kilometer 
weiter in der Ebene haben sie eine Durchschnitts- 
wassertiese von 3 bis 4m, abgesehen von Sand- 
bänken, die jedes Jahr wechseln. 
: 
* 
aber wieder. Das in die Upagoroberge gebrachte 
*) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1901, S. 273, 312, 
3# und 387. 
Auf der Station sind außer Kleinhändlern, die 
sich aber noch nicht dauernd niedergelassen haben, die 
Firmen: Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft, Han- 
sing & Co., Müller & Devers und die Deutsch- 
Ostafrikanische Gummi-Handels= und Plantagen- 
gesellschaft vertreten. Die Stationsumgebung ist sehr
	        
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