Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

die Bangandufaktorei der Gesellschaft Südkamerun 
schon jetzt jederzeit Leute zu haben sind, die für geringe 
Mehrbezahlung zweifellos auch bis Ngoko selbst 
marschiren würden. In dem anscheinend noch größeren 
und mit den Kunabembe ganz nahe verwandten 
Bumbumstamme scheinen die Verhältnisse ähnlich 
zu liegen. 
Ueberfall und Verwundung des Bezirksamtmanns 
Dr. Meyer. 
Bei einer Inspektionsreise in die Bambuko-Land- 
schaft (Schutzgebiet Kamerun) wurde der Kaiserliche 
Bezirksamtmann in Victoria, Dr. Meyer, von unbot- 
mäßigen eingeborenen Stämmen überfallen und dabei 
nicht unerheblich verwundet. Ueber diesen Vorfall 
berichtet Dr. Meyer,') wie folgt: 
Victoria, den 29. Mai 1901. 
Nachdem ich vom 9. bis 11. Mai in Mongonge 
vergebens versucht hatte, die Bambukohäuptlinge der 
Umgegend zum Erscheinen zum Palaver zu bewegen, 
marschirte ich am 12. Mai mit Herrn Leutnant Umber 
zurück nach Bossama und von da in ungefähr östlicher 
Richtung nach Esolovo. Ich beabsichtigte, die öst- 
lichen, höher am Gebirge hinauf gelegenen Bambuko- 
dörfer Kotto, Fongo, Bovili, Isallala, Evje, Kunde 
zu besuchen, die erste Marschroute bei Munjange zu 
schneiden und über die westlichen, nach der See zu 
gelegenen Bambukodörfer Likingi, Lome, Lova la 
vinge nach Bibundi und Victoria zurückzukehren. 
Der Zweck dieses Marsches war der, festzustellen, 
ob auch diese Dörfer unbotmäßig seien oder nicht, 
und zu vermeiden, daß die zu ergreifenden Maß- 
regeln auf sriedliche Dörfer ausgedehnt würden. 
Leutnant Umber sollte von Efolovo direkt über 
Muele und Kuke nach Munjange marschiren. 
Die Marschordnung meiner Abtheilung war 
folgende: Zwei Polizeisoldaten Balinga und Momo, 
der Häuptling von Bibundi mit zwei Begleitern, der 
Dolmetscher Ekosse, ich, ein Polizeisoldat Ali, der 
meinen Karabiner trug, zwei Diener, 16 Träger, 
Sergeant Peter mit sieben Polizeisoldaten, acht Schutz- 
truppensoldaten. 
Da schon mehrfach an den vorhergehenden Tagen 
Leute mit Gewehren getroffen worden waren, wurde 
mit geladenem und gesichertem Gewehr marschirt. 
Das Gelände stieg allmählich, aber stetig an. In 
Ermangelung eines Führers mußte ich nach dem 
Kompaß und nach der Geländeformation marschiren, 
was zur Folge hatte, daß wir mehrfach Kehrt machen 
mußten, um bessere Wege zu suchen. Hierbei änderte 
sich die Marschordnung insofern, als der Häuptling 
von Bibundi mit seinen beiden Begleitern und 
der Dolmetscher Ekosse sich hinter die Träger 
*) Derselbe ist vor Kurzem nach Deutschland zurück- 
gekehrt und befindet sich auf dem Wege der Besserung. 
Anm. d. Red. 
  
520 — 
setzten, so daß vor mir nur die beiden Polize 
soldaten Momo und Balinga marschirten. # 
wir uns einem Gebüsch näherten, rief vor uns e 
Mann kurz zweimal. Ich hielt dies für ein Zeich 
für die Dorfbewohner, daß sie die Flucht ergreif 
sollten, und wurde hierdurch in meiner Vermuthur 
daß wir uns einer Hütte näherten, bestärkt. De 
plötzlich fielen gerade und schräg vor uns aus #u 
mittelbarer Nähe falvenartig eine Anzahl Schüf 
Ich wurde unterhalb des rechten Mundwinkels 
troffen, ein Schuß ging durch meinen Hut unde 
Prellschuß traf meinen linken Oberarm. Die beid 
Soldaten drehten sich um und wollten auf mi 
zurückkommen. Ich winkte ihnen jedoch, binter Felie 
Deckung zu suchen und von dort aus zu schieße 
was sie auch thaten. Beide waren blutig im Gesich 
Mittlerweile war Ali zu mir gekommen, und ie 
drehte mich halb um, um ihm die Bussole zu gebe 
und den Karabiner zu nehmen. Hierbei erhielt # 
einen Schuß in den Rücken. Ich trat num etwa 
zur Seite, wo ich durch einen Felsen bessere Deckun 
gegen vorn hatte, und rief von hier aus die hinte 
marschirenden Soldaten, welche gerade über eine klem 
Anhöhe kamen, während die Träger in der Thalsobt 
die Lasten hingelegt und seitwärts gegen das imme 
noch anhaltende Feuer Deckung gesucht hatten. Bein 
zweiten Rusen kamen die Soldaten heran, und e: 
gelang ihnen bald, die Feinde zu vertreiben. Hierbe 
fiel ein Schutztruppensoldat Na. Betheiligen am 
Angriff konnte ich mich nicht, da die Wunde im 
Rücken mich bald zwang, mich hinzusetzen und dann 
hinzulegen. Jch verbot jedoch den Soldaten, dee 
Feinde weiter zu verfolgen, weil ich es nicht für 
ausgeschlossen hielt, daß die Bambukos eine Kriegslir 
anwandten, indem sie durch scheinbare Flucht die 
Soldaten weglockten und dann über die wehrlo#n 
Träger und mich herfielen, andererseits aber eine 
Theilung der schwachen Streitkräfte unmöglich war 
Die Verluste der Feinde konnten deshalb nicht fer. 
gestellt werden; ebensowenig die Anzahl der feindliche 
Gewehre; nach dem zuerst salvenartigen und dam 
noch ungefähr drei Minuten ununterbrochen andauer- 
den Feuer kann dieselbe aber keine geringe gewese 
sein. Die Waffen der Gegner müssen, nach den 
erhaltenen Verletzungen zu urtheilen, Vorderloder 
gewesen sein, die mit eisernen Kochtopfscherben ge— 
laden waren. 
Das Verhalten der Soldaten war, nachdem i 
zu mir herangekommen waren, ein tadelloses. Der 
Soldat Ali und mein Diener Josef gingen nicht den 
meiner Seite. 
Da ein Weitermarschiren unter den obwaltenden 
Umständen unmöglich war, wurde der Nückmarsc 
angetreten. Für mich wurde das Feldbett zurecht 
gemacht. Der schwerverwundete Polizeisoldat Momo 
wurde in eine Hängematte gelegt, desgleichen det 
gefallene Schutztruppensoldat. Die Vorbereitungen 
zum Rückmarsch wurden in aller Ruhe getroffen. 
Beim Rückmarsch ging ein Drittel der Soldaten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.