Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

Pflichten als Häupter getreulich zu erfüllen. Die in 
den verschiedenen Stämmen thätigen Missionare und 
Händler sind in das Verzeichniß aufgenommen. 
Zu 3. Nach den auf den einzelnen Inseln ein- 
gezogenen Erkundigungen beträgt die Einwohnerzahl 
des Atolls 11 200 Personen. Soviel ich mit Hülfe 
der seit einer Reihe von Jahren in Ruk ansässigen 
Händler in Erfahrung bringen konnte, wird die Zahl 
der vorhandenen Gewehre rund 800 betragen, die 
Zahl der Patronen vielleicht 4000. Man darf aber 
dabei nicht außer Acht lassen, daß von den 800 Ge- 
wehren höchstens zwei Drittel brauchbar sind. Dies 
sind allerdings in den letzten Jahren eingeführte 
Winchestergewehre. Da die Leute ängstlich bemüht 
sind, ihre Gewehre zu verbergen, läßt sich der Be- 
stand an Feuerwaffen und Munition nicht einmal 
annähernd genau feststellen. 
Zu 4. Zur Beilegung von Landstreitigkeiten 
wurde meine Hülfe wiederholt nachgesucht. Viele 
Eingeborene baten um Ausstellung von Besitzzeug- 
nissen für größere und kleinere Landparzellen. Da 
der Andrang ein sehr großer, es ferner für mich 
schwierig zu entscheiden war, wer in jedem einzelnen 
Falle der rechtmäßige Besitzer eines Landstriches war, 
weil ich schließlich das Stammeseigenthum nicht aus- 
einanderreißen wollte, sah ich vorerst von der Aus- 
stellung von Besitzzeugnissen ab und wies die Häupt- 
linge an, die Landangelegenheiten in den einzelnen 
Stämmen zu regeln. 
Die bei Anwesenheit S. M. S. „Cormoran" zur 
Schadensersatzleistung verurtheilten Häuptlinge wurden 
besucht und ihnen ihre Verpflichtungen in Erinnerung 
gebracht. Zwei Häuptlinge hatten erfreulicherweise 
schon eine Anzahlung durch Kopralieferung an die 
von ihnen geschädigten Händler gemacht. 
Noch zu ahnden war ein Raub an dem Chinesen 
Dingo und ein solcher an dem Engländer Irons. 
In beiden Fällen konnten die schuldigen Stämme 
ermittelt und ihren Häuptlingen eine Schadensersatz- 
leistung auferlegt werden. Die Eingeborenen der 
Insel Ouman wurden zur Zahlung von 3500 Pfund 
Kopra, die Eingeborenen einiger Stämme in Tol 
unter dem Häuptling Lädi aus Ledoto zur Zahlung 
von 7500 Pfund Kopra an die Geschädigten 
verurtheilt. 
Zu 5. In Ruk sind augenblicklich noch sieben 
weiße Händler ansässig, und zwar: 
zwei Deutsche, Gierow und Ahlers, 
zwei Engländer, Arthur M. Hitchfield und Knight, 
ein Franzose, Nedelic Pierre, 
ein Russisch-Finne, Johann Andersen. 
Wenn ich meine Beobachtungen zusammenfasse, 
so halte ich die Rukgruppe für den wichtigsten Be- 
standtheil der Karolinen. Der Kopraertrag ist einer 
bedeutenden Steigerung fähig — 2000 Tonnen für 
die Zukunft wird nicht zu hoch gegriffen sein — da 
die Eingeborenen Ruks sich viel leichter zur Pflan- 
zungsarbeit werden anhalten lassen als die Eingebo- 
renen aller anderen Inseln, mit denen ich bis jetzt 
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in Berührung gekommen. Das Volk ist noch nicht 
verdorben, die alten Sitten und Gebräuche haben 
sich zum größten Theil erhalten; ich halte die 
Schaffung dauernd geordneter Verhältnisse für durch- 
aus durchführbar. Eine Entwaffnung würde kaum 
Schwierigkeiten begegnen, wenn dieselbe auf allen 
Inseln und bei allen Stämmen zugleich zur Aus- 
führung käme. Das noch immer bestehende Mißtrauen 
der einzelnen Stämme untereinander würde mit Ab- 
nahme der Waffen verschwinden; der Mehrzahl der 
Leute würde es ohne Zweifel willkommen sein, in 
Ruhe und Frieden leben zu können. Der Krieg hat 
theilweise große Zerstörungen angerichtet, so haupt- 
sächlich in Ole an der Nordwestseite Tols, wo man 
allenthalben niedergebrannte Häuser, bis zum Stumpf 
abgehauene Brotfruchtbäume und Kokospalmen zu 
sehen bekommt. 
Um den bis jetzt erzielten Erfolg zu einem nach- 
haltigen zu gestalten, halte ich den jährlichen Besuch 
der Gruppe durch eines S. M. Schiffe für unum- 
gänglich nothwendig. Ein Stationschef mit einer 
20 bis 25 Mann starken, gut ausgebildeten farbigen 
Polizeitruppe würde vollkommen genügen. Mit der 
Zeit würde es sich gewiß erreichen lassen, die Truppe 
aus Rukeingeborenen zusammenzusetzen; vorläufig 
allerdings wäre es rathsam, Malaien zu verwenden, 
die sich nach meiner Erfahrung als Polizeisoldaten 
immer noch am besten eignen. 
Ich darf schließlich noch erwähnen, daß die An- 
werbung von Rukleuten für das hiesige Bezirksamt 
keinerlei Schwierigkeiten begegnete; ob sich eine An- 
werbung in größerem Maßstabe für Saipan ebenso 
leicht bewerkstelligen ließe, scheint mir jedoch sehr 
zweifelhaft. Rukeingeborene zur Auswanderung zu 
bewegen, halte ich für ausgeschlossen, da von einer 
Uebervölkerung und einem damit verbundenen Nah- 
rungsmittelmangel keine Rede sein kann. 
Sicher ist, daß die Rukeingeborenen als Arbeiter 
und vor Allem als Bootsleute gut zu gebrauchen 
sind und vor sämmtlichen anderen Eingeborenen der 
östlichen Karolinen den Vorzug verdienen. 
  
Aus dem Bereiche der Wissionen und 
der KAntisklaverei-Bewegung. 
Der Jahresbericht der Gesellschaft zur 
Beförderung der evangelischen Mission 
unter den Heiden (Berlin 1) für 1900 enthält 
folgende Mittheilungen: 
Unsere Arbeit in Deutsch-Ostafrika hat sich auch 
in dem verflossenen Jahre weiter ausgebreitet und 
befestigt. Durch Besetzung der neuen Plätze Magoje 
und Ilembula ist die Zahl unserer in diesem Gebiet 
liegenden Stationen auf 13 gestiegen, für welche Ende 
des Jahres leider nur 14 Missionare zur Verfügung 
standen. Mit ihnen arbeiten sechs Handwerker, von 
denen aber der Zimmermann Thiele dem Schwarz- 
wasserfieber erlag (der Tod des jungen Missionars 
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