Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

— 639 
Ihr seht, daß die Bittende keinen Fehler macht. 
Tas ist der gewöhnliche Inhalt der Briefe, welche 
am erhält. Im Komplimentemachen sind die Ba- 
zendas auch nicht zurück. 
Sobald eine der Frauen lesen kann, möchte sie 
ein Buch haben, und wo könnte sie eher eins finden, 
als bei den Missionaren! Sie müssen sich diese Gegen- 
Ende, wenn es möglich ist, durch Verrichtung von 
Fartenarbeit verdienen, damit dadurch das Betteln 
nicht gefördert wird. 
Bei den Bagandas sind die kleinen Kinder und 
die alten Leute am interessantesten. Die kleinen 
#nder sind so graziös, wie nur möglich, besonders 
wine sie die Taufe empfangen haben, und der Unter- 
schied, welcher zwischen ihnen und den Heiden besteht, 
ist auffallend. 
Gewöhnlich tragen die Negerkinder als Kleidung 
cinen Perlengürtel (eine Art Kette), aber das paßt 
ionen so gut, daß ein Stoff fast überflüssig ist. Die 
Taufpaten machen sich ein Vergnügen daraus, uns 
zu fragen, welchen Namen sie ihrem Kinde geben 
follen. Kürzlich kam Eine, welche sagte: „Willst Du 
meine Kleine? Sie gehört Euch, ich lasse sie Euch!“ 
Wir hätten bald, wer weiß wie viele, wenn wir 
nachgeben wollten. Wir suchen uns junge, ernste 
Mädchen aus, behalten sie bei uns und bilden sie 
zum Unterricht im Lesen und Katechismus aus. Sie 
find uns viel werth, denn die Schüler mehren sich 
von Tag zu Tag. Die alten Leute sind die lustigsten 
und fleißigsten. Sie haben immer einige Scherzworte 
cuf Lager. Früher herrschte bei den Bagandas die 
Gewohnheit, jedem anderen Alter einen anderen Namen 
zu geben. Bis zu zwölf Jahren trug das Kind 
#. B. diesen Namen: „Die Kurze“. Dann versammelte 
sich die ganze Familie, und man wählte einen anderen 
Namen, für ein junges Mädchen passend, etwa: „Wir 
haben eine Hülfe.“ Wenn das junge Mädchen sich 
verheirathete, gab ihr Mann ihr noch einen anderen 
Namen, der ihm besonders gefiel. Schließlich kam 
der Name des Alters, wie: „Der Tod wird dich 
nicht vergessen"“. Die guten Alten glauben gegen- 
wärtig, daß im Christenthum diese Namensänderung 
auch stattfindet. Eine von denen, welche uns besuchen 
kommen, kennen wir unter dem Namen Lucia. Eines 
Tages kommt sie, uns zu fragen: „Kennt Ihr mich?“ 
Ja gewiß, Du bist Lucia. „Ach nein, Ihr täuscht 
Euch,“ antwortete sie lachend, „ich bin Anna.“ Es 
gab kein Mittel, sie über ihren Irrthum aufzuklären, 
und fortan nennen auch wir sie Anna. 
Auf Wiedersehen, meine lieben Eltern, betet ein 
wenig für Euer Schwesterchen, ich habe es sehr nöthig. 
Dem Jahresbericht der Norddeutschen Missions- 
gesellschaft, erstattet im Monatsblatt der genannten 
Gesellschaft, entnehmen wir, daß die Gesammtzahl 
ihrer Missionsarbeiter im Juni 1901 16 Missionare, 
darunter 10 verheirathete, betrug; serner 7 Missions- 
schwestern, darunter 3 Diakonissen aus Hamburg- 
Bethlehem, insgesammt also 33 Personen. Auf dem 
  
  
— — 
Missionsfelde sind thätig 13 Missionare und 8 Frauen, 
6 Schwestern, während 3 Brüder, 2 Frauen und 
1 Missionsschwester in Europa auf Urlaub weilen. 
Der „Evangelische Heidenbote“ (Nr. 8) bringt 
folgenden Bericht vom Missionar Stolz in Bombe 
vom 10. Mai 1901 über das Ende des Missionars 
Georg Bizer: 
Es liegt mir die schwere Aufgabe ob, über den 
unerwartet schnellen Tod unseres lieben Br. Bizer 
Mittheilung zu machen. Am 30. April kam Br. Bizer 
hierher nach Bombe, zunächst um einige Tage hier 
und auf einigen unserer Außenstationen zuzubringen 
und dann mit Br. Hecklinger, der von Bu5a nach- 
kommen wollte, nach Mangamba und Duala zu reisen. 
Erst nach mehr als einem Monat gedachte Br. Bizer 
wieder in Buöa einzutreffen. Nachdem wir am 
Sonntag Morgen (den 5. Mai) in Komba gepredigt 
hatten, gingen wir nach den Filialen Mambanda und 
Mukonje, wo wir ebenfalls Gottes Wort verkündigten, 
und von da weiter an den Mongo nach Mundame, 
wohin schon am Sonnabend unser Kanu gekommen 
war, um uns abzuholen. 
Da der Mond um 7 Uhr aufgehen sollte, lag, 
menschlich gesprochen, nichts gegen eine Fahrt bei Nacht 
vor, zumal der Wasserstand eben sehr niedrig war. 
Gegen 51½ Uhr fuhren wir in Mundame ab und 
hofften um 9 Uhr in Bombe zu sein. Die Fahrt 
verlief anfangs sehr gut. Br. Bizer sprach es mehrere 
Male aus, wie schön und angenehm diese Fahrt nun 
sei nach dem Marsch in der argen Hitze. Kurz nach 
6½ Uhr fuhr unser Kanu bei voller Fahrt auf einen 
Ast auf, drehte sich etwas und schlug dann plötzlich 
vollständig um. Das Kanu sank unter, doch es ge- 
lang uns beiden mit Hülfe unserer Ruderer, uns 
daran festzuhalten; es sank aber mit uns immer tiefer, 
so daß wir es nicht mehr halten konnten. Ich kam 
etwa zweimal für einen Augenblick über Wasser und 
rief den Leuten zu: Haltet uns! haltet Herrn Biezer! 
sank dann aber wieder unter. Anfangs war ich nicht 
ängstlich, ich dachte, das Wasser könne nicht sehr tief 
sein, und wir würden bald festen Boden oder einen 
Baumstamm erreichen. Bald aber mußte ich einsehen, 
daß alle Hoffnung auf Rettung schwand, ich konnte 
nur noch seufzen: Gott sei mir Sünder gnädig! und 
wußte dann nichts mehr von mir. Plötzlich spürte 
ich Boden; das Bewußtsein kehrte wieder zurück. Ich 
strengte mich an, vorwärts zu kommen. Zugleich 
packte mich ein Ruderer, und ich war am Lande. Die 
Uhr zeigte 5 Min. vor 6¾. Den Leuten, die mit 
dem Kanu kamen, rief ich zu, doch Herrn Bizer zu 
suchen: sie thaten ihr Möglichstes, aber leider vergebens. 
Ich konnte mich nicht über meine Rettung freuen. 
Wie leicht hätte ich für Br. Bizer sterben können, um 
den eine tiesbetrübte Gattin und Kinder trauern, und 
dessen Arbeit und Erfahrungen unserer Mission von 
großem Nutzen waren und noch mehr hätten werden 
können. 
Nachdem wir lange vergebens gesucht hatten und 
4
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.