Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

die dort vorliegenden Verhältnisse sür uns vorbildlich 
sein, und würde eine Umkehr zu einer ähnlich ge— 
ringen Beamtenziffer — denn das glaubt der Kor— 
respondent der „Finanzchronik“ uns anempfehlen zu 
sollen — dem Schutzgebiet und dem Deutschen Reich 
irgend einen Vortheil bringen? Wir glauben kaum. 
Denn in Britisch-Ostafrika liegen die Verhältnisse 
doch wesentlich anders; abgesehen davon, daß es 
eine weit geringere Bevölkerung, eine weit weniger 
entwickelte Küste und weite in Deutsch-Ostafrika un- 
bekannte wasserlose Wüsten besitzt, hat bisher Eng- 
land der Verwaltung dieser Gebiete anscheinend nur 
deshalb Interesse entgegengebracht, weil sich ihm 
dort die Möglichkeit eröffnet, mit der Ugandabahn 
einen Zugang zu den Nilländern von Süden her zu 
erhalten. In neuerer Zeit scheint man aber auch 
das Land als solches höher zu bewerthen, denn der 
kürzlich veröffentlichte Bericht des britischen Kom- 
missars weist auf die Intensität und Ausdehnung 
der Verwaltung unserer Kolonie als vorbildlich für 
das britische Gebiet hin und verlangt dringend eine 
bedeutende Vermehrung der Beamten, insbesondere 
die Schaffung von Verwaltungsorganen für Handel, 
Landwirthschaft, Berg= und Forstwesen nach deutschem 
Muster. Der Bericht sagt, doß die Deutschen 
zweifellos viel Geld ohne schon sichtbare Rentabilität 
ausgegeben hätten, daß sie aber durch die gründliche 
Aufschließung des Landes eine Methode gewählt 
hätten, die sich schließlich doch bezahlt machen werde 
und die ihnen eine Stellung geschaffen habe, die den 
britischen Handel bedrohe. Man sieht also, in der 
einzigen britischen Kolonie, die mit einem erheblich 
geringeren Beamtenapparat gesegnet ist, als Deutsch- 
Ostafrika, ist man auf dem besten Wege, deutsch- 
ostafrikanische Zustände herbeizuführen. 
Und was würde die Folge einer neunenswerthen 
Reduktion unserer Beamtenzahl sein? Ein völliges 
Aufgeben großer, jetzt der Kultur erschlossener Ge- 
bietstheile, eine bedenkliche Verlangsamung des Rech- 
nungswesens, ein Aufhören der meisten von staat- 
licher Seite im Interesse Privater unternommener 
Kulturversuche und ein bedeutender Rückgang in den 
Steuereinnahmen des Landes. 
Wir wollen gern zugeben, daß man in der Aus- 
dehnung der Verwaltung das wünschenswerthe Maß 
erreicht hat und erst dann weiter gehen sollte, wenn 
die Einnahmen unserer Kolonie infolge Verbesserung 
der Verkehrsmittel eine nennenswerthe Steigerung 
erfahren haben, aber wir warnen dringend davor, 
einmal Erreichtes wieder aufzugeben und einen Zu- 
stand herbeizuführen, den unser nördlicher Nachbar 
sich zu verlassen anschickt. 
  
824 — 
Deutsch-Reu-Gnuinea. 
Ueber einen Besuch des Uluti-Atolls (West-Rarolinen) 
berichtet der Kaiserliche Bezirksamtmann Senfft in 
MYap, der im Mai d. Is. mit dem Dampfer „Natuna“ 
eine kurze Reise nach der genannten Inselgruppe 
unternommen hat. Er schreibt: 
Am 10. Mai nachmittags fuhr ich nach dem 
Uluti-Atoll ab, um mich zu erkundigen, ob die im 
vorigen Jahre verschlagenen Eingeborenen dieser 
Inselgruppe, welche auf der Rückfahrt von den 
Visayas Yap angelaufen hatten,) glücklich in ihrer 
Heimath angekommen wären. Am 11. d. Mis. 
warfen wir in der Lagune Anker. In Begleitung 
des Häuptlings Follebu von hier, der der Suzerän 
von fast sämmtlichen Inseln östlich von #p bis 
ungefähr zum 148. Grad ist, sowie mehrerer Schifis- 
offiziere begab ich mich bei der Insel Mogomog an 
Land und erfuhr dort, daß sämmtliche Kanus, die 
im November v. Is. Yap verlassen hatten, bis 
auf eines in Uluti angelangt seien. Meiner Weisung 
zufolge hatten sie tagsüber ausgeschwärmt und nachts 
sich gesammelt. Sie waren in schweres Wetter ge- 
kommen und hatten ihre Fahrzeuge, um sich nictt 
zu verlieren, zusammengebunden. Das Seil des 
verloren gegangenen Kanus war aber gerissen und 
dieses selbst in der Nacht außer Sicht gekommen. 
Die Uluti-Eingeborenen hoffen, daß es auf einer 
anderen Inselgruppe der Karolinen angetrieben 
sein wird. 
Die zahlreichen Bewohner Ulutis sind kräftige 
sehr gut genährte Menschen, obschon außer Kokos, 
wenigen Brotfruchtbäumen und einer Mispelart keine 
andere vegetabilische Nahrung in nennenswerther 
Menge vorhanden ist; als animalische Nahrung 
dienen ihnen Fische, Schweine und Hühner. Sie 
tragen langes Haar, nach Art der Yaper mit einem 
Kamm befestigt. An Intelligenz stehen die Yoper 
über ihnen, auch an Fleiß, besonders die heiesigen 
Frauen, denen fast die ganze Felderbestellung ob- 
liegt, während diejenigen auf Uluti nur zu kochen 
haben. Aus diesem Grunde fand auch mein in 
einer früheren Häuptlingsversammlung gemachier 
Vorschlag, von dem Ueberschuß an Frauen auf Uluti 
solche nach Dap zu überführen, wo Mangel an 
jungen Frauen herrscht, keinen Beifall. 
Wohn-, Boots= und Kochhäuser ähneln denen 
von Yap, den ersteren mangelt aber der solide Unter- 
bau gänzlich, Alles in Allem sind sie auch viel 
flüchtiger gebaut; die Umgebung wird aber sehr 
sauber gehalten, sie ist mit kleinen weißen Steinen 
bedeckt, die auch als Boden in den Wohnhäusern 
verwendet werden. Gemeindehäuser finden sich dort 
ebenso wie hier. An Kanus haben sie viele und 
schöne Exemplare derselben Bauart wie die Waer. 
Der Webstuhl, der hier der Vergangenheit angehört, 
*) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1901, S. 41 bie 12.
	        
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