Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

falls wird uns die Herbeischaffung der Steine vom 
Trockenplatz zu den Baustellen nichts kosten. Alles, 
was Beine hat, soll mithelfen. Dadurch werden 
wieder an 1000 Mark gespart. Fast spielend haben die 
Schulkinder in 11 Tagen durch zwei= bis dreimaliges 
tägliches Tragen jetzt schon 11 000 Luftsteine zur 
Baustelle befördert. Nachdem die Erweiterung des 
Hauses und der Schule vollendet ist, wollen wir mit 
dem Kirchbau beginnen.“ Wir freuen uns mit dem 
Br. Wandres, daß er nun endlich voran kann und 
wünschen ihm guten Fortgang. Wir können an den 
immerhin großen Ausgaben, die die Bauten machen 
werden, nicht vorbei, da es sich um die Hauptstation 
und „Residenz“ von Deutsch-Südwest-Afrika handelt. 
Nach der großen Schar Heiden, die Miss. Wandres 
neulich erst durch die Taufe hat aufnehmen können, 
hat er bereits wieder 152 im Unterricht. Jeden 
Dienstag und Donnerstag Abend ist Taufunterricht 
im Schulgebäude. Der Sonntag ist reich besetzt. 
Um 10 Uhr ist allgemeiner Gottesdienst unter den 
Dornbäumen, danach Sonntagsschule; Nachmittag 
2 Uhr Gottesdienst für die Herero, um 3 Uhr in 
der Namasprache oder Katechese über den Vormittags- 
gottesdienst; den Schluß machen Gesangübungen, die 
vom Schullehrer Franz Gertse abgehalten werden. 
Am 5. Trinitatis war Abendmahlsfeier, zu der die 
deutsche Gemeinde wieder in dankenswerther Weise 
ihren Kirchensaal zur Verfügung gestellt hatte und 
an der 183 farbige Gemeindeglieder theilnahmen. 
— Windhoek wird übrigens Weltstadt! Es hat 
jetzt telegraphischen Anschluß. Der Gouverneur kabelte 
neulich um 11 Uhr morgens nach Berlin und hatte 
um 5 Uhr Antwort. Telephonisch ist es bereits mit 
Okahandja, Karibib und Swakopmund verbunden. 
Nach Outjo, ganz im Norden, wird jetzt heliogra- 
phische Verbindung angelegt. So theilt Miss. Wandres 
mit. Wenn das die alten Missionare, die vor 50 
und einigen Jahren als die ersten Pioniere ins Land 
drangen, sehen würden; die mußten damals oft ein 
Jahr auf Antwort ihrer Briefe warten. —. In einem 
Briefe vom 26. Juni theilt Miss. Tönjes mit, daß er 
nunmehr Namakunde bezogen hat; die dritte Station 
unter den Ovakuanjama ist somit begründet. Am 8. Juni 
hielt er seinen Einzug, am 9. (Sonntag) den ersten 
Gottesdienst. Am 14. Juni hat er dann den Grund- 
stein zu einem möglichst groß geplanten Missions- 
hause gelegt, wobei er den Anwesenden eine kurze 
Ansprache über die Worte: „Wo der Herr nicht 
das Haus bauet, da arbeiten umsonst, die daran 
bauen, hielt. 
Ueber die deutschen Salomonsinseln bringt 
das letzte Heft von „Gott will es“ einige Mit- 
theilungen. Danach ist es auf Bougainville katho- 
lischen Missionaren in letzter Zeit einige Male ge- 
lungen, ganz unangefochten bis zu den auf den 
Bergen gelegenen Dörfern vorzudringen. Natür- 
lich flüchteten sich die Eingeborenen beim ersten 
  
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Anblick in die Wälder, denn bis dahin hatten sie 
noch keinen Europäer gesehen. Als sie jedoch saben, 
daß man ihnen nichts zu Leide that, näherten sie 
sich wieder, die Furcht legte sich und man schloß 
Freundschaft. Von Kleidung ist keine Rede; als 
man einem Häuptling ein Lendentuch gab, rollte er 
es zusammen und nahm es unter seinen Arm. Bei 
diesen Reisen ins Inland konnte man sich leicht von 
den Irrthümern so mancher Geographen und Natur- 
forscher überzeugen, die da von Zwergen sprechen, 
welche das Innere Bougainvilles bevölkern sollen. 
Diese Buschleute scheinen ebenso stark gebaut zu sein 
wie die Uferbewohner. Alle Dörfer des Innern 
liegen wie unsere mittelalterlichen Burgen auf Berg- 
vorsprüngen oder steilen Bergesrücken gegen räube- 
rische Ueberfälle der Uferbewohner geschützt. Von 
dieser Höhe lassen sich alle Pfade überwachen. Die 
Leute errichten auch noch auf den höchsten Bäumen 
Wachtposten, deren Aufgabe es ist, beständig das 
Meeresufer zu beobachten, um eine feindliche Be- 
wegung sogleich zu entdecken. Gewöhnlich sind es 
alte Brotfruchtbäume, die zur Errichtung der Wacht- 
posten dienen; eine Strickleiter aus Lianen führt 
auf die Höhe. Als Waffen gebrauchen die Bougain- 
villebewohner Lanzen, Bogen und Pfeile, und in 
ihrer Verfertigung sind sie Meister. Die Lanzen 
sind mit so viel Spitzen und Haken versehen, daß 
sie, einmal in den Körper eingedrungen, nicht mehr 
herausgezogen werden können. Dasselbe gilt für die 
meisten der Pfeile, jedoch sind letztere niemals ver- 
giftet. Früher hatten die Eingeborenen noch eine 
dritte Waffe, und sie mag wohl noch bei den Berg- 
bewohnern bestehen — eine Art Keule, die derartig 
geschnitten war, daß ihre Hiebe leicht Axthieben 
gleichkommen. Seit nun die europäischen Handelé- 
schiffe dort verkehren, haben sich die Eingeborenen 
Beile zu verschaffen gesucht. Sie haben den Suel 
ihrer alten Waffe beibehalten, jedoch an Stelle der 
früheren Verdickung ist das Beil getreten. So 
wurde diese Waffe modernisirt. 
Das Panorama von Bougainville ist herrlich. 
Eine Reihe von hohen Bergen zieht sich stufenartig 
dahin; den meisten sieht man ihren vulkanischen Ur- 
sprung an; besonders bildet der Balbi einen prächti- 
gen Kochtopf. Es leben noch Leute, die sich er- 
innern, daß die Berge Feuer spieen. Von diesen 
hohen Bergen stürzen starke Wasserfälle zu Thal, 
die bei der Abendsonne wie Silberstreifen glänzen. 
Hieraus bilden sich die vielen Flüsse, welche die 
herrlichen Bougainvillethäler bewässern. An der 
Nordostspitze befindet sich ein großer Süßwassersee, 
der aber kaum bekannt ist, denn der Häuptling des 
nächstgelegenen Dorfes Lavelai ist ein strenger Hüter 
seines Heiligthums. Selbst seinen eigenen Leuten 
ist es aufs Strengste untersagt, sich dem See 
zu nähern. Sehr wenige Einwohner haben den See 
gesehen. Es sollten darin ungeheuere Schlangen 
leben, erzählte die Sage. Der Heäuptling machte 
für Pater Forestier eine Ausnahme und führte ihn
	        
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