Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

dieser Zeit kann man kaum Träger finden. Sucht 
man Leute, so heißt es, sie sitzen beim Bier; sie 
wollen sich das Bier nicht entgehen lassen. Der 
Bambus wird hier in großen Pflanzungen gezogen. 
Seine Stangen bilden das einzige Baumaterial, ja 
oft auch das einzige Brennmaterial. Auch im 
weiteren Verlauf der Reise fand man immer wieder 
Bierbrauereien. Die Flüsse oder Bäche waren 
meist durch leichte Brücken überspannt, zu deren Bau 
auch der Bombus dienen muß. Die Eingeborenen 
binden bis 20 solcher Stangen zusammen und stellen 
dadurch einen tragenden Balken her; aus solchen 
Bündeln von Bambusstangen besteht dann die Brücke. 
Es fehlte nicht an Gelegenheit, den Leuten bblische 
Geschichten zu erzählen. So erzählte Missionar 
Schumann beim Häuptling Havanga die Geschichte 
der Sündflut und die von Sem, Ham und Japhet. 
Er konnte sich schon verständlich machen. Ein 
kleiner Kerl übernahm des Amt des Wiedererzählers. 
Mit lebhaften Geberden wiederholte er Alles genau. 
Die Leute waren hier überall schon zutraulicher, 
denn sie kannten bereits die Missionare. Leider ist 
grr greemdliche Häuptling Havanga bald darauf ge- 
rben. 
Die „Monatshefte zu Ehren Unserer Lieben 
Frau vom hh. Herzen Jesu“ bringen in ihrer Januar- 
ausgabe einen Brief des Paters Rascher, Leiters 
der neuen in den Bainingerbergen (Gozelle- 
Halbinsel, Neupommern) angelegten Missionsstation 
St. Paul. Wir entnehmen dem Schreiben: 
„Nachdem mein Bretterhaus, Küche und Hühner- 
stall vollendet waren, hieß es sich mit allem Ernste 
auf die Erlernung der Baininger-Sprache zu ver- 
legen. Sie wissen ja, daß die Baininger wie in 
Sitten und Gebräuchen, so auch in der Sprache von 
den sogenannten Küstenbewohnern sich unterscheiden. 
Die Letzteren lernen die Baininger Sprache aus 
Stolz nicht, weil sie ihnen zu barbarisch klingt, be- 
sonders aber, weil sie von Leuten gesprochen wird, 
die von ihnen als Sklaven und als ein rückständiges 
Volk angesehen werden. Auch unter den Weißen 
ist die Sprache so gut wie unbekannt, so daß die 
Erlernung große Schwierigkeiten bot. 
Als ich nach einigen Monaten endlich so weit 
war, um mich den Leuten verständlich zu machen, 
begann ich, Schulunterricht zu geben. Da uns noch 
ein Lokal fehlte, so installirten wir uns auf der 
Veranda. Die 15 Buben, die aus den nahen Ge- 
höften von Puktas und Wunakaur waren, mußten 
ihre Schiefertafeln zwischen den Knien halten. Das 
Schönschreiben litt dadurch keineswegs. 
Die Zeiten wurden besser. Wir bauten uns 
ein Schulhaus lufstig und groß. Da weder die 
Schüler durch ihren Wissensdurst glänzten, noch der 
Lehrer glänzende Reden im Baininger-Idiom halten 
konnte, so setzten wir es nicht auf einen erhöhten 
Platz im Hofraum, sondern tief unten am Abhang 
eines Hügels, um uns in der Demuth zu erhalten. 
  
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Als meine Sprachkenntnisse sich erweiterten, hielt ich 
auch Katechumenenunterricht, und zwar in der Schule, 
da der Bau einer Kirche auf dem unebenen Terrain 
große Vorarbeiten forderte. Schreiblustige zählte 
ich manchmal 50 und darüber, doch war es den 
meisten nicht Ernst mit dem Schreiben, und so er- 
klärte ich ihnen denn eines Tages, daß alle Er- 
wachsenen nach dem Religionsunterrichte das Lokal 
zu verlassen hätten und nur die Kleinen bleiben 
dürsten. Seitdem sind Schulhalten und Schulbesuch 
zwei ernste Dinge geworden. Und ob meine Mühe 
auch mit Erfolg belohnt ist? Die meisten Knaben 
lesen bereins, und ein halbes Dutzend, das mit mehr 
Talent und Fleiß gesegnet ist, dürfen schon mit 
Feder und Tinte schreiben. Eine große Rolle spielt 
das Bambusröhrchen in der Schule. Es erhält 
nicht nur Ruhe und Ordnung unter der geschwätzigen 
Bande aufrecht, sondern trägt auch dazu bei, daß 
man nur mit Erlaubniß die Schule schwänzt und 
kein i für ein e oder ein o für ein u ansieht, ein 
Fehler, den sonderbarerweise fast Alle machen. Die 
kleinen Baininger sind bei Weitem nicht so selb- 
ständig und empfindsam wie die Uferbewohner, und 
man kann da schon streng auftreten und seinen 
Worten durch Strafen mehr Nachdruck verleihen. 
Keinem fällt es ein, aus der Schule zu bleiben, 
wenn er tags vorher bestraft worden war. Kein 
Baininger kommt und beklagt sich, ich hätte sein 
braves Söhnchen ohne Ursache geschlagen, im Gegen- 
theil, er findet es ganz natürlich, wenn ich die Faulen 
und Störenfriede strafe und schelte. Nicht selten be- 
kommt auch der Junge noch Tadel und Rippenstöße 
von seinen Eltern oder anderen erwachsenen Personen, 
weil er mir — „seinem Vater“ — nicht gehorcht hätte. 
Als unser erstes Schulhaus baufällig geworden 
war, erklärte ich meinen Schülern, daß ich den Stock 
vorderhand nicht in die neue Schule nehmen wollte, 
da ich hoffte, sie würden nun alle brav und fleißig 
sein. Alle waren damit einverstanden und steckten 
frohlockend und unter erheuchelten Thränen den 
Bambus in die Dachsparren, dann wurden unter 
Jubel die Bänke hinausgeschafft, und eines Morgens, 
gerade als ich meine Danksagung hielt, zündeten sie 
unter wildem Halloh das Gebäude an. Leider 
hielten die guten Vorsätze nicht lange an. Schon 
in der zweiten Stunde äußerte ich wieder meinen 
Wunsch nach dem kaurit. Auch meine kleine Bande 
meinte, daß es nicht so ohne Stock ginge, denn sonft 
würden „Dureik“ und noch einige andere der un- 
ruhigsten Geister niemals ruhig sitzen. Und flugs 
war Einer durchs Fenster gesprungen, ohne daß ich 
es bemerkt hatte, und kehrte triumphirend und unter 
dem Beifall der Uebrigen mit dem Stock in die neue 
Schule ein. Das größte Stillschweigen herrscht, 
wenn ich ihnen die biblische Geschichte vorerzähle 
und ein Jeder sie nacherzählen muß. Acht bis zehn 
Knaben im Alter von 7 bis 15 Jahren, meistens 
Waisen, halten sich beständig in der Station ouf. 
Es gefällt ihnen hier besser als bei ihren Ver-
	        
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