dieser Zeit kann man kaum Träger finden. Sucht
man Leute, so heißt es, sie sitzen beim Bier; sie
wollen sich das Bier nicht entgehen lassen. Der
Bambus wird hier in großen Pflanzungen gezogen.
Seine Stangen bilden das einzige Baumaterial, ja
oft auch das einzige Brennmaterial. Auch im
weiteren Verlauf der Reise fand man immer wieder
Bierbrauereien. Die Flüsse oder Bäche waren
meist durch leichte Brücken überspannt, zu deren Bau
auch der Bombus dienen muß. Die Eingeborenen
binden bis 20 solcher Stangen zusammen und stellen
dadurch einen tragenden Balken her; aus solchen
Bündeln von Bambusstangen besteht dann die Brücke.
Es fehlte nicht an Gelegenheit, den Leuten bblische
Geschichten zu erzählen. So erzählte Missionar
Schumann beim Häuptling Havanga die Geschichte
der Sündflut und die von Sem, Ham und Japhet.
Er konnte sich schon verständlich machen. Ein
kleiner Kerl übernahm des Amt des Wiedererzählers.
Mit lebhaften Geberden wiederholte er Alles genau.
Die Leute waren hier überall schon zutraulicher,
denn sie kannten bereits die Missionare. Leider ist
grr greemdliche Häuptling Havanga bald darauf ge-
rben.
Die „Monatshefte zu Ehren Unserer Lieben
Frau vom hh. Herzen Jesu“ bringen in ihrer Januar-
ausgabe einen Brief des Paters Rascher, Leiters
der neuen in den Bainingerbergen (Gozelle-
Halbinsel, Neupommern) angelegten Missionsstation
St. Paul. Wir entnehmen dem Schreiben:
„Nachdem mein Bretterhaus, Küche und Hühner-
stall vollendet waren, hieß es sich mit allem Ernste
auf die Erlernung der Baininger-Sprache zu ver-
legen. Sie wissen ja, daß die Baininger wie in
Sitten und Gebräuchen, so auch in der Sprache von
den sogenannten Küstenbewohnern sich unterscheiden.
Die Letzteren lernen die Baininger Sprache aus
Stolz nicht, weil sie ihnen zu barbarisch klingt, be-
sonders aber, weil sie von Leuten gesprochen wird,
die von ihnen als Sklaven und als ein rückständiges
Volk angesehen werden. Auch unter den Weißen
ist die Sprache so gut wie unbekannt, so daß die
Erlernung große Schwierigkeiten bot.
Als ich nach einigen Monaten endlich so weit
war, um mich den Leuten verständlich zu machen,
begann ich, Schulunterricht zu geben. Da uns noch
ein Lokal fehlte, so installirten wir uns auf der
Veranda. Die 15 Buben, die aus den nahen Ge-
höften von Puktas und Wunakaur waren, mußten
ihre Schiefertafeln zwischen den Knien halten. Das
Schönschreiben litt dadurch keineswegs.
Die Zeiten wurden besser. Wir bauten uns
ein Schulhaus lufstig und groß. Da weder die
Schüler durch ihren Wissensdurst glänzten, noch der
Lehrer glänzende Reden im Baininger-Idiom halten
konnte, so setzten wir es nicht auf einen erhöhten
Platz im Hofraum, sondern tief unten am Abhang
eines Hügels, um uns in der Demuth zu erhalten.
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Als meine Sprachkenntnisse sich erweiterten, hielt ich
auch Katechumenenunterricht, und zwar in der Schule,
da der Bau einer Kirche auf dem unebenen Terrain
große Vorarbeiten forderte. Schreiblustige zählte
ich manchmal 50 und darüber, doch war es den
meisten nicht Ernst mit dem Schreiben, und so er-
klärte ich ihnen denn eines Tages, daß alle Er-
wachsenen nach dem Religionsunterrichte das Lokal
zu verlassen hätten und nur die Kleinen bleiben
dürsten. Seitdem sind Schulhalten und Schulbesuch
zwei ernste Dinge geworden. Und ob meine Mühe
auch mit Erfolg belohnt ist? Die meisten Knaben
lesen bereins, und ein halbes Dutzend, das mit mehr
Talent und Fleiß gesegnet ist, dürfen schon mit
Feder und Tinte schreiben. Eine große Rolle spielt
das Bambusröhrchen in der Schule. Es erhält
nicht nur Ruhe und Ordnung unter der geschwätzigen
Bande aufrecht, sondern trägt auch dazu bei, daß
man nur mit Erlaubniß die Schule schwänzt und
kein i für ein e oder ein o für ein u ansieht, ein
Fehler, den sonderbarerweise fast Alle machen. Die
kleinen Baininger sind bei Weitem nicht so selb-
ständig und empfindsam wie die Uferbewohner, und
man kann da schon streng auftreten und seinen
Worten durch Strafen mehr Nachdruck verleihen.
Keinem fällt es ein, aus der Schule zu bleiben,
wenn er tags vorher bestraft worden war. Kein
Baininger kommt und beklagt sich, ich hätte sein
braves Söhnchen ohne Ursache geschlagen, im Gegen-
theil, er findet es ganz natürlich, wenn ich die Faulen
und Störenfriede strafe und schelte. Nicht selten be-
kommt auch der Junge noch Tadel und Rippenstöße
von seinen Eltern oder anderen erwachsenen Personen,
weil er mir — „seinem Vater“ — nicht gehorcht hätte.
Als unser erstes Schulhaus baufällig geworden
war, erklärte ich meinen Schülern, daß ich den Stock
vorderhand nicht in die neue Schule nehmen wollte,
da ich hoffte, sie würden nun alle brav und fleißig
sein. Alle waren damit einverstanden und steckten
frohlockend und unter erheuchelten Thränen den
Bambus in die Dachsparren, dann wurden unter
Jubel die Bänke hinausgeschafft, und eines Morgens,
gerade als ich meine Danksagung hielt, zündeten sie
unter wildem Halloh das Gebäude an. Leider
hielten die guten Vorsätze nicht lange an. Schon
in der zweiten Stunde äußerte ich wieder meinen
Wunsch nach dem kaurit. Auch meine kleine Bande
meinte, daß es nicht so ohne Stock ginge, denn sonft
würden „Dureik“ und noch einige andere der un-
ruhigsten Geister niemals ruhig sitzen. Und flugs
war Einer durchs Fenster gesprungen, ohne daß ich
es bemerkt hatte, und kehrte triumphirend und unter
dem Beifall der Uebrigen mit dem Stock in die neue
Schule ein. Das größte Stillschweigen herrscht,
wenn ich ihnen die biblische Geschichte vorerzähle
und ein Jeder sie nacherzählen muß. Acht bis zehn
Knaben im Alter von 7 bis 15 Jahren, meistens
Waisen, halten sich beständig in der Station ouf.
Es gefällt ihnen hier besser als bei ihren Ver-