Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

unter allen Umständen die Möglichkeit eines Über- 
greifens von Seuchen ausschließt, so dürfte doch der 
Umstand, daß in vorliegendem Falle durch dieselbe 
der Ausbreitung der Pest in eklatanter Weise vor- 
gebeugt wurde, selbst die erbittertsten Gegner in ihrem 
Urteile über die Zweckmäßigkeit dieser Maßnahme 
milder stimmen. 
Um gesunde Herden zu immunisieren, ist während 
des diesjährigen Seuchenganges ausschließlich von der 
Gallen= und nachfolgenden Blutimpfung Gebrauch 
gemacht worden, doch wird, soweit das bisher geübte 
Verfahren Anwendung findet und sich der betreffende 
Viehbesitzer einverstanden erklärt, insofern von dem 
bisherigen Modus abgewichen, als die Verimpfung 
von 1 coem Rinderpestblut eine zweite Impfung mit 
einer größeren Menge Pestblut folgt, die je nach der 
Größe und Schwere der Tiere zwischen 3 und 10 ccm 
schwankt. Man geht hierbei von der Erwägung aus, 
daß unter Umständen die durch die Einimpfung von 
Galle hervorgerufene Immunität eine derartig hohe 
sein kann, daß 1 cem Blut nicht genügt, um bei den 
Impflingen eine offensichtliche Erkrankung und damit 
eine dauernde Immunität hervorzurusen. Es stützt 
sich diese Annahme auf die in mehreren Fällen zur 
Beobachtung gelangte Wahrnehmung, daß Tiere, die 
im vorigen Jahre auf die Verimpfung von 1 ccm. 
Pestblut gar nicht oder wenigstens nicht merkbar 
reagiert hatten, dieses Jahr der Krankheit zum 
Opfer fielen. 
Bezüglich allgemeiner Beobachtungen, die sich im 
Verlaufe des diesjährigen Seuchenganges haben fest- 
stellen lassen, verdient vor allem die erfreuliche Er- 
scheinung an erster Stelle Erwähnung, daß die Pest 
bei weitem nicht mehr einen solch bösartigen Charakter 
zeigt wie in früheren Jahren; hat allerdings die 
Seuche eine Herde befallen, so ist die Sterblichkeits- 
ziffer immer noch eine hohe und der Krankheitsver- 
lauf der einzelnen Fälle meist sogar ein recht stür- 
mischer, die Ansteckungsfähigkeit dagegen ist bereits 
stark herabgesetzt, weshalb es sehr viel leichter als 
früher gelingt, die Seuche auf ihren Herd zu be- 
schränken. Die Erklärung hierfür dürfte in dem 
Umstande zu suchen sein, daß die Nachkommen der 
vielfach schon in mehreren Generationen geimpften 
Rinder eine sich allmählich steigernde teilweise Immu- 
nität ererben. Von hohem Interesse in dieser Be- 
ziehung ist die mehrfach gemachte Beobachtung, daß 
Föten, d. h. die ungeborenen Kälber von eingegangenen 
hochträchtigen Kühen, bei der Sektion an der Magen- 
und teilweise auch an der Darmschleimhaut schwere 
Entzündungserscheinungen als die ausgesprochenen 
Merkmale der Rinderpest aufweisen. Auf Grund 
dieses Befundes liegt die Vermutung nahe, daß die 
Föten, nachdem sie an der Erkrankung der Mutier 
teilgenommen, nach Genesung derselben als im Mutter- 
leibe immun gewordene, sog. gesalzene Kälber zur 
Welt kommen. Diese Annahme findet ihre vollste 
Bestätigung. Denn wenn man, wie es versuchsweise 
geschehen, solchen Kälbern wenige Tage nach der 
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Geburt ohne vorherige Gallenimpfung virulentes 
Rinderpestblut einimpft, stellen sich nicht die geringsten 
Krankheitserscheinungen bei ihnen ein. Alle diese 
Erfahrungen sollten bei etwaigen Erwägungen über 
die Zweckmäßigkeit der Einführung einer Zwangs- 
impfung sehr wohl berücksichtigt werden; erst wenn 
unsere sämtlichen Rindviehbestände während mehrerer 
Jahre mit Erfolg durchgeimpft wären, würde der 
Seuche der Boden entzogen sein und das Schreck- 
gespenst der Rinderpest endgültig dem Schutzgebiet 
den Rücken kehren. 
Otavi-Minen- und Eisenbahngesellschaft. 
In der vor einigen Wochen stattgehabten General- 
versammlung dieser Gesellschaft wurde die Bilanz, 
einstimmig genehmigt, der Verwaltung Entlastung 
erteilt und die satzungsgemäß ausscheidenden Mit- 
glieder des Verwaltungsrates, Geh. Kommerzienrat 
v. Hansemann und Dr. Scharlach, wiedergewählt. 
In den Vorstand sind an Stelle der ausgeschiedenen 
Herren Dr. Hartmann und Regierungsbaumeister 
Plock die Herren Bauingenieur Müller von der 
Werra und Dr. Gloner eingetreten. — Aus einem 
umfassenden Schlußbericht des Mineningenieurs 
Christopher James, der mit mehreren Beamten, 
27 Bergleuten und mehreren hundert eingeborenen 
Arbeitern die Untersuchung aller bekannten Kupfer- 
minen im Otavigebiet gründlich durchgeführt hat, 
teilt die Direktion der Gesellschaft in folgendem das 
Wesentliche mit: 
Die Untersuchung der Minen von Guchab und 
Nagaib blieb ohne nennenswertes Resultat, während 
die Mine von Afis einen Erzkörper zwar von wenig 
Umfang, aber von guter Qualität ergab. 
Auf der Mine von Tsumeb hatten die Arbeiten 
unter Führung des Herrn James einen bedeutenden 
Erfolg. Er berechnet, daß dort 293 330 t hoch- 
gradigen Erzes mit einem durchschnittlichen Gehalt 
von 12,61 pCt. Kupfer und 25.29 péCt. Blei und 
190 519 t geringgradigen Erzes mit einem Durch- 
schnittsgehalt von 2,91 pCt. Kupfer und 4,37 pCt. 
Blei tatsächlich ausgerichtet und zur Förderung bereit 
find. Mit der Minenausrüstung, die Herr James 
vorschlägt, würde es etwa vier Jahre und acht Mo- 
nate dauern, um das hochgradige Erz auszubringen, 
und während derselben Periode würde sich nach 
Abzug aller Unkosten für Förderung, Verschmelzung, 
Eisenbahn= und Seetransport sowie Generalunkosten 
bel einem Kupferpreise von 60 2 per Tonne auf 
7761 t Kupfer und bei einem Blelpreise von 12 8 
per Tonne auf 14 679 t Blel ein Gewinn von 
390 000 2 pro Jahr erzielen lassen. Wird jedoch 
der inzwischen auf 50 8 per Tonne gesunkene Kupfer- 
preis zu Grunde gelegt, so würde sich der jährliche 
Gewinn auf 312 000 K vermindern. Dabei ist weder 
das geringhaltige Erz, noch das in dem Blei ent- 
haltene Silber berücksichtigt, obgleich Herr James
	        
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