versammeln sich hier ebenso wie alle Kanuris, die
nach Osten wollen und die öde Wüste nördlich des
Sees, wie die räuberischen Buddumas fürchten.
Groß ist die Kunstfertigkeit der Makaryleute als
Fischer und Jäger. Kaum ein Land ist aber auch
der Ausbildung dieser Eigenschaften so günstig als
die Tsadseeebene an der Scharimündung. Der Fluß
hat geradezu Uberfluß an Fischen, die von den
Makary mit großen Netzen gefangen werden. Diese
Netze sind zwischen einer Gabel ausgespannt, die von
zwei Langbäumen gebildet wird, welche sich an einem
im Boot ruhenden, mit großen Steinen oder Eisen
beschwerten dritten Baum vereinigen. Letzterer kann
auf und nieder geholt und so die Gabel mit dem
Net ins Wasser gesenkt und gehoben werden. Wels-
artige, mannesgroße Fische werden auf diese Weise
gefangen ebenso wie Mengen unterarmlanger, dicht
an der Oberfläche schwimmender Tiere, die man von
einem kleinen Boot aus mit Klappern in die Netze
scheucht. Die großen Fischerfahrzeuge, die mit
Stangen fortgestoßen werden, hinten einen hoch-
ragenden Schnabel haben und vorn, wo die Gabel
und der Langbaum sich drehen, glatt abgeschnitten
find, haben oft eine Länge bis zu 12 m und sind
sehr geschickt aus einzelnen Stücken zusammengesetzt.
Für den Jäger ist Makary das gelobte Land.
Löwen sind sehr zahlreich; sie sind hier übrigens
treffliche Schwimmer.
Das Tsadseeufer ist mehr oder weniger auf
kilometerweite Strecken sumpfig und je nachdem
bewohnt oder öde. Vielfach verlassen auch die Be-
wohner beim Steigen des Sees ihre Dörfer und
kehren erst, wenn das Wasser gefallen ist, wieder
zurück. Der Ubergang von Land, Sumpf und See
vollzieht sich, da gar keine Erhebungsverschiedenheiten
vorliegen, ganz unmerklich. Bei Sehram, wo die
Expedition Pavel den See berührt hat, war dem
offenen Wasser ein niederer Streifen weidenartiger
Bäume vorgelagert, der aber an anderen Stellen
sehlt. Das Wasser ist schmutzig, grau und süß,
während unweit des Sees das Wasser in den Erd-
vertiefungen brackig ist und vielsach Natron absondert.
Der See ist meist von einer Wolkenschicht bedeckt,
da — wenn die Luft nicht ganz still ist — der feine
Wüstensand auf der Nordseite in steter Bewegung
fortgetragen wird. So werden bis nach dem 15 Marsch-
stunden entfernten Diköa hin überall in der schwarzen
Ebene Dünen von weißem Wüstensand gebildet.
Sechs Stunden vom See entfernt liegt das
berühmte Ngaba, wo die Kanuris ihre größten
Schlachten, zum letzten Mal gegen Rabeh, allerdings
unglücklich, geschlagen haben.
Wo Wasser sich findet, liegt Dorf an Dorf, und
selbst zwischen Ngaba und Diköa leben in der
Steppe nicht nur ackerbautreibende und viehzüchtende
Ssalamataraber, sondern auch überall in größeren
Dörfern festangesessene Kanuris, die in der Trocken-
zeit aus tiesen Brunnen das zum Lebensunterhalt
nötige Wasser gewinnen.
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Diköa selbst liegt ganz unvermittelt in der Ebene
und hat seine Existenz neben dem fließenden Wasser
wohl den vielen bedeutenden, auch in der Trocken-
zeit wasserreichen Erdsenkungen zu verdanken, die
sich meilenweit rundum finden und jedesmal einem
betriebsamen Kanuridorf die Existenz ermöglichen.
Die Bevölkerung des großen zentralasrikanischen
Reiches stellte schon in der Mitte des vorigen Jahr-
hunders ein Konglomerat aller mohammedanischen
Afrikanerrossen dar, und dies hat naturgemäß noch
zugenommen, nachdem mit Rabeh ein fremdes,
herrschendes Element mit Anhang auch aus allen
möglichen östlichen Heidenländern ins Land ge-
kommen ist.
Hat sich auf dem Lande noch öfter reineres
Kanuriblut erhalten, so setzt sich die Diköa-Be-
völkerung, wie wohl auch die anderer großer Bornu-
städte, aus Tripolitaner-, Fezzaner-, Tebu= und
Tuaregmischlingen zusammen, aus Göber= und Haussa-
elementen, aus Bagirmi-, Wadai= und Furleuten,
vielfach aus Rungas und Dongolanern. Im Königs-
stamme haben sich die alten Shefus erhalten, die
Nachkommen des großen Alaoma Edriß.
Die alte Bornu-Tätowierung, die kranzartige
Haartracht der Weiber, die mit der Koralle in
einem Nasenflügel geschmückt, ihre malerisch umge-
worfenen Tücher kokett weit im Sande nachschleppen
lassen, besteht noch, aber die Männer haben die
hellblaue Tobe und den Strohhut vielfach mit der
mit bunten Zeugstreifen benähten Mahdistengiubba
und der runden festen Mütze vertauscht, die der
Rabeh eingeführt hatte.
Als Nachwirkung der Rabehschen Schreckens-
zeit ist es anzusehen, daß auch freie Leute mit dem
Patronengürtel und dem Gewehr bewafsfnet ein-
herschreiten. Die langen Bornulanzen werden meist
allerdings zum Schmuck getragen, wenn ein Billama
(Dorfältester) oder sonst ein Großer auf seinem
prächtig gesattelten Pferd im Paßtrab, von seinen
Sklaven und Klienten eng umgeben, zur Stadt
kommt.
In Diköa, wo alles zu haben ist, herrscht
Luxus und Wohlleben, aber auch auf dem Lande
leben die Kanuris bedeutend besser als alle ihre
Nachbarn. Das Land ist fruchtbar, und Rabeh hat
Bornu als sein festes Herrschergebiet betrachtet und
verhältnismäßig geschont. In ganz Bornu herrscht
Geldverkehr. Die Bedeutung des Landes als
Austauschplatz zwischen den Mohammedanern im
Norden und Süden, im Osten und Westen
von Afrika ist dauernd durch seine zentrale Lage
bedingt.
Die Kanuris sind Ackerbauer, Viehzüchter, Hand-
werker und Kaufleute. Der Mohammedanismus ist
äußerst tolerant.
Die Dörfer sind überall von einem breiten Wall
umgeben, geschlossen gebaut. Lehmmauern oder Rohr-
zäune umschließen die hohen Strohhäuser, das Vieh
weidet nur tagsüber und wird nachts von seinem