Zeugnis für das Wachsen der weißen Familien ab-
legte. Beide Orte boten ein Bild der tüchtigen,
zielbewußten Arbeit und des Fortschritts. In Klein-
Windhoek bot sich für Herrn Professor Hahn Ge-
legenheit, den Weinbergbesitzern Winke über die Art
der Weinbereitung zu geben. In Okahandja waren
ebenfalls große Fortschritte im Garten= und Tabak-
bau zu verzeichnen, wobei, wie auch in Groß-Wind-
hoek, der Regierungsgarten angenehm auffiel. Von
ganz besonderem Interesse war aber die von dem
Gouvernement dort angelegte, unter der besonderen
Obhut des Herrn Dieter stehende Baumpflanzung,
die in der kurzen Zeit ihres Bestehens sehr erfreuliche
Resultate gezeitigt hat und, falls sie zielbewußt
weitergeführt wird, ein großer Segen für das Schutz-
gebiet werden kann.
Dem Kraiserlichen Gouvernement und dem
Truppenkommando gebührt der Dank der Kapstädter
Besucher dafür, daß sie ihnen in jeder Weise be-
hilflich gewesen sind, in der kurzen Zeit möglichst
viel von dem Lande zu sehen. Die Gäste haben
denn auch den besten Eindruck von der Zuvor-
kommenheit der Beamten und Offiziere, von der
Gastfreundschaft der Bevölkerung und der Entwicke-
lungsfähigkeit des Landes erhalten. Sowohl Pro-
fessor Hahn wie andere seit langen Jahren in Süd-
afrika ansässige Herren haben mir immer aufs neue
ihr Erstaunen über das Land ausgedrückt, kein Hehl
daraus gemacht, daß sie sich dasselbe viel schlechter
vorgestellt hätten, und versichert, daß es nach ihrer
Meinung erheblich besser als die Karoo und ebenso
gut sei wie andere große Teile Britisch-Südafrikas.
Gegenüber der Zeit, wo ich das Land verließ,
habe ich sehr wesentliche Fortschritte gefunden. Es
hat auf mich den Eindruck gemacht, daß viel und
zielbewußt namentlich seitens der Regierung gear-
beitet und daß durch Hafen und Bahn eine feste
Basis geschaffen worden ist, auf der die weitere und
schnellere Entwickelung sich aufbauen kann. Nach
den eingezogenen Erkundigungen haben sowohl meine
Begleiter wie ich selbst indes den Eindruck gewonnen,
daß auf die Frage der Wasserversorgung noch viel
mehr Gewicht gelegt werden müsse, als es bisher
geschehen ist. Hier fallen Vergleiche mit der Kap-
kolonie sehr zu Ungunsten des Schutzgebietes aus,
nicht weil Wasser nicht ebenso leicht zu beschaffen
wäre, wie im übrigen Südafrika, sondern weil noch
keine genügende Arbeit darauf verwandt worden ist,
vielleicht auch bei den Privaten das Verständnis
fehlt. Man begnügt sich mit einer oder höchstens
zwei natürlichen Wasserstellen auf einer Farm, wo
ein Kapfarmer vielleicht drei bis vier gute, tiefe
Brunnen mit ein bis zwei Windmotoren und ebenso
viele kleinere Ddämme angelegt haben würde. Der
Einwand, es fehle an Kapital, trifft wohl manchmal,
aber sicher nicht immer zu. Das Land eignet sich
an sehr vielen Stellen und wohl noch besser als die
Kapkolonie gerade auch zur Anlage kleinerer Dämme,
die der einzelne Farmer bei richtiger Anleitung ohne
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große Kosten auf seinem Besitztum erbauen und so
Wasser für die Trockenzeit aufspeichern könnte. Ein
weiterer Mangel für die Entwickelung des Landes
war in letzter Zeit das Fehlen von Absatzmärkten.
Hierin ist durch die Offnung der Ostgrenze für
Viehtransporte eine wesentliche Besserung eingetreten.
Nicht nur das Innere des Landes, sondern auch
die Küstenplätze haben sich wesentlich gehoben.
Während bei meiner zuvorigen Ausreise von Kap-
stadt nach Südwestafrika im Jahre 1894 Port
Nolloth sowohl wie Walfischbay unseren Hafenplätzen
weit überlegen waren, hat jetzt Swakopmund —
sowohl was die Zahl als was die Ausführung der
Bauten anbetrifft — Port Nolloth und Lüderitzbucht
Walfischbay in den Schatten gestellt.
über den verlauf der Rinderpest im Jabre J902
hat der stellvertretende Referent für das Veterinär-
wesen beim Kaiserlichen Gouvernement in Windhoek,
Roßarzt Rassau, folgenden Bericht erstattet:
Die Rinderpest herrschte Anfang vorigen Jahres
im Karibiber Distrikte und wurde im April, als die
Seuche daselbst im Erlöschen begriffen war, durch
je einen Frachtfahrer des Windhoeker und Rehobother
Bezirks, die in ihre Gespanne einige nur mit Galle
geimpfte Ochsen eingereiht hatten, in den mittleren
Teil des Schutzgebietes verschleppt. Durch rechtzei-
tige Isolierung der der Ansteckung verdächtigen Tiere
und sofortige Impfung des Bestandes gelang es in
Windhoek, die Verluste auf wenige Tiere zu be-
schränken und einer Weiterverbreitung der Pest vor-
zubeugen, im Rehobother Distrikte dagegen hatte die
Seuche, als die Meldung von ihrem Ausbruche nach
hier gelangt und der alsbald zur Ergreifung von
Maßnahmen nach dort entsandte Tierarzt daselbst
eingetroffen war, bereits auf eine Nachbarwerft über-
gegriffen. Da wenig Aussicht vorhanden war, unter
diesen Umständen die Seuche auf ihren Herd zu
beschränken, der stets rege Verkehr benachbarter
Bastards untereinander die Durchführung einer solchen
Maßnahme überdies außerordentlich erschwert, wurde
sofort am Ausbruchsherde der Pest in Kumkuß, etwa
25 km südlich von Rehoboth, eine Gallenstation er-
richtet und die Impfung sowohl der bereits infizierten
Herden, als auch der noch gesunden Bestände der
bedrohten Umgebung vorgenommen. Um einen
möglichst großen Teil des Bastardlandes gemäß den
früher geäußerten Wünschen seiner Bewohner durch-
impfen zu können, erwies sich im Verlaufe des Impf-
geschäftes eine mehrmalige Verlegung der Gallenposten
als notwendig; derartige Stationen wurden einge-
richtet in Kumkuß, Neuras, Duruchaus, Nuams und
Hornkranz. Die Durchführung der Impfungen im
Bastardgebiete stieß auf mancherlei Schwierigkeiten.
Mangelhafte Futter= und Wasserverhältnisse zwangen
mehrfach die Besitzer, den alten Wohnplatz aufzugeben
und mit einem mit günstigeren Bedingungen ver-