Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

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sehenen zu vertauschen, wodurch die strenge Durch- 
führung der Quarantänevorschriften, über die sich 
hinwegzusetzen gerade die Bastards große Neigung 
besitzen, ungemein erschwert und eine Verschleppung 
des Krankheitsstoffes begünstigt wurde; immerhin 
gelang es, 3036 Rinder, die der vorgeschriebenen 
Doppelimpfung sowohl mit Galle wie mit Blut 
unterworfen wurden, mit einem Verluste von 13.76 
Prozent gegen Rinderpest zu immunisieren. Vielfach 
machte sich bei den Besitzern das Bestreben geltend, 
ihre Tiere nur gegen die augenblickliche Ansteckungs- 
gefahr zu schützen, indem sie sich mit der Gallen- 
impfung begnügten und von der nachfolgenden Blut- 
impfung absahen. Da die hiermit erzielte Immunität 
nur zwei bis drei Monate vorhält und die Tiere 
nach Ablauf dieser Zeit sich einer neuen Infektion 
wiederum zugänglich erweisen, also ungeimpften gleich 
zu erachten sind, so ist diese Art Impfung von nur 
sehr geringem Nutzen; mehrfach erfolgte in derart 
geimpften Beständen, wenn später eine Ansteckungs- 
möglichkeit gegeben war, ein frischer Krankheitsaus- 
bruch, der dann neue Verluste zur Folge hatte. Diese 
und ähnliche Vorkommnisse, z. B. das trotz aller 
Belehrungsversuche hartnäckige Verharren einzelner 
Besitzer auf mancherlei Abweichungen im üblichen 
Impfverfahren, reden der Zweckmäßigkeit der Ein- 
führung einer Zwangsimpfung unbedingt das Wort, 
denn erst, wenn das Impfpersonal ermächtigt ist, 
unbekümmert um Sonderwünsche überkluger Besitzer 
unter Außerachtlassung unbesonnener Forderungen 
derselben genau nach den gegebenen Vorschriften die 
Impfungen durchzuführen, und jeder einzelne Besitzer 
zum Wohle des Ganzen gehalten ist, seine Herden 
gegen die Pest impfen zu lassen, wird es gelingen, 
mit geringen Verlusten die Gesamtbestände des Landes 
seuchenfest zu machen und damit der Rinderpest hier- 
selbst den Boden zu entziehen. Zur Illustration 
vorstehend angedeuteter Verhältnisse diene das Ver- 
halten des Unterkapitäns Carolus Swart. Seine 
Rinder waren mit Galle geimpft, die beiden zur 
Kontrollimpfung gestellten Tiere jedoch nach der 
Blutimpfung eingegangen. Da hieraus geschlossen 
werden mußte, daß die vorhergegangene Gallen- 
impfung keinen genügenden Schutz verliehen hatte, 
sollte zur Wiederholung der Gallenimpfung geschritten 
werden, doch ließ sich der Besitzer trotz eindringlichster 
Vorstellungen hierzu nicht bewegen, sondern verharrte 
bei dem Verlangen auf unverzüglicher Vornahme der 
Blutimpfung, indem er sich immer wieder darauf 
berief, daß er auf eigene Verantwortung, Rechnung 
und Gefahr die Blutimpfung wünsche, und lediglich 
er als Besitzer den etwaigen Schaden zu tragen habe. 
Trotzdem wurde nach nochmaligem Hinweis auf die 
voraussichtlich schlechten Folgen dieses Versuches dem 
dringenden Wunsche des Besitzers erst Rechnung ge- 
tragen, als er sich verpflichtet hatte, den Tatbestand 
schriftlich niederzulegen. Als infolge der Blutimpsung 
von 48 Tieren 21 eingegangen waren, fiel es ihm 
gar nicht ein, die Bevölkerung über diesen Punkt 
  
aufzuklären, sondern er trug durch absichtliches Ver- 
schweigen der tatsächlichen Verhältnisse Beunruhi- 
gung in weite Kreise. 
Im Windhoeker Bezirk wurde die Einleitung 
des Impfgeschäftes notwendig, als durch ungeimpfte 
Rinder, die entgegen den bestehenden Bestimmungen 
auf den Transportweg gebracht waren, die Seuche 
auf den hiesigen Bezirk überzugreifen begonnen hatte. 
Es erwies sich zunächst die Errichtung einer Gallen- 
station in Krauzneus als notwendig, die aber schon 
nach wenigen Wochen nach dem Schaffluß verlegt 
werden konnte. Die Tätigkeit dieser beiden Gallen- 
stationen im Verein mit der des bakteriologischen 
Instituts in Gammams erstreckte sich auf die Impfung 
von 1928 Rindern, von denen 1690 vorher noch 
nicht infizierte Tiere mit einem Verluste von 2,31 
Prozent immunisiert wurden, während in bereits 
verseuchten Herden in einer Gesamtstärke von 274 
Haupt die Impfverluste eine Durchschnittshöhe von 
28,83 Prozent erreichten. Im Gegensatze zu den 
Bastards, die vielfach noch der Impfung mit Miß- 
trauen begegnen, zeigten die Ansiedler des Windhoeker 
Bezirkes fast durchgängig größte Bereitwilligkeit. 
Als auffälligste Erscheinung im diesjährigen 
Seuchengange ist die überall zu Tage getretene 
Beobachtung anzusehen, daß die Ubertragbarkeit der 
Krankheit gegen früher wesentlich herabgesetzt erscheint, 
da die Rinder bei weitem nicht mehr eine solch hohe 
Empsänglichkeit für die Seuche besitzen, wie in ver- 
gangenen Jahren. Ein sprungweises Fortschreiten 
und rapides Umsichgreifen der Pest wurde in keinem 
einzigen Falle beobachtet, es gelingt daher sehr viel 
leichter als früher, die Seuche auf einen gewissen 
Umkreis zu beschränken. Diese Thatsache ist als 
segensreiche Folge der wenigstens im mittleren Teile 
des Schutzgebietes schon mehrere Jahre hindurch 
fortgesetzten Impfungen anzusehen, welche den Nach- 
kommen der vielfach bereits in mehreren Generationen 
geimpften Eltern einen sich allmählich steigernden 
Grad natürlicher Immunität verliehen haben. Viel- 
fache Beobachtungen haben gelehrt, daß die Föten 
an Pest erkrankter trächtiger Rinder an der Krankheit 
der Mutter teilnehmen; hierfür sprechen sowohl zahl- 
reiche Sektionsergebnisse, als auch die Tatsache, daß 
Kälber, die während oder kurz nach der Erkrankung 
der Mutter zur Welt gekommen sind, die Einimpfung 
virulenten Rinderpestblutes ertragen, ohne offensicht- 
liche Krankheitserscheinungen zu äußern. Diese Be- 
obachtungen weisen ebenfalls auf die Zweckmäßigkeit 
der Einführung einer zwangsweisen Rinderpest- 
impfung hin. 
Nachdem das Bastardgebiet zum größten Teil 
durchgeimpft und infolgedessen die Seuche erloschen 
war, konnte Anfang Januar das Impfkommando 
von dort zurückgezogen werden; wenige Tage später, 
am 14. Januar, mußte auch die Gallenstation am 
Schaffluß ihre Thätigkeit wegen Erlöschens der Seuche 
einstellen. Nachträglich trat zwar unter dem Truppen- 
schlachtvieh in Windhoek noch ein sporadischer Fall
	        
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