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sehenen zu vertauschen, wodurch die strenge Durch-
führung der Quarantänevorschriften, über die sich
hinwegzusetzen gerade die Bastards große Neigung
besitzen, ungemein erschwert und eine Verschleppung
des Krankheitsstoffes begünstigt wurde; immerhin
gelang es, 3036 Rinder, die der vorgeschriebenen
Doppelimpfung sowohl mit Galle wie mit Blut
unterworfen wurden, mit einem Verluste von 13.76
Prozent gegen Rinderpest zu immunisieren. Vielfach
machte sich bei den Besitzern das Bestreben geltend,
ihre Tiere nur gegen die augenblickliche Ansteckungs-
gefahr zu schützen, indem sie sich mit der Gallen-
impfung begnügten und von der nachfolgenden Blut-
impfung absahen. Da die hiermit erzielte Immunität
nur zwei bis drei Monate vorhält und die Tiere
nach Ablauf dieser Zeit sich einer neuen Infektion
wiederum zugänglich erweisen, also ungeimpften gleich
zu erachten sind, so ist diese Art Impfung von nur
sehr geringem Nutzen; mehrfach erfolgte in derart
geimpften Beständen, wenn später eine Ansteckungs-
möglichkeit gegeben war, ein frischer Krankheitsaus-
bruch, der dann neue Verluste zur Folge hatte. Diese
und ähnliche Vorkommnisse, z. B. das trotz aller
Belehrungsversuche hartnäckige Verharren einzelner
Besitzer auf mancherlei Abweichungen im üblichen
Impfverfahren, reden der Zweckmäßigkeit der Ein-
führung einer Zwangsimpfung unbedingt das Wort,
denn erst, wenn das Impfpersonal ermächtigt ist,
unbekümmert um Sonderwünsche überkluger Besitzer
unter Außerachtlassung unbesonnener Forderungen
derselben genau nach den gegebenen Vorschriften die
Impfungen durchzuführen, und jeder einzelne Besitzer
zum Wohle des Ganzen gehalten ist, seine Herden
gegen die Pest impfen zu lassen, wird es gelingen,
mit geringen Verlusten die Gesamtbestände des Landes
seuchenfest zu machen und damit der Rinderpest hier-
selbst den Boden zu entziehen. Zur Illustration
vorstehend angedeuteter Verhältnisse diene das Ver-
halten des Unterkapitäns Carolus Swart. Seine
Rinder waren mit Galle geimpft, die beiden zur
Kontrollimpfung gestellten Tiere jedoch nach der
Blutimpfung eingegangen. Da hieraus geschlossen
werden mußte, daß die vorhergegangene Gallen-
impfung keinen genügenden Schutz verliehen hatte,
sollte zur Wiederholung der Gallenimpfung geschritten
werden, doch ließ sich der Besitzer trotz eindringlichster
Vorstellungen hierzu nicht bewegen, sondern verharrte
bei dem Verlangen auf unverzüglicher Vornahme der
Blutimpfung, indem er sich immer wieder darauf
berief, daß er auf eigene Verantwortung, Rechnung
und Gefahr die Blutimpfung wünsche, und lediglich
er als Besitzer den etwaigen Schaden zu tragen habe.
Trotzdem wurde nach nochmaligem Hinweis auf die
voraussichtlich schlechten Folgen dieses Versuches dem
dringenden Wunsche des Besitzers erst Rechnung ge-
tragen, als er sich verpflichtet hatte, den Tatbestand
schriftlich niederzulegen. Als infolge der Blutimpsung
von 48 Tieren 21 eingegangen waren, fiel es ihm
gar nicht ein, die Bevölkerung über diesen Punkt
aufzuklären, sondern er trug durch absichtliches Ver-
schweigen der tatsächlichen Verhältnisse Beunruhi-
gung in weite Kreise.
Im Windhoeker Bezirk wurde die Einleitung
des Impfgeschäftes notwendig, als durch ungeimpfte
Rinder, die entgegen den bestehenden Bestimmungen
auf den Transportweg gebracht waren, die Seuche
auf den hiesigen Bezirk überzugreifen begonnen hatte.
Es erwies sich zunächst die Errichtung einer Gallen-
station in Krauzneus als notwendig, die aber schon
nach wenigen Wochen nach dem Schaffluß verlegt
werden konnte. Die Tätigkeit dieser beiden Gallen-
stationen im Verein mit der des bakteriologischen
Instituts in Gammams erstreckte sich auf die Impfung
von 1928 Rindern, von denen 1690 vorher noch
nicht infizierte Tiere mit einem Verluste von 2,31
Prozent immunisiert wurden, während in bereits
verseuchten Herden in einer Gesamtstärke von 274
Haupt die Impfverluste eine Durchschnittshöhe von
28,83 Prozent erreichten. Im Gegensatze zu den
Bastards, die vielfach noch der Impfung mit Miß-
trauen begegnen, zeigten die Ansiedler des Windhoeker
Bezirkes fast durchgängig größte Bereitwilligkeit.
Als auffälligste Erscheinung im diesjährigen
Seuchengange ist die überall zu Tage getretene
Beobachtung anzusehen, daß die Ubertragbarkeit der
Krankheit gegen früher wesentlich herabgesetzt erscheint,
da die Rinder bei weitem nicht mehr eine solch hohe
Empsänglichkeit für die Seuche besitzen, wie in ver-
gangenen Jahren. Ein sprungweises Fortschreiten
und rapides Umsichgreifen der Pest wurde in keinem
einzigen Falle beobachtet, es gelingt daher sehr viel
leichter als früher, die Seuche auf einen gewissen
Umkreis zu beschränken. Diese Thatsache ist als
segensreiche Folge der wenigstens im mittleren Teile
des Schutzgebietes schon mehrere Jahre hindurch
fortgesetzten Impfungen anzusehen, welche den Nach-
kommen der vielfach bereits in mehreren Generationen
geimpften Eltern einen sich allmählich steigernden
Grad natürlicher Immunität verliehen haben. Viel-
fache Beobachtungen haben gelehrt, daß die Föten
an Pest erkrankter trächtiger Rinder an der Krankheit
der Mutter teilnehmen; hierfür sprechen sowohl zahl-
reiche Sektionsergebnisse, als auch die Tatsache, daß
Kälber, die während oder kurz nach der Erkrankung
der Mutter zur Welt gekommen sind, die Einimpfung
virulenten Rinderpestblutes ertragen, ohne offensicht-
liche Krankheitserscheinungen zu äußern. Diese Be-
obachtungen weisen ebenfalls auf die Zweckmäßigkeit
der Einführung einer zwangsweisen Rinderpest-
impfung hin.
Nachdem das Bastardgebiet zum größten Teil
durchgeimpft und infolgedessen die Seuche erloschen
war, konnte Anfang Januar das Impfkommando
von dort zurückgezogen werden; wenige Tage später,
am 14. Januar, mußte auch die Gallenstation am
Schaffluß ihre Thätigkeit wegen Erlöschens der Seuche
einstellen. Nachträglich trat zwar unter dem Truppen-
schlachtvieh in Windhoek noch ein sporadischer Fall