Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

drei Wochentagen wurden durchschnittlich 60 und an 
den übrigen drei Wochentagen, wo auch die mittel— 
große Jugend sich einfand, gewöhnlich 90 Schüler 
gezählt. Während anfänglich die Erwachsenen dem 
Unterrichte der Missionare und überhaupt dem 
Christentume durchaus gleichgültig gegenüberstanden, 
sind dieselben in letzter Zeit doch allmählich mehr 
und mehr aufgetaut. Nachdem die Erwachsenen auf 
Tumleo den Anfang gemacht und zum großen Teil 
sich haben taufen lassen, wirkt dies gute Beispiel 
auch mit wohltuender Wärme auf die kalten Gemüter 
der benachbarten Stämme. Dies war schon auf der 
Station Regina Angelorum zu bemerken, und be- 
sonders leuchtet daosselbe hervor an der Station St. 
Anton auf Aly, wo jetzt gleich, also im ersten Jahre 
nach der Gründung, neben den Kindern auch die 
Erwachsenen den Religionsunterricht schon fleißig 
besuchen. Die Station vom heiligsten Herzen Jesu 
in Monumba hat im letzten Jahre eine unliebsame 
und schädliche Störung überstehen müssen, indem 
einige Aripaponleute von Kozakozaleuten ermordet 
wurden. Lange Zeit nach diesem Vorfall kamen die 
Leute der Umgegend gar nicht mehr zur Ruhe. Stets 
fürchteten die Mörder, der Bergstamm würde kommen, 
um die hier überall übliche Blutrache auszuführen. 
In den letzten Tagen des Monats Mai kam dann 
der Kaiserliche Richter mit dem Regierungsdampfer 
„ Stephan“ nach Monumbo, untersuchte den Sach- 
verhalt und nahm alsbald den Sühneakt vor. Es 
gelang, den Hauptanstifter der Greueltat gefangen zu 
setzen, welcher dann nachher in Friedrich Wilhelms- 
hafen zu mehrmonatlicher Zwangsarbeit mit Kerker- 
haft verurteilt wurde. Zugleich wurde eine Anzahl 
kleinkalibriger Granaten in und durch das menschen- 
leere Dorf geschickt, welche zwar wenig Schaden an- 
richteten, aber doch immerhin den Eingeborenen den 
nötigen Respekt einflößten. Nach diesem Sühneakt 
kehrten die Leute allmählich wieder in ihre Dörfer 
zurück, besonders nachdem der Kaiserliche Richter bei 
abermaligem Anlaufen den Eingeborenen die Ver- 
sicherung gegeben, sie brauchten sich jetzt nicht mehr 
zu fürchten, ihre Strafe sei jetzt abgebüßt und nie- 
mand solle sie mehr deswegen behelligen. Mit der 
zurückkehrenden Ordnung und Sicherheit hielt auch 
das Wiederaufleben der Schule gleichen Schritt. Auf 
das gegebene Zeichen versammelt sich die Ingend der 
verschiedenen Dörfer jeden Morgen auf der Missions- 
station, um die Gebete, den Katechismus zu lernen 
und in den Glaubenswahrheiten unterrichtet zu werden. 
Die Schule wird von 60 Kindern besucht, von denen 
schon mehrere getauft sind. Etwas weiter nach Süd- 
ofsten konnte die neue Station vom hl. Geiste in 
Bogia gegründet werden, woselbst die Missionstätig- 
keit noch in den ersten Anfangsstadien steht. — Ins- 
gesamt sind in der Mission, nachdem letzthin neue 
Verstärkung eingetroffen ist, nunmehr acht Priester, 
neun Brüder und acht Schwestern tätig. Die Zahl 
der Getauften ist im letzten Jahre über 350 gestiegen. 
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Nach den Karolinen-Inseln schifften sich am 
19. Februar die ersten deutschen Kapuziner der 
rheinisch-westfälischen Ordensprovinz ein: P. P. Sale- 
sius Haas aus Stolberg und P. Victorinus Louis 
aus Wadgassen. Während P. Salesius beabsichtigt, 
sich auf der westlichsten Insel Jap nlederzulassen, 
trägt Ie. Victorinns sich mit dem Gedanken, die öst- 
liche Insel Ponape zu seinem Standauartier zu 
machen. 
Aus fremden HKolonien und 
Produktionsgebieken. 
Die Eingeborenengerichtsbarkeit in Britisch-Ostafrika. 
Das Kaiserliche Konsulat in Sansibar berichtet: 
In der Official Gazette vom 15. Dezember v. Is. 
ist eine vom 12. desselben Monats datierte Ver- 
ordnung des Commissioners Sir Charles Eliot über 
die Elngeborenengerichtsbarkeit veröffentlicht. Sie 
ist eine Ergänzung der Native Courts Regulations 
1897 und schafft neben den dort errichteten Gerichte- 
höfen sogenannte „Sondergerichtshöfe“ (Special 
Courts) für solche Bezirke, die zu „Sonderbezirken“ 
(Special Districts) erklärt werden. Von den „Distrikts- 
gerichten“ der früheren Verordnung unterscheiden sie 
sich insofern, als sie ausschließliche Zuständigkeit in 
erster Instanz besitzen, während die Distriktsgerichte 
nur in Tätigkeit zu treten haben, wenn der Beklagte 
oder der Angeklagte es verlangt, sonst aber die Wali- 
gerichte in erster Instanz urteilen. In den „Sonder- 
bezirken“ gibt es also keine Waligerichte. 
Die Verordnung scheint in mancher Beziehung 
der Gerichtsverfassung des deutsch-ostafrikanischen 
Schutzgebietes für Eingeborene nachgebildet zu sein. 
Sie besagt im einzelnen folgendes: 
1. Sie führt die Bezeichnung: „The East Africa 
Native Courts Amendment Ordinance 1902.“ 
2. Der Commissioner ist befugt, einen Bezirk 
zum „Sonderbezirk“ zu erklären. 
3. Die Native Courts Regulations 1897 finden 
auf „Sonderbezirke“ keine Anwendung. 
4. In jedem „Sonderbezirk“ wird ein Gerichts- 
hof geschaffen, der den Namen führt: „His Majesty' s 
Special Court for the district of 
5. Der Collector des Bezirks soll der Richter sein. 
6. Er kann Eingeborene als Beisitzer mit be- 
ratender Stimme zuziehen. 
7. Ort und Zeit der Gerichtssitzungen wird von 
ihm bestimmt, er soll jedoch wenigstens einmal in 
der Woche Sitzung halten. 
8. Er führt über alle Prozesse eine Liste. 
9. Ein Richter des obersten Gerichtshofes soll 
von Zeit zu Zeit die Listen aller Sondergerichte 
durchsehen und kann dem Collector Instruktionen 
und Rat erteilen. 
10. a) Der oberste Gerichtshof soll das Ver- 
fahren, die Gebühren, die Listenführung und deren 
Einreichung sowie die Berufung regeln.
	        
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